Privatkonkurs: Mehr Ermessen für Richter?

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WKÖ-Chef Leitl sieht das als möglichen Kompromiss.

Wien. An der geplanten Neuregelung für Privatinsolvenzen scheiden sich die Geister. Eine Entschuldung soll künftig schon nach drei Jahren und nicht, wie derzeit, erst nach sieben Jahren möglich sein, die zehnprozentige Mindestquote soll wegfallen. Während die Schuldnerberatungen das begrüßen, kommt von Wirtschaft und Gläubigerschützern Kritik.

Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl und Ricardo-José Vybiral, Vorstand der KSV1870 Holding, warnten gestern in einer gemeinsamen Aussendung davor, „ein erfolgreiches System zu zerstören“. Stattdessen solle man es „maßvoll reformieren“. Ein Kompromiss könnte aus Leitls Sicht darin bestehen, dass der zuständige Richter mehr Ermessensspielraum bekommt, um redliche Schuldner schneller zu entlasten. Bereits jetzt komme es in rund 72 Prozent aller Privatinsolvenzfälle zu einer Restschuldbefreiung am Ende des Verfahrens. 180 bis 200 Mio. Euro an Schulden würden jährlich an die Gläubiger zurückgezahlt, sagte Vybiral. Falle die Mindestquote weg, erhöhe sich die Missbrauchsgefahr.

„Zahlungspflicht bleibt“

Erst kürzlich präsentierte der KSV das Ergebnis einer Umfrage unter seinen rund 23.000 Mitgliedern – mehr als zwei Drittel seien gegen die Änderung in der derzeit geplanten Form. Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldnerberatungen (asb), sprach dagegen von „wesentlichen Verbesserungen im Privatkonkurs“.

Gerade gescheiterte Selbstständige, aber auch Menschen mit sehr niedrigem Einkommen seien bisher davon ausgeschlossen gewesen. Die Reform bedeute zudem nicht, dass Schuldner nichts mehr zahlen müssen, das Einkommen werde weiterhin auf das Existenzminimum reduziert. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2017)


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