Neuer Riesen-Airport "Istanbuler Flughafen" eröffnet

Turkey's President Tayyip Erdogan drives an airport golf cart with his wife Emine Erdogan and officials during the official opening ceremony of Istanbul's new airport in Istanbul
Turkey's President Tayyip Erdogan drives an airport golf cart with his wife Emine Erdogan and officials during the official opening ceremony of Istanbul's new airport in IstanbulREUTERS
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Der Flughafen am Schwarzen Meer soll nach Fertigstellung aller Bauphasen im Jahr 2028 der größte der Welt sein.

Teile des neuen Flughafens in Istanbul sind noch mitten im Bau. Davon bekommen die TV-Zuschauer bei der Eröffnungsfeier am Montag jedoch nichts mit. Präsident Recep Tayyip Erdogan flimmert über die Fernsehbilder, der sich mit seiner Frau Emine in einen Flughafenwagen setzt und sich im Schneckentempo durch das Flughafengebäude bewegt.

Dahinter sind Schilder in mehreren Sprachen zu sehen: "Willkommen Zuhause", steht darauf. In seiner Eröffnungsrede verkündet Erdogan dann stolz: "Istanbul ist nicht nur unsere größte Stadt, sondern auch die wertvollste Marke unseres Landes." Man habe dem Flughafen für die "unbezahlbare Stadt" deshalb den Namen Istanbul Airport gegeben.

Der neue Mega-Flughafen am Schwarzen Meer ist ein Prestigeprojekt Erdogans und ein Symbol für seine neue, starke Türkei. Sicher nicht zufällig haben die Architekten dem Tower des neuen Flughafen die Form einer Tulpe gegeben - ein beliebtes Symbol aus dem Osmanischen Reich. Nachts leuchtet der Turm in Weiß und Rot - den Farben der türkischen Flagge.

Richtig in Betrieb geht der neue Istanbul Airport aber erst Ende Dezember - in einer ersten Phase mit einer Kapazität von 90 Millionen Reisenden im Jahr. Er soll später weiter ausgebaut werden und nach Angaben der Betreibergesellschaft IGA in zehn Jahren eine Kapazität von 200 Millionen Reisenden im Jahr haben. Das würde ihn nach jetzigem Stand zum größten Flughafen der Welt machen. Diesen Spitzenplatz hält zurzeit der Airport in Atlanta in den USA mit einem Passagieraufkommen im vergangenen Jahr von knapp 104 Millionen Reisenden.

Erdogan sagt, der neue Airport sei eine "Ehre unseres Landes und ein Projekt, an dem sich die Welt ein Beispiel nehmen kann." Aber das Projekt ist umstritten. Umweltaktivisten kritisieren "verheerende" Auswirkungen auf die Natur, die türkische Führung ließ einen Streik von Arbeitern niederschlagen und viele von ihnen verhaften.

Die halbstaatliche Fluggesellschaft Turkish Airlines fliegt zunächst lediglich fünf Ziele vom neuen Airport aus an: drei im Inland und zusätzlich Nordzypern und Aserbaidschan. Ende Dezember zieht die Airline vom Atatürk-Flughafen um. 45 Stunden soll der "Big Bang" dauern, wie Fatih Karaman, Kommunikationschef bei Turkish Airlines, den Umzug nennt. Der Atatürk-Flughafen soll geschlossen und teilweise in einen Park umgewandelt werden.

Warum sich die vollständige Inbetriebnahme nun doch verzögert? Man habe beschlossen, zwei Monate noch als Testphase zu nutzen, sagt IGA-Geschäftsführer Kadri Samsunlu wenige Tage vor der Eröffnung. IGA hat das Recht, den Flughafen 25 Jahre lang zu betreiben. Das Terminal, das schon in Betrieb geht, ist lichtdurchflutet, die Decke ist von hohen Säulen getragen. Viel Glas wurde verbaut und Pflanzen aufgestellt. Drumherum wird noch geklopft, gehämmert und gesägt.

11.000 Fußballfelder

Auch das riesige Flughafengelände, das so groß ist wie etwa 11.000 Fußballfelder, sieht noch nicht ganz fertig aus: Bauschuttlaster schaffen Geröll zur Seite.

Eine Landebahn ist bereits fertig und Samsunlu zuversichtlich. Der neue Airport in Istanbul solle einmal "der größte und der beste" weltweit werden, sagt er. Vor allem wolle die Türkei im Kargo-Geschäft wachsen. Am neuen Airport habe man dafür viermal mehr Kapazitäten als am alten. Der neue Flughafen werde "wichtigstes Drehkreuz zwischen Asien und Europa." Auch Erdogan spricht vom "wichtigsten Transitzentrum" in der Region.

Istanbul will nicht nur Frankfurt Konkurrenz machen, sondern als globales Drehkreuz vor allem dem Standort Dubai. Der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt sagt, Istanbul habe mit seiner Lage zwischen Europa und Asien einen klaren geografischen Vorteil zu Dubai. Außerdem sei die Nähe Istanbuls zu den europäischen Metropolen günstig. Die Entwicklung des Airports in Dubai allerdings ginge Hand in Hand mit dem Wachstum der Fluggesellschaft Emirates - ein Vorteil für Dubai. Emirates habe in kurzer Zeit eine "Riesenkapazität" aufgebaut. Turkish Airlines dagegen habe sich in den letzten zehn Jahren zwar gut entwickelt, sei aber unter anderem durch die Währungskrise in der Türkei in einer "schwierigen Situation".

Der neue Airport in Istanbul wurde in einer Rekordzeit von etwas mehr als vier Jahren aus dem Boden gestampft. Der Berliner Flughafen ist nach jahrelangen Verzögerungen dagegen noch immer nicht im Betrieb. Doch das Tempo in Istanbul hat offenbar seinen Preis. Nach Angaben der Bauarbeitergewerkschaft Dev-Yapi-Is sind seit Beginn der Arbeiten mindestens 37 Menschen auf der Baustelle ums Leben gekommen. 30 Todesfälle habe es gegeben, gibt IGA-Chef Samsunlu zu. Vorwürfe der Arbeiter, dass die Unfälle unter anderem wegen Sicherheitsmängeln passierten, weist er jedoch zurück. "Sie müssen eben aufpassen, was sie tun", sagt er.

Die Arbeiter dagegen kritisieren Produktionsdruck, mangelnde Sicherheitsvorkehrungen und schlechte Unterkünfte und streikten deshalb im September. Die Polizei nahm Arbeiter fest und erstickte damit den Protest im Keim. Samsunlu dagegen sagt, die Streikenden hätten nicht friedlich protestiert. Noch immer sitzen laut Human Rights Watch 30 Bauarbeiter in Untersuchungshaft, darunter der Gewerkschaftschef Özgür Karabulut, der selbst auf der Flughafenbaustelle schuftete.

Bau "durchgepeitscht"

Angesichts solcher Bedingungen lasse sich die Bauzeit nicht mit der in Berlin vergleichen, sagt Großbongardt. Der Bau des Istanbuler Flughafens sei "durchgepeitscht" worden. "Das ist ein Projekt, das man nur in einer Semi-Demokratie durchziehen kann."

Umweltaktivisten kritisieren, dass Wald gerodet werden musste. IGA-Chef Samsunlu nennt das Projekt dagegen einen "grünen Flughafen", unter anderem weil er energieeffizient gebaut worden sei. Stolz ist er auch auf die internationalen Unternehmen, die am neuen Airport operieren. So werde das deutsche Unternehmen Heinemann den Duty free Bereich für 25 Jahre betreiben und auch DHL sei am Flughafen angesiedelt. Trotz Mini-Eröffnung am Montag ist eine große Einweihungsfeier mit Erdogan geplant. Dann soll auch der Name des neuen Airports verraten werden.

(APA/dpa)

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