Beschluss der Woche

Telefonieren darf im Gefängnis nicht teuer sein

Die Telefongebühren müssen marktgerecht sein.
Die Telefongebühren müssen marktgerecht sein.(c) Clemens Fabry
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Ein Strafgefangener einer Justizvollzugsanstalt in Schleswig-Holstein hat eine Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) erwirkt, für die ihm wohl alle Gefangene deutscher Gefängnisse sehr dankbar sein werden.

Konkret empörte ihn, dass ihm das Telefonieren in der Strafanstalt so teuer kam. Das Insassentelefonsystem wurde nämlich von einem privaten Telekommunikationsanbieter betrieben, mit dem das Land einen langfristigen Vertrag abgeschlossen hatte. Im Juni 2015 hob der Anbieter die Tarife an, was für den Mann erheblich höhere Telefonkosten mit sich brachte.

Er stellte einen Antrag an die Justizvollzugsanstalt, die Telefongebühren doch bitte an jene außerhalb der Anstalt anzupassen, damit seine finanziellen Interessen gewahrt würden. Dieser Antrag wurde abgelehnt und auch ein weiterer, in dem er eine gerichtliche Entscheidung einforderte. Auch mit seinee Beschwerde beim Oberlandesgericht scheiterte er. Darum rief er das BVerfG an, denn er fühlte sich in seinem Grundrecht auf Resozialisierung verletzt.

Der 2. Senat gab ihm Recht. Die Anpassung der Gebühren glattweg zu verweigern, sei von der Justizanstalt rechtswidrig gewesen. Denn die wirtschaftlichen Interessen der Gefangenen seien damit missachtet worden, der Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot evident. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete es, die Strafe so zu vollziehen, dass sie sich möglichst nicht negativ auf die Persönlichkeit des Betroffenen auswirke.

Besagte Justizanstalt in Schleswig-Holstein muss nun sicherstellen, dass Gefangenen künftig Telefonate zu marktgerechten Preisen angeboten werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.11.2017)

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