Was das neue EU-Gesellschaftsrecht bringen wird

April 23 2018 Brussels Bxl Belgium Vera Jourova EU commissioner for Justice consumers and
April 23 2018 Brussels Bxl Belgium Vera Jourova EU commissioner for Justice consumers and(c) imago/ZUMA Press (Wiktor Dabkowski)
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Mit "modernen, klaren Vorschriften" will die EU-Kommissarin Věra Jourová das Gesellschaftsrecht in der EU dem digitalen Zeitalter anpassen. Nun liegt der Entwurf vor. Was ändert sich? Und wie wirkt sich das auf Österreich aus? Ein Überblick.

Die EU-Kommission plant schon seit langem das europäische Gesellschaftsrecht zu modernisieren, denn - so sagte Věra Jourová, EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung: "Unser EU-Binnenmarkt bietet europäischen Unternehmen enorme Möglichkeiten und ist ein Motor für Wachstum und Beschäftigung. Jedoch entsprechen die EU-Vorschriften zum Gesellschaftsrecht nicht mehr unserem digitalen Zeitalter. In vielen grenzübergreifenden Situationen sind sich Unternehmen nach wie vor unsicher in Bezug auf die Rechtslage. Wir brauchen moderne, klare Vorschriften."

Die EU-Kommissarin ist mit ihrem Vorhaben nun einen Schritt weitergekommen. In der vergangenen Woche hat sie den lang erwarteten Entwurf zur Weiterentwicklung des Gesellschaftsrechts in der Europäischen Union (Company Law Package) vorgelegt.

Gesellschaftsgründungen sollen EU-weit digital möglich sein

Der Entwurf sieht zahlreiche Änderungen vor, sagt Rechtsanwalt Arno Zimmermann (CMS Reich-Rohrwig): "Etwa soll es demnach möglich sein, eine GmbH und vergleichbare Rechtsformen in anderen Mitgliedsstaaten ausschließlich durch Online-Registrierung zu gründen. Die Gründung ist dabei nicht beschränkt auf Ein-Personen-Gesellschaften, wie dies derzeit der Fall ist."

Konkret sollen Vertreter von Gesellschaften die Möglichkeit erhalten, Firmen vollständig im Wege der digitalen Identifizierung wie etwa mit elektronischer Signatur zu gründen. "Bei der Umsetzung ins nationale Recht, darf hier kein Mitgliedstaat das Erfordernis vorsehen, vor einer Behörde oder sonstigen Person – einschließlich Notaren – physisch zu erscheinen", sagt Zimmermann. Und alle Mitgliedsstaaten haben für die Online-Gründung entsprechenden Formulare, auch in zumindest einer anderen Sprache eines Mitgliedstaates zur Verfügung zu stellen, die eine möglichst breite Verständlichkeit sichert. "In der Regel wird das wohl Englisch sein", so der Jurist.

Die Eintragung soll damit nicht nur einfacher, sondern auch viel schneller erfolgen, als das bisher möglich war. Binnen fünf Tagen ab Erhalt der Dokumente und der erforderlichen Zahlung hat die neue Gesellschaft eingetragen zu sein. 

Vorschlag des Justizministers reicht nicht aus

Was bedeuten die vorgesehenen Regelungen aber für das österreichische Gesellschaftsrecht? "Österreich kennt seit kurzem die vereinfachte GmbH-Gründung, allerdings ist diese auf Einmann-GmbHs mit Gesellschafter-Geschäftsführer beschränkt und die Identifizierung hat durch ein Kreditinstitut zu erfolgen", sagt Zimmermann. Das ist nach dem Entwurf nicht ausreichend. Auch die jüngsten Vorschläge von Justizminister Josef Moser scheinen hinter dem Richtlinienvorschlag zurückzubleiben, sagt der Jurist: "Eine verpflichtende Video-Identifizierung beziehungsweise die Abhaltung einer Versammlung der Gründungsgesellschafter im Wege der Videokonferenz erscheint mit dem Richtlinienvorschlag nicht vereinbar. Denn als Identifizierung hat nach dem vorgelegten Entwurf der EU-Kommission eine elektronische Identifizierung auszureichen."

Grenzüberschreitende Umwandlungen von Gesellschaften werden leichter

Mit dem neuen Gesellschaftsrechtspaket reagierte die EU-Kommission auch sehr rasch auf die jüngst ergangene „Polbud“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (Rs. C-106/16). Nach der Entscheidung wird die grenzüberschreitenden Rechtsformwechsel von Gesellschaften erleichtert. Ein solcher Formwechsel - etwa von einer österreichischen GmbH in eine luxemburgische SARL (Die Société à responsabilité limitée entspricht einer GmbH.) - ist auch bei reiner Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes in einen anderen Mitgliedstaat zulässig. "Der EuGH leitete dieses Recht aus der Niederlassungsfreiheit ab. Doch bisher gab es kein Verfahren, das eine einfache Umsetzung ermöglichte. Unternehmen sind auf das Wohlwollen der nationalen Firmenbuchgerichte und Behörden angewiesen", sagt Zimmermann.

Treten die geplanten Änderungen in Kraft gehört dies der Vergangenheit an, weshalb international tätige Unternehmen die geplanten Möglichkeit begrüßen werden. "Schließlich erleichtern sie einen Wechsel von einer Rechtsform in eine andere erheblich.

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