Feuer und Eis: Kneissl-Chef mit Vergangenheit

Feuer KneisslChef Vergangenheit
Feuer KneisslChef Vergangenheit(c) AP (GERT EGGENBERGER)
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Kneissl-Chef Andreas Gebauer versucht, die Schulden der Skifirma in den Griff zu bekommen. Erfahrung hat er ja. Es ist nicht die erste Firma mit wirtschaftlichen Problemen, die er leitet.

Das Geld ist nicht da. Bis Montag dieser Woche hätte der saudische Scheich Mohamed Al Jaber, Eigentümer der hoch verschuldeten Tiroler Skifirma Kneissl, die vor einer Woche zugesagten 1,2MillionenEuro überweisen sollen. Die Frist ist verstrichen, kein Geld.

Was das bedeutet, ist klar – theoretisch zumindest: Das Gericht müsste nun den Konkursantrag, den der frühere Kneissl-Miteigentümer Fritz Unterberger eingebracht hat, prüfen. Doch bei Kneissl laufen die Dinge anders: Zwar schuldet das Unternehmen Unterberger immer noch einen Betrag von rund 900.000Euro, Unterberger will aber seinem einstigen „Baby“ Kneissl noch eine Chance geben. Also hat er dem Scheich eine Stundung des Betrages gestattet. Das Geld soll nächste Woche fließen.

Unter-bergers Optimismus in Ehren – aber irgendwie riecht das Ganze doch gewaltig nach der Kneissl'schen Hinhaltetaktik. Diese betreibt die Tiroler Firma nämlich zur Perfektion. Jedenfalls ist Unterberger bei weitem nicht der Einzige, der auf Geld wartet. Der „Presse“ liegt eine ganze Liste von österreichischen, deutschen und italienischen Unternehmen vor, die mit ihrer Geduld schön langsam am Ende sind. Die Firma „Susan Strasser GmbH“ zum Beispiel. Sie hat bereits einen Exekutionsantrag über 158.000Euro eingebracht, weil ihr Kneissl das Geld für im September 2009 gelieferte Textilware immer noch schuldet. Oder die Firma „Solutions for Sport“, die schon im Sommer 2009 eine umfangreicheTaschenkollektion an Kneissl geliefert hat. Das Geld dafür, diesfalls sind es 12.403Euro, hat sie immer noch nicht bekommen. Und so weiter.

Die Unternehmen haben alle Ähnliches durchgemacht: Auftragserteilung durch Kneissl, prompte Lieferung der Ware, vereinbarte Zahlungsziele – die allerdings nicht eingehalten worden sind. Vertröstungen seitens Kneissls, abermalige Vertröstungen, dann die fixen Zusagen, dass das Geld überwiesen werde. Schließlich der Tag, an dem das Geld auf dem Konto hätte landen sollen: „Kneissl hat uns an dem Tag mitgeteilt, dass die Ware Mängel aufweist“, erzählt Thomas Lang,Eigentümer der „Susan Strasser GmbH“. „Meinem Mandanten ist gesagt worden, dass die Ware nicht gefallen hat. Später wurde behauptet, dass sie überhaupt nie geliefert wurde“, sagt Roland Mencik, Anwalt von „Solutions for Sport“.

Und Kneissl-Chef Andreas Gebauer? Der ist für die „Presse“ nicht erreichbar. Für die Lieferanten, wie diese erzählen, übrigens auch nicht. Ein lustiges Versteckspiel, das Gebauer da seit Beginn der Kneissl-Krise treibt. Vor Kurzem haben deswegen schon Gerüchte die Runde gemacht, er sei untergetaucht. Das stimmt natürlich nicht, zeigt aber, dass das Vertrauen der Lieferanten mittlerweile enden wollend ist. Das liegt größtenteils an der monatelangen Hinhaltetaktik Gebauers, hat aber wohl auch mit der Vergangenheit des Firmenchefs zu tun. Kneissl ist jedenfalls nicht die erste Firma mit wirtschaftlichen Problemen, die er leitet. Wenn auch die Ereignisse der Vergangenheit ungleich spektakulärer waren.

Dabei hat der berufliche Werdegang von Andreas Gebauer, Jahrgang 1965, recht harmlos begonnen. Nach dem Jus-Studium zog es ihn nach New York, wo er für die Girozentrale arbeitete. Sein Chef: Raimund Solonar. Als dieser unter Josef Riegler Generalsekretär der ÖVP wurde, wurde Gebauer sein Büroleiter. Allerdings nur für kurze Zeit. Das Unternehmertum hatte es ihm angetan.

Im Jahre 1991 ergab sich eine einmalige Gelegenheit: Die börsenotierte „Tiroler Loden AG“ war in Konkurs gegangen, und Gebauer entschloss sich kurzerhand, mit einem Partner die Firma zu übernehmen. Von den Medien wurde der damals erst 26-Jährige als ein Held gefeiert. „Das ist auch kein Wunder“, sagt einer seiner früheren Weggefährten, „Gebauer ist eine sehr charismatische Persönlichkeit.“

Im ersten Jahr seines Unternehmertums lieferte Gebauer denn auch erste operative Erfolgsmeldungen und kündigte auch gleich eine Reihe von Akquisitionen in der ehemaligen DDR an.

Doch schon 1993 ging es abwärts: Gebauer hatte die „Textil AG“ („TAG“) in Landeck übernommen, „eine klare Fehlentscheidung“, wie er später einmal sagen sollte. Es folgten weitere Zukäufe in Ostdeutschland, die sich allesamt als problematisch erweisen sollten.

Im Juni 2001 dann die ultimative Katastrophe: Ein Großbrand vernichtete das gesamte Unternehmen. Und die Versicherung wollte nicht zahlen. Wohl, weil es nicht das erste Mal war, dass der Feuerteufel bei „Tiroler Loden“ zuschlug: Schon im Februar 1999 war die gesamte Sommerkollektion der Firma einem Brand zum Opfer gefallen.

Das war natürlich schon merkwürdig. Seltsam allerdings auch die folgenden Ereignisse: Zunächst kam ein Gutachten zu dem Schluss, dass es sich um Brandstiftung handelte. Später präsentierte auch das Bundeskriminalamt einen Mann, der behauptete, indirekt von Gebauer mit der Brandstiftung beauftragt worden zu sein. Am 6.Dezember2003 wurde Gebauer schließlich für zwei Wochen in U-Haft genommen.

Später sollte der Gutachter zugeben, sich bei Berechnungen vertan zu haben. Und auch der angebliche Brandstifter zog seine Aussage zurück.

Gebauer zog daraufhin alle Register – und wandte sich an die Politik: ÖVP, SPÖ, Grüne und das BZÖ wurden um Hilfe ersucht. „Der einzige, der sich gemeldet hat“, erzählte er Jahre später, „war Jörg Haider.“ Ein echter Glücksfall für Gebauer.

Haider ließ sich die einmalige Gelegenheit nicht entgehen, über den „Metternich'schen Polizeistaat“ herzuziehen. Im September 2004 lud er gemeinsam mit Gebauer sogar zu einer groß inszenierten Pressekonferenz. Im April 2005 wurde das Strafverfahren schließlich eingestellt, unter BZÖ-Justizministerin Karin Miklautsch.

Zuvor, im September 2004, war Gebauer noch zum BZÖ-Spitzenkandidaten in Tirol gekürt worden. „Ich habe die ÖVP-Familie in der Auseinandersetzung um den Brand in meiner Firma verloren“, sagte er später in einem Interview.

Mit der Versicherung kam es schließlich zu einem Vergleich. Doch die „Tiroler Loden“ konnte das auch nicht mehr retten.

Anfang 2007 wurde Gebauer zu Kneissl geholt. Als Sanierer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2010)

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