Fed: Die größte „Bad Bank“ der Welt?

(c) REUTERS (ROMEO RANOCO)
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Experten erwarten, dass die US-Zentralbank weitere Staatsanleihen kaufen könnte. Dabei ist Ben Bernankes Linie keineswegs unbestritten.

Wien. Bis zumindest Mitte 2013 wird die US-Zentralbank Fed den Leitzinssatz angesichts der fragilen Wirtschaftslage nahe null Prozent belassen. Diese langfristige Perspektive von Ben Bernanke sorgte an den Finanzmärkten durchaus für Überraschung. Die wahre „Bombe“ ließ der Notenbankchef Dienstagnacht aber gegen Ende seiner Rede platzen: Man sei durchaus bereit, auch 2012 „alle geldpolitischen Möglichkeiten bei Bedarf zu nützen“.

Selbst abgebrühte Händler, die im Normalfall die Fachsprache der Notenbanker gut zu interpretieren wissen, brauchten ein wenig Zeit, um diese Information zu verarbeiten. So dauerte es auch eine halbe Stunde, bis nach der Rede Bernankes der Aktienindex Dow Jones deutlich zulegte. Bernanke sagte nämlich, dass es durchaus möglich sei, dass die US-Zentralbank zum wiederholten Male US-Staatsanleihen in großem Stil aufkaufen wird.

Inflationsrisiko wird angeheizt

Dabei war schon die im Vorjahr beschlossene zweite Runde des sogenannten „quantitative easing“ höchst umstritten. Die Aktienmärkte vermag dieser Schritt im Normalfall kurzfristig etwas zu beruhigen. Doch heizt die Notenbank durch die Geldschwemme der Märkte das Inflationsrisiko erheblich an.

Seit August 2008 hat die Federal Reserve ihren Bestand an US-Staatsanleihen von 479 Mrd. Dollar auf 1641 Mrd. Dollar erhöht (siehe Grafik). Damit ist die Fed zum größten Gläubiger der USA geworden, noch vor China. Zusätzlich kaufte die Zentralbank durch Hypotheken besicherte Wertpapiere („Mortgage Backed Securities“) in großem Stil auf. Weil viele davon nicht werthaltig sind, kann die US-Zentralbank mittlerweile durchaus als größte „Bad Bank“ der Welt bezeichnet werden.

Trotz der bereits gewaltigen Bilanzsumme von 2850 Mrd. Dollar (2000 Mrd. Euro) erwarten nun die Investmenthäuser Goldman Sachs und Morgan Stanley, dass die Fed im kommenden Jahr eine dritte Runde des „quantitative easing“ starten wird. „Davon gehen wir von nun an aus“, schreibt Goldman Sachs und bezeichnet die Wahrscheinlichkeit mit „größer als 50 Prozent“.

In welchem Umfang die Zentralbank Staatsanleihen kaufen könnte, ist derzeit noch Gegenstand heftiger Diskussionen. In den vergangenen zwölf Monaten waren es 600 Mrd. Dollar. Dass mittlerweile auch der Markt von weiteren Aufkäufen ausgeht, zeigt die Tatsache, dass die Rendite auf zehnjährige Treasury Bonds am Mittwoch deutlich auf 2,14 Prozent gefallen ist.

Fast unbegrenzte Möglichkeiten

Anders als die EZB hat die Fed laut Statut kein juristisches Problem damit, Staatsanleihen trotz einer bereits hohen Inflation von 3,6 Prozent aufzukaufen. Ihre Aufgabe ist es auch, für „maximale Beschäftigung“ zu sorgen. Angesichts neuerlicher Rezessionsängste und einer Arbeitslosigkeit von über neun Prozent kann Bernanke also durchaus seine expansive Geldpolitik rechtfertigen.

Auch die wachsende Bilanzsumme und der Anteil „fauler“ Hypothekarkredite von bis zu 800 Mrd. Dollar stellen theoretisch kaum Probleme dar. Solange die Nachfrage nach der weltweiten Leitwährung Dollar hoch bleibt, kann die Fed de facto nicht pleitegehen. Sie muss lediglich die sprichwörtliche Notenpresse anwerfen und Dollarnoten drucken.

Trotzdem nimmt der Widerstand gegen Bernankes Geldpolitik zu. Viele Ökonomen warnen vor Jahren enorm hoher Inflation und sprechen außerdem von einer beschränkten Wirkung auf die Konjunktur. Selbst in den eigenen Reihen wird der wachsende Unmut mittlerweile offen geäußert: Drei der zehn Mitglieder des entscheidungsberechtigten Komitees stimmten gegen die Wortwahl ihres Notenbankchefs. Das war zuletzt im Jahr 1992 der Fall.

Grafik: Die Presse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2011)

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