Die Royal Bank of Scotland hat beim Stresstest besonders gut abgeschnitten.
London. Wie knapp die Royal Bank of Scotland (RBS) im September 2008 am Zusammenbruch vorbeischrammte, wurde erst im Nachhinein enthüllt. Die britische Bankenaufsicht ließ sich nach der Lehman-Pleite stündlich über die vorhandene Menge an Bargeld berichten, jede Barabhebung am Bankomaten wurde überwacht.
Der Öffentlichkeit wurde noch versichert, die britischen Banken seien „felsenfest“. Wenig später stellte sich heraus, dass sie auf Sand gebaut hatten: Der Staat musste RBS mit 45,5 Milliarden Pfund retten und hält seither 84 Prozent der Bank, die am Höhepunkt des Booms die sechstgrößte Bank der Welt nach Assets war.
Seither begann ein umfangreicher Restrukturierungsprozess, den der neue RBS-Chef Stephen Hester als „den größten und komplexesten der Welt“ bezeichnet. Hester ist im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem heute viel geschmähten Fred Goodwin, kein Mann der großen Worte. Doch die Zahlen allein sprechen für sich: RBS meldete für 2008 mit 24 Milliarden Pfund den größten Verlust der britischen Firmengeschichte.
2009 konnte der Abgang auf 3,6 Milliarden gedrückt werden, im ersten Quartal 2009 waren es „nur“ mehr 100 Millionen Pfund und bis Ende 2011 will die 1772 gegründete Bank wieder Profit machen.
26.000 Jobs abgebaut
Die Restrukturierung ist geglückt. Beim europäischen Stresstest hat die Bank besonders gut abgeschnitten. Hester hat die Eigenkapitalquote, die im November 2008 unter vier Prozent gefallen war, auf zuletzt 11,3 Prozent praktisch verdreifacht. Acht Milliarden Pfund Notkapital, die der Staat bereitgehalten hat, „brauchen wir daher nicht angreifen“, sagte er im Februar. Das Verhältnis von Ausleihungen zu Einlagen wurde von über 170 Prozent auf 134 Prozent reduziert, mit aggressiven Abschreibungen wird die Bilanz saniert. Zugleich hat das Unternehmen seit der Staatsrettung 26.000 Stellen abgebaut, zwölf Prozent der einstigen Belegschaft.
Entscheidend für die Erholung ist aber die Entspannung des Wirtschaftsklimas. Die Zahl der nicht bedienten Kredite ist dramatisch gefallen, gleichzeitig entfallen Milliarden an Rückstellungen. Vorübergehend stieg die RBS-Aktie auf über 54 Pence – womit der Steuerzahler auf einmal einen Gewinn auf seine (unfreiwillige) Investition gemacht hätte. Der Break-even liegt bei 50 Pence. Derzeit liegt die Aktie bei 44 Pence.
Kleineres Filialnetz
Schon wird darüber spekuliert, dass der Staat bald seinen Rückzug einleiten wird. Aufsichtsratschef Philip Hampton: „RBS hat den Übergang vom Problem zu einer Chance gemeistert – und heute sind wir eine Gelegenheit für die Regierung und den Steuerzahler.“ Kürzlich wurde einer der engsten Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Igor Yurgens, unter Vertrag genommen. Seine Aufgabe: Für die hochprofitable RBS-Investmentsparte (5,7 Milliarden Pfund Gewinn 2009) neue Türen in Russland zu öffnen. Doch es bleibt noch viel zu tun: RBS muss nach der Vereinbarung mit der EU sein Filialnetz stark verkleinern.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2010)