Der Masseverwalter gewann vor dem Obersten Gerichtshof eine Anfechtungsklage gegen die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse.
Wien. Hat ein Gläubiger sich über die Zahlungsfähigkeit seines Schuldners zu informieren, wenn in mehreren Medien über dessen massive wirtschaftliche Krise berichtet wird?
Ja, selbstverständlich, so das Urteil (3 Ob 92/16z) des Obersten Gerichtshofs (OGH), der sich jüngst mit dieser Frage zu befassen hatte. Kläger war der Masseverwalter der Alpine Bau GmbH, beklagte Partei die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse. Ihr hatte die Alpine bis Mai 2013 – rund einen Monat vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, also zu einem Zeitpunkt, zu dem sie bereits zahlungsunfähig und insolvenzrechtlich überschuldet war – fällige Sozialversicherungsbeiträge überwiesen. Bei anderen Gläubigern stand sie zeitgleich schon in Millionenhöhe in der Kreide.
Die Vorinstanzen hatten zugunsten des Sozivalversicherungsträgers und damit gegen die herrschende Judikatur entschieden. Schon bei dem Konkurs des Modeunternehmens Kleiderbauer im Jahr 2000 hatte sich der OGH zu dieser Rechtsfrage geäußert. Jetzt nahm er die Revision des Klägers erneut zum Anlass, Folgendes klarzustellen: Medienberichte können für sich allein ein „Insolvenzindikator“ sein, und zwar auch dann, wenn der marode Schuldner noch gar nicht in Zahlungsrückstand gekommen ist. Und heißt es in verschiedenen Artikeln auch zuerst, einem Unternehmen drohe die Insolvenz und wird einige Zeit später auch von einer möglichen Rettung und einer geplanten Sanierung berichtet, befreit das den Gläubiger nicht von seiner Nachforschungspflicht. Rechtlich relevant ist nämlich nicht, was Medien berichten, sondern wie es dem Unternehmen tatsächlich wirtschaftlich geht. In diesem Fall sei jedoch klar gewesen, dass der Erfolg der geplanten Sanierung fraglich war.
Gläubiger können sich freuen
Der Masseverwalter Stephan Riel hat damit für die Gläubiger wieder Geld erstritten. Die Zahlung der Alpine an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in der Höhe von über einer Mio. Euro wurde gegenüber den Gläubigern des Insolvenzverfahrens für unwirksam erklärt. Der Sozialversicherungsträger muss diesen Betrag nun dem Masseverwalter überweisen. (hec)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2016)