Währungsunion: Neuer Angriff auf Euro-Rettungsfonds

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Eine deutsche Studie erklärt den 440-Mrd.-Euro-Mechanismus für rechtswidrig - und unterschlägt dabei die klar formulierten rechtlichen Grundlagen. Im Berliner Finanzministerium war man über die Studie pikiert.

BRÜSSEL. Ein kleines Forschungsinstitut im beschaulichen Freiburg im Breisgau schafft es seit Monaten, den Blutdruck von Funktionären in Berlin und Brüssel in die Höhe zu treiben. Denn das Centrum für Europäische Politik (CEP) legt seit Beginn der Euro-Krise regelmäßig Studien vor, die sowohl die 80 Mrd. Euro teure Rettung Griechenlands als auch den 440-Mrd.-Euro-Rettungsfonds für künftige Krisenfälle in der Eurozone als rechtswidrig beurteilen.

Doch während die Freiburger Expertisen stets sauber formuliert wirken, verschweigen sie wesentliche Tatsachen, wenn diese ihre Argumentation angreifbar machen, oder spielen sie herunter.

So legte das CEP am Montag ein Papier mit dem Titel „Euro-Rettungsschirm bricht EU-Recht und deutsches Verfassungsrecht“ vor. Im Kern enthielt es vierfache Kritik. Erstens seien jene Mittel, die direkt aus dem EU-Budget stammen und im Fall der Fälle vor Ausschöpfung des 440-Mrd.-Euro-Fonds herhalten müssten, weder auf 60 Mrd. Euro noch auf drei Jahre beschränkt.

Zweitens verstoße der in Luxemburg sitzende Stabilisierungsfonds gegen das EU-rechtliche „Bail-out-Verbot“ (die EU darf nicht einen einzelnen Staat vor der Pleite retten) und könne auch nicht durch „außergewöhnliche Ereignisse“ gerechtfertigt werden.

„Ein bisschen unglaubwürdig“

Drittens breche der Fonds deutsches Verfassungsrecht. Der Bundestag habe nämlich die Regierungsvertreter nicht ermächtigt, ihm zuzustimmen. Viertens werde der Zweck des „Bail-out-Verbots“ pervertiert, wenn die Euroländer „freiwillige“ Hilfen vergeben.

Im Berliner Finanzministerium war man über die Studie pikiert. „Was uns erstaunt, ist, dass sie voller faktischer Fehler ist. Das macht sie ein bisschen unglaubwürdig“, hieß es auf Anfrage der „Presse“.

Denn das CEP-Papier hat nur die EU-Verordnung vom 11. Mai untersucht, welche die Grundlage für den Fonds bildet. Die Details haben die Euroländer in zwei Verträgen festgelegt. Der Rahmenvertrag hält fest, dass man nur bis zum 30. Juni 2013 Darlehen beantragen kann, die der Fonds gegen Haftungen der Euroländer (mit Ausnahme Griechenlands) auf den Finanzmärkten gibt. Zwar könnte die Frist verlängert werden. Dafür wäre aber eine Mehrheit von 80 Prozent nötig. Deutschland hat im Rettungsfonds mehr als 27 Prozent und somit das Vetorecht. Die 60 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt ergeben sich aus dem noch freien Betrag bis zur Obergrenze desselben.

Zudem habe der Bundestag „lange und kontroversiell“ über Deutschlands 119,4 Mrd. Euro schwere Beteiligung debattiert, so die Meinung in Berlin. „Das Mitwirkungsrecht des Parlaments war also gewährleistet.“ Und was das Bail-out-Verbot betrifft, hätten „die Euroländer in einer Notsituation gehandelt, weshalb es unserer Meinung nach keinen Zweifel gibt, dass dieser Mechanismus mit dem Grundgesetz kompatibel und europarechtlich in Ordnung ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2010)

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