Streit um Kanzleiräume: Untermieter darf bleiben

Häuser in Wien
Häuser in Wien(c) Clemens Fabry
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Ein emeritierter Anwalt wollte seine Kanzleiräume zurückgeben und dafür von der Eigentümerin eine satte Abschlagszahlung kassieren. Geht nicht, entschied der OGH – denn dann müsste auch der Untermieter ausziehen.

Wien. Wer eine Wohnung oder einen Geschäftsraum unbefristet vermietet hat, braucht schon einen sehr guten Grund, um den Mieter wieder loszuwerden – das ist allgemein bekannt. Aber auch die Rechtsposition eines Untermieters ist nicht zu unterschätzen. Das musste kürzlich ein emeritierter Rechtsanwalt erfahren.

Der Jurist ist Hauptmieter eines Geschäftslokals, in dem er bis zum Jahr 2005 seine Kanzlei betrieben hat. Im Jahr 2002 mietete sich ein Berufskollege bei ihm ein: Er übernahm einige Räumlichkeiten in Untermiete, dort betreibt er seither ebenfalls eine Kanzlei. Beide Anwälte teilten sich zunächst Miete und Betriebskosten, nach der Emeritierung des Hauptmieters übernahm der Untermieter sämtliche Kosten zur Gänze.

So weit, so gut – da gibt es aber auch noch die Liegenschaftseigentümerin. Und die hatte wohl neue Pläne mit dem Objekt. 128.000 Euro plus Umsatzsteuer bot sie dem Hauptmieter als Abschlagszahlung an, wenn er seinen Mietvertrag aufgibt und auch der Untermieter auszieht. Der Hauptmieter war einverstanden. Er kündigte den Untermietvertrag und berief sich dabei auf ein „wichtiges Interesse“ laut Mietrechtsgesetz.

Kein Nachteil aus dem Vertrag

Der Untermieter wehrte sich, der Rechtsstreit ging durch alle Instanzen. Die Rechtsfrage, um die es ging: Ist es ein tauglicher Kündigungsgrund, wenn der Hauptmieter die Räume zurückgeben und dafür eine Abschlagszahlung kassieren will? Erst- und Berufungsgericht waren unterschiedlicher Ansicht, der OGH entschied im Sinne des Untermieters (1Ob59/17h): Zwar gibt es bei der Untermiete mehr Kündigungsgründe als bei der Hauptmiete, heißt es sinngemäß in der Entscheidung – und auch wirtschaftliche Belange können ein wichtiges Interesse des Untervermieters sein. Würde er die Räume zum Beispiel für ein eigenes Unternehmen oder für Familieninteressen brauchen, wäre das ein akzeptabler Grund. Oder auch, wenn der Untermietzins im Vergleich zum Hauptmietzins unangemessen niedrig wäre.

In diesem Fall brauche er das Objekt aber nicht selbst, und er habe auch keinen Nachteil aus der Aufrechterhaltung des Vertrags – schließlich trägt der Untermieter alle Kosten. Der Hauptmieter habe zudem Schutzpflichten gegenüber dem Untermieter, er sei diesem gegenüber grundsätzlich verpflichtet, das Hauptmietverhältnis weiterzuführen. Und ob er sich von diesen Pflichten befreien kann oder nicht, dürfe nicht davon abhängen, ob der Vermieter – also der Eigentümer – bereit ist, eine Abschlagszahlung zu leisten.

Fazit: Die Möglichkeit, für die Aufgabe der Mietrechte einen finanziellen Vorteil zu erlangen, kann die Auflösung eines unbefristeten Untermietverhältnisses nicht rechtfertigen. Der Untermieter darf bleiben, der Hauptmieter fällt um die Abschlagszahlung um. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.07.2017)

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