Die Tricks des Rohstoffhändlers Glencore

(c) EPA (URS FLUEELER)
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Der weltweit größte Rohstoffhändler Glencore hat seinen Sitz in der Schweizer Provinz. Im Vorfeld des für Mai geplanten Börsegangs reißt die Kritik an den Geschäftspraktiken des Konzerns nicht ab.

Wien/Höll. Kurz vor dem Börsegang im Mai wird die Kritik am weltweit größten Rohstoffhändler Glencore immer lauter. Laut einem Bericht der „Financial Times“ soll der Konzern im Vorjahr durch umstrittene Spekulationsgeschäfte profitiert haben. Aus Unterlagen der Schweizer Bank UBS, die den Börsegang begleitet, geht hervor, dass Glencore bereits im Frühjahr 2010 frühzeitig von Russland über die dramatische Verschlechterung bei den Pflanzenbedingungen informiert wurde. Der Konzern soll dann im großen Stil an der Börse Wetten abgeschlossen haben, um vom erwarteten Anstieg der Weizen- und Maispreise zu profitieren.

Vom Rohstoffhändler wäre erwartet worden, dass er für die Liberalisierung der Märkte eintritt. Um den eigenen Profit zu steigern, verlangte Glencore jedoch von der Moskauer Regierung im Sommer 2010 einen Exportstopp für Getreide zu verhängen, was die russischen Behörden dann auch tatsächlich taten.

Das Vorgehen von Glencore ist legal, bringt aber die Branche in Kritik. Politiker wie Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy verlangen Einschränkungen bei Spekulationsgeschäften für Agrarprodukte, weil sie diese für die steigenden Lebensmittelpreise verantwortlich machen. Laut dem ehemaligen EU-Agrarkommissar Franz Fischler ist das Volumen der Spekulationen auf Agrarrohstoffe bereits 15Mal größer als der Wert der tatsächlichen Produktion. Ende Juni planen die G20-Staaten einen Sondergipfel, um über Regulierungen zu beraten.

Glencore rechtfertigte sich am Dienstag zu den Vorgängen in Russland. Das Unternehmen erklärte, der Konzern habe 2010 im Getreidebereich ein „durchwachsenes Ergebnis“ erzielt. Vom russischen Exportverbot habe man nicht profitiert.

Glencore hat seinen Sitz im Schweizer Kanton Zug, einem Steuerparadies. Im Zuge des Börsegangs muss die bislang als geheimnisvoll beschriebene Firma einige Kennzahlen veröffentlichen. Mit Erlösen von 140 Mrd. Franken ist Glencore das größte Unternehmen der Schweiz. Mit dem Verkauf von bis zu 20Prozent der Aktien wollen die Eigentümer rund 12,1Mrd. Dollar einnehmen.


Von Bill Clinton begnadigt
Gegründet wurde Glencore vom bekannten Rohstoffhändler Marc Rich, der 1983 als Steuerflüchtling von den USA in die Schweiz gekommen war, um Klagen des damaligen Staatsanwaltes Rudolph Giuliani zu entgehen. 2001 wurde er vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton begnadigt. 1993 zog sich Rich von Glencore zurück, das Unternehmen gehört jetzt 485 privaten Investoren.

2008 wurde Glencore von Nichtregierungsorganisationen als einer der am schlechtesten geführten Betriebe der Welt gebrandmarkt. Glencore betreibt eine riesige Kupfermine im Kongo. Vor Kurzem reichten Entwicklungshilfeorganisationen eine Beschwerde bei der OECD ein. Dabei geht es um ein Engagement in Sambia. Die dortigen Steuerbehörden beauftragten zwei Wirtschaftsprüfer, die für Ausgaben von 380 Mio. Dollar keinerlei plausible Erklärung gefunden haben. Die überhöhten Kosten sollen die Steuerlast gedrückt haben. Glencore bestreitet die Anschuldigungen und verweist auf seine eigenen Bilanzen, die von Wirtschaftsprüfern unter die Lupe genommen werden. In Sambia sind 15.000 für das Unternehmen tätig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2011)

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