Die sogenannten Cajas stellen die Hälfte des spanischen Bankensektors. In der Vergangenheit haben sie sich mit Immobilienkrediten verspekuliert. Das war ihr Untergang.
Wien. Rund 20 Prozent Arbeitslosigkeit, eine geplatzte Immobilienblase und massive Budgetprobleme – als ob das nicht schon genug wäre. Und nun auch noch das: Mehrere spanische Sparkassen haben den europäischen Banken-Stresstest nicht bestanden. In Summe mussten sich 27 Institute aus Spanien dem Test unterziehen. Europaweit waren es 91.
Dabei war es gerade die Notenbank in Madrid, die im Juni auf Veröffentlichung der Ergebnisse drängte, um die Finanzmärkte zu beruhigen – und wohl auch, weil sie die spanischen Paradeinstitute wie Banco Santander und BBVA in Sicherheit wähnte. Doch neben den großen Banken gibt es unzählige kleinere Institute wie die Sparkassen. Sie stellen etwa die Hälfte des gesamten spanischen Bankensektors.
Die sogenannten Cajas sind bereits seit Langem das Sorgenkind des mehr als 40 Millionen Einwohner großen Staates. Denn es waren die Cajas, die sich in den vergangenen Jahren infolge des niedrigen Zinsniveaus auf das Geschäft mit Immobilien- und Privatkrediten stürzten.
Die Kunden freilich legten ihr Geld nicht beiseite, sondern verschuldeten sich lieber Hals über Kopf. Nun sind es auch die Sparkassen, die angesichts einer der höchsten Arbeitslosenraten in der Europäischen Union bluten müssen – und das so richtig.
Reform eingeleitet
Wie hoch der Kapitalbedarf der Banken tatsächlich ist, darüber herrscht Unklarheit. Wahrscheinlich liegt er bei einigen Milliarden Euro. Glaubt man einer Ende Juni veröffentlichten Studie des Wirtschaftsprüfers PriceWaterhouseCoopers, hatten spanische Banken im Jahr 2009 faule Kredite im Wert von 97 Mrd. Euro in ihren Büchern. Die Lage dürfte sich seit dem nicht wesentlich verbessert haben. Wahrscheinlich ist eher das Gegenteil der Fall. Die „Financial Times Deutschland“ schrieb kürzlich, dass die Zahl der Problemkredite den höchsten Stand seit 14 Jahren erreicht habe. Die Hälfte dieser Kredite sei in den Büchern der Cajas zu finden.
Doch die Regierung in Madrid sieht nicht länger untätig zu. Sie handelt. Vielleicht auch weil der Internationale Währungsfonds bereits im heurigen Frühjahr deutliche Reformen auf dem Sparkassensektor einforderte.
Seit mehreren Wochen versucht die Regierung nun, die Cajas zur Konsolidierung zu bewegen. Anfang Juli erließ sie zudem ein Sparkassen-Gesetz. Dieses sieht vor, dass private Kapitalgeber künftig mehr Möglichkeiten haben, sich an Sparkassen zu beteiligen. Auf diese Weise soll der regionale, vor allem aber politische Einfluss auf die Institute verhindert werden.
Es sei die wichtigste Reform in der Geschichte des Finanzsystems, freute sich Spaniens Ministerpäsident José Luis Rodríguez Zapatero. Von 45 Instituten sollen am Ende jedenfalls nur noch rund 20 Sparkassen übrig bleiben. Vielleicht auch weniger.
Die Regierung hat weiters einen Restrukturierungsfonds aufgelegt, der mit bis zu 99 Mrd. Euro dotiert ist. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums von Juli haben die Cajas bislang 11,2 Mrd. Euro erhalten. Da die Laufzeit des Fonds jedoch zeitlich begrenzt war, suchte Spanien bei der Europäischen Union um dessen Verlängerung an. Die EU-Kommission stimmte wenige Stunden vor der Veröffentlichung der Stresstests der Ausdehnung zu. Sie betonte freilich, dass die Entscheidung in keinem Zusammenhang mit den Tests zu sehen sei. Experten bezweifeln dies.
Die angelaufenen Fusionsgespräche unter den Cajas brachte übrigens die CajaSur ins Rollen. Sie musste notverstaatlicht werden, weil die von der Kirche kontrollierte Bank die Übernahme durch ein anderes Institut verhindert hatte.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2010)