Inserate: Zeitzeugen, zum Schweigen verurteilt

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Hat Werner Faymann als Verkehrsminister ÖBB und Asfinag unter Druck gesetzt, zu inserieren? Die Justiz hat die Ermittlungen beendet. Seltsam: Ex-Asfinag-Manager wurden nicht befragt.

Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung. Gegen Bundeskanzler Werner Faymann und Staatssekretär Josef Ostermayer wurden im Sommer des vergangenen Jahres Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue und des Amtsmissbrauchs eingeleitet, und das macht keinen schlanken Fuß. Aber es gilt die Unschuldsvermutung.

Es geht um die Frage, ob Faymann seinerzeit als SPÖ-Verkehrsminister die ihm ressortierenden Staatsunternehmen ÖBB und Asfinag unter Druck setzen ließ, in Boulevardmedien seines Vertrauens großzügigst zu inserieren. Und ob Ostermayer, damals Faymanns Kabinettschef, quasi als Mann fürs Grobe diesen Druck ausübte.

Die Ermittlungen sind für österreichische Verhältnisse ungewöhnlich schnell abgeschlossen worden. Die Staatsanwaltschaft Wien ist fertig. Ihr sogenannter Vorhabensbericht wurde an die Oberstaatsanwaltschaft Wien weitergeleitet. Ob es zu einer Anklage kommt oder nicht, wurde öffentlich nicht kommuniziert.

Es bleibt also spannend. Theoretisch zumindest. So wie es derzeit aussieht, braucht sich Werner Faymann allerdings nicht allzu sehr zu fürchten.

Das liegt an Tatsachen, die zwar nicht unbedingt nachvollziehbar sind. Aber es sind eben Tatsachen. Zum Beispiel jene: Zunächst war vorgesehen, dass das im Innenministerium angesiedelte Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) nach Beweisen suchen und Zeugen einvernehmen sollte. Doch dann wurde plötzlich die Sache an die Staatsanwaltschaft übergeben: Sie hat also die Einvernahmen gemacht, das BAK durfte lediglich Beweismaterial zusammentragen. Warum? „Vermutlich, weil es in der Causa um prominente Namen geht“, wie ein in die Ermittlungen Involvierter sagt.

Kein Problem: Die zuständige Staatsanwältin Ursula Kropiunig legte sich ohnehin ordentlich ins Zeug. Ab Oktober wurde Ex-ÖBB-Chef Martin Huber drei Mal einvernommen. Sein ehemaliger Kollege, der seinerzeitige ÖBB-Personenverkehrsvorstand Stefan Wehinger, war zwei Mal dran – ein Mal Anfang September, das andere Mal Anfang Oktober. Weil er zuständig für das ÖBB-Werbebudget war.

Beide wurden ziemlich intensiv befragt, die Einvernahmen dauerten jeweils einen halben Tag. Beide sagten unter Wahrheitspflicht aus, dass sie seinerzeit vom Verkehrsministerium unter Druck gesetzt wurden, in bestimmten Medien generös zu inserieren. Beide sagten aus, dass ihnen mit Jobverlust gedroht worden sei.

Trotzdem – nach den Einvernahmen war der Staatsanwaltschaft klar: Das zu Protokoll Gegebene sei zwar moralisch höchst verwerflich. Aber strafrechtlich werde wohl nichts hängen bleiben. Weil alles schwer zu beweisen sei.

Möglicherweise hat diese Erkenntnis zu einer gewissen Demotivation in der Staatsanwaltschaft geführt. Tatsache ist: Den ähnlich merkwürdigen Vorkommnissen in der staatlichen Straßenbaugesellschaft Asfinag wurde erst gar nicht näher nachgegangen. Das führte zuletzt sogar zu dem Gerücht, dass der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft lediglich die ÖBB-Inserate behandelt. Was der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Thomas Vecsey, dementiert: „Die Asfinag ist da natürlich auch dabei.“

Seltsam nur, dass keine der seinerzeit involvierten Personen in der Asfinag von der Justiz einvernommen wurde: Ex-Asfinag-Vorstand Christian Trattner nicht, detto sein Kollege Franz Lückler – wie beide der „Presse“ bestätigen. Auch der damalige Asfinag-Kommunikationschef Marc Zimmermann musste nicht aussagen.

Das ist deshalb eigenartig, weil die drei sicherlich Aufschlussreiches hätten erzählen können.

Anfang Oktober 2011 waren der „Presse“ interne Asfinag-Unterlagen aus dem Jahre 2007 zugespielt worden. Es waren Aktenvermerke, verfasst vom damaligen Kommunikationschef Zimmermann. Darin wurde etwa festgehalten, dass Zimmermann „Ansprechpartner für Medienkooperationen“ sei, „die das Kabinett von BM Faymann initiiert hat“. Faymann war damals erst seit einem halben Jahr Verkehrsminister.

Weitere, recht eindeutige Zitate aus den Aktenvermerken: „Folgende Kooperationen wurden seitens des Kabinetts von BM Faymann geschlossen“, oder „Freigabe der Texte erfolgt über das Kabinett.“ „Ansprechpartner“ dort seien Faymanns damalige Kabinettsmitarbeiter Thomas Landgraf und Marcin Kotlowski. Allerdings wurde vorsichtshalber auch festgehalten: „Die Fakturierung erfolgt über die Asfinag.“

Nach Erscheinen des „Presse“-Berichts zeigte sich das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung sehr interessiert an Kopien der Aktenvermerke – sie wurden in der Folge auch abgeholt und der Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Dort scheint man die Unterlagen freilich weniger brisant gefunden zu haben – jedenfalls wurden weder Zimmermann noch die damals betroffenen Asfinag-Vorstände dazu befragt. Es bestand also kein Interesse daran, die Authentizität der Unterlagen bestätigt zu bekommen. Oder von den Ex-Vorständen zu erfahren, dass sie sich gegen den Druck seitens des Verkehrsministeriums auflehnten – weil sie als Monopolisten keine Veranlassung sahen, Unsummen in Zeitungsinserate zu stecken. Und dass sie wenige Monate später ihre Jobs los waren. Die Inserate (vulgo: Medienkooperationen) wurden über den (SPÖ-nahen) Chef einer Asfinag-Tochter, Alois Schedl, abgewickelt. Schedl ist heute Asfinag-Vorstand.

Warum das fehlende Interesse der Ermittler? Die Antwort kann man sich nur ausmalen. Von der Staatsanwaltschaft Wien gibt es dazu jedenfalls keine Auskunft: „Ich habe über die einvernommenen Personen kein Detailwissen“, sagt Sprecher Vecsey. Wenigstens ist jetzt klar, wieso die Ermittlungen so rasch beendet werden konnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2012)

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