Lebensversicherungen: Bei Rücktritt Geld retour mit Zinsen

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DEU DEUTSCHLAND Der Versicherungsschein einer Lebensversicherung DEU GERMANY The certificate(c) imago/Rainer Unkel (imago stock&people)
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Aktuelle Urteile geben Verbrauchern Auftrieb. Ein deutscher Anwalt will bald auch in Wien für Konsumenten tätig werden.

Wien. Zwei Entscheidungen des Handelsgerichts Wien – erstritten vom VKI – geben Verbrauchern, die aus ihrer Lebensversicherung aussteigen wollen, Auftrieb. Es geht dabei um Verträge, bei denen die Belehrung über das Rücktrittsrecht fehlte oder nicht korrekt war. Laut Konsumentenschützern ist das bei vielen ab 1994 abgeschlossenen Polizzen der Fall.

Ein solcher Fehler eröffnet laut EuGH- und OGH-Judikatur betroffenen Kunden unbefristet die Möglichkeit zum Rücktritt vom Vertrag, man könnte also auch jetzt noch aussteigen. Umstritten ist aber, wie viel Geld man dann zurückbekommt. Heimische Versicherungen argumentieren, dass es erstens nur in Einzelfällen unrichtige Rücktrittsbelehrungen gegeben habe – und dass man dann zweitens, wie bei einer Kündigung des Vertrages, nur Anspruch auf den Rückkaufswert habe. Dieser ist oft deutlich niedriger als die Summe der eingezahlten Prämien.

Rückzahlung samt Zinsen

Das Handelsgericht Wien entschied nun jedoch, dass Anspruch auf komplette Prämienrückzahlung samt Zinsen besteht. Lediglich Risikoprämien – etwa für eine in der Polizze enthaltene Ablebensversicherung – kann der Versicherer demnach einbehalten.

Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Wie der deutsche Rechtsanwalt Stephan Greger zur „Presse“ sagt, gehen sie jedoch in dieselbe Richtung wie die Judikatur in Deutschland. Auch laut dieser stehe Verbrauchern in einem solchen Fall die Rückzahlung aller geleisteten Beiträge (außer Risikoprämien) samt Verzinsung zu.

Greger ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, seine Kanzlei führt in Deutschland viele solche Verfahren. Ab März will Greger im Rahmen einer EU-Zulassung auch in Wien tätig werden. Ein Fokus liege auf britischen Lebensversicherungen, sagt er: Bei diesen fehle oft die korrekte Widerspruchsbelehrung, die Wertentwicklung sei in vielen Fällen katastrophal. Dazu komme die Unsicherheit wegen des Brexit, die ebenfalls für einen Ausstieg aus solchen Verträgen spreche. Es gebe auch bereits Fälle, in denen man außergerichtlich eine rasche Einigung „mit vernünftigen Summen“ – rund 30 Prozent über dem Rückkaufswert – erzielt habe.

Britische Lebensversicherungen wie Clerical Medical oder Standard Life wurden auch in Österreich vertrieben, während des Börsenbooms versprachen sie hohe Renditen. Dann kam die Börsenkrise und mit ihr ein herber Rückschlag. Ganz generell gilt jedoch, dass eine Rücktrittsmöglichkeit nur dann besteht, wenn die Polizze tatsächlich fehlerhaft ist. Auch welche Zinsen dem Verbraucher zustehen, kann unterschiedlich sein – laut Greger kommt es darauf an, was die Versicherungsgesellschaft während der Vertragslaufzeit erwirtschaftet hat. Im Streitfall müsse man das nachweisen – was auch machbar sei: „Dafür gibt es Gutachter.“ (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2017)


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