Rechnungshof: Kontrollor unter Beschuss

Archivbild: Josef Moser im Februar 2010.
Archivbild: Josef Moser im Februar 2010.(c) APA/ROLAND SCHLAGER (Roland Schlager)
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Als oberstes Kontrollorgan der Republik ist der Rechnungshof eine Instanz - und ein Eckpfeiler der Demokratie. Unangenehmerweise wird er unter Präsident Josef Moser zusehends zur Zielscheibe der Kritik.

Er ist ein Mann mit einem gewissen Geltungsbedürfnis. So gesehen ist der Posten des Rechnungshof-Präsidenten für Josef Moser wie maßgeschneidert: Als oberster Kontrolleur der Republik darf er mahnende Worte kundtun, wenn mit öffentlichen Mitteln nicht sparsam umgegangen wird – was ja bekanntlich nicht so selten vorkommt. Auf Josef Moser wird also gehört. Er ist – wie seine Vorgänger auch – eine Instanz: der Sparsamkeit und der Objektivität verpflichtet.

Das ist auch eine gewisse Bürde. Die Prüfer des Rechnungshofs tragen eine hohe Verantwortung. Und ihr Präsident, über dessen Schreibtisch sämtliche Berichte gehen, erst recht. „Qualitätssicherung ist wichtig“, weiß Moser, „ein kleiner Fehler kann zu einer Staatsaffäre hochstilisiert werden.“

Umso schmerzhafter für ihn, dass der Rechnungshof neuerdings keine sonderlich gute Nachred' hat.

Begonnen hat es mit einer parlamentarischen Nachfrage der SPÖ-Abgeordneten Christine Lapp und Sonja Steßl-Mühlbacher mit dem wenig schmeichelhaften Titel „Auftragsarbeit des Rechnungshofes für FPÖ-Gemeindemandatare“. Das war Ende März.

Wenige Wochen später, im April, wurde der pensionierte Rechnungshofprüfer Gottfried Efler im Korruptionsuntersuchungsausschuss zur Causa Buwog befragt. Und gab dort Erstaunliches zu Protokoll: Die umstrittene Vergabe der Buwog-Transaktion an die Investmentbank Lehman Brothers durch Finanzminister Karl-Heinz Grasser sei seinerzeit vom Rechnungshof geprüft worden. Allerdings sei dieses Kapitel aus dem Bericht gestrichen worden. Ob dies sachlich gerechtfertigt gewesen sei? „Nein“, antwortete Efler. „Ich habe sehr viel für's Altpapier geschrieben.“

Und schließlich wurde unlängst publik, dass der Rechnungshof die Auslandsbeteiligungen des Stromkonzerns Verbund unter die Lupe nimmt. Was in einem unschönen Gerücht mündete: Offenbar spiele der Rechnungshof bei einer SPÖ-Intrige gegen den früheren Verbund-Auslandschef (und nunmehrigen ÖBB-Boss) Christian Kern mit.

Zu guter Letzt bekam die Abgeordnete Steßl-Mühlbacher unlängst auch noch einen Brief eines Rechnungshof-Mitarbeiters. Der beklagte sich über die grassierende Frustration seiner Kollegen. Verursacht durch „von oben“ umgeschriebene beziehungsweise redigierte Berichte „unter dem Deckmantel der Qualitätskontrolle“.

Auftragsarbeit für politische Spielchen, redigierte Berichte – das sind so ziemlich die schlimmsten Vorwürfe, die man einem eigentlich unparteiischen Kontrollorgan machen kann. Josef Moser ist entsprechend empört: „Die parlamentarische Anfrage fußt auf einem in einem Artikel unrichtig wiedergegebenen Sachverhalt“, sagt er – der Rechnungshof sei nie und nimmer auf Bitte eines FPÖ-Gemeinderates tätig geworden.

Heikler ist aber ohnehin die Frage, ob Prüfberichte in der Chefetage redigiert werden. Moser räumt dies ein – „allerdings werden die Streichungen immer dokumentiert und nach Absprache mit den Prüfern durchgeführt“. Für die Prüfer ist dies dennoch eine Zäsur: Unter Mosers Vorgänger Franz Fiedler seien die Berichte grosso modo anstandslos „von oben“ abgesegnet worden, heißt es.

Doch für Moser ist die „Qualitätssicherung“ das Um und Auf, wie er sagt. Und die seinerzeitige Passage über die Buwog-Abwicklung durch Lehman Brothers habe diesen strengen Standards eben nicht entsprochen. Schiefe Optik? Moser versteht die Welt nicht mehr: „Wir haben international eine hervorragende Reputation.“

Stimmt. Aber in Österreich laufen die Uhren halt anders – so gesehen hätte Moser das Ungemach kommen sehen müssen.

Schon seine Bestellung zum Rechnungshof-Präsidenten im Jahre 2004 verlief ganz anders als die seiner Vorgänger – nämlich unter lautem Protest der damaligen Oppositionsparteien. In der Ära von Schwarz-Blau galt die Postenbesetzung jedenfalls als erster großer Coup von Jörg Haider: Er verhinderte den Steuerexperten Werner Doralt, stattdessen kam Josef Moser. Und der war vor einem Intermezzo bei den ÖBB immerhin FPÖ-Klubdirektor. Das „Hirn der FPÖ“, wie viele sagten.

Halb so schlimm, könnte man meinen, die Rechnungshof-Spitze „blau“ zu besetzen ist immerhin so etwas wie Tradition. Doch Mosers Personalpolitik hat ihn angreifbar gemacht. Unter ihm haben sich im Rechnungshof einige frühere Mitarbeiter der Partei wiedergefunden: Den (mittlerweile verstorbenen) ehemaligen FPÖ-Klubdirektor Robert Prohaska nahm Moser gleich mit, um ihn in einer leitenden Funktion zu installieren. Als Prüfer im Rechnungshof fungiert Gerald Siebeneicher, ehemaliger Mitarbeiter im FPÖ-Klub. In Mosers Kabinett arbeitet Robert Sattler, einst Mitarbeiter im Kabinett von FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer. Von dort kam auch Helga Berger, die es unter Moser sogar zur Sektionschefin brachte. Berger wird von SPÖ-Rechnungshof-Sprecherin Christine Lapp als „Drehscheibe zur FPÖ“ bezeichnet. Auch solche Vorwürfe empören Moser ungemein. „Es gibt wenige in der Republik, die eine so nachvollziehbare Mitarbeiterauswahl haben wie wir“, sagt er. Diese werde von einer Begutachtungskommission und der Personalvertretung in Augenschein genommen – „Parteipolitik hat im Rechnungshof nichts verloren. Es zählt die Leistung.“

Was der frühere ÖVP-Staatssekretär im Finanzministerium, Alfred Finz,vermutlich anders sieht. Er hatte nach dem Ende seiner politischen Tätigkeit ein Rückkehrrecht in den Rechnungshof – wo er zuvor 34 Jahre lang gearbeitet hatte. Für ihn ließ sich keine Funktion finden. Wobei gerechterweise dazu gesagt werden muss: Nicht die ÖVP-Nähe von Finz war ein Hindernis. Wohl eher das Faktum, dass er als Vertrauter von Mosers Vorgänger Fiedler galt.

Denn nach außen hin legt Moser größten Wert darauf, streng unparteiisch zu agieren. Das sieht man schon an den Berichten, die der Rechnungshof im vergangenen Jahr veröffentlichte. Prüfungen, die in den Wirkungsbereich der SPÖ fallen, hielten sich mit jenen aus dem ÖVP-Reich streng die Waage.

Das kann aber auch nur ein Zufall sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2012)

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