Immer neue Sorgen bei Volkswagen

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Das deutsche Verkehrsministerium prüft die jüngsten Betrugsvorwürfe gegen die VW-Tochter Audi. Und Aufsichtsratschef Pötsch wird von der Vergangenheit eingeholt.

Berlin/Wolfsburg. Kaum ein Tag vergeht derzeit ohne (neue) schlechte Nachrichten aus dem VW-Konzern. Die jüngsten stammen vom Montag: Verkehrsminister Alexander Dobrindt lässt die Manipulationsvorwürfe gegen die Volkswagen-Tochter Audi prüfen. Anlass war ein Bericht der „Bild am Sonntag“, wonach die kalifornische Umweltbehörde Carb eine weitere unzulässige Softwarefunktion bei einem Audi mit V6-Motor entdeckt habe.

Wenn das stimmt, hat Audi nicht nur die Messergebnisse von gesundheitsschädlichen Stickoxiden manipuliert, sondern auch jene des klimaschädlichen Kohlendioxids. Die Software erkennt angeblich, ob das Auto auf einem Rollenprüfstand oder auf der Straße fährt. Wird das Lenkrad nach dem Start nicht bewegt, aktiviert sich ein Schaltprogramm für das Getriebe, das deutlich weniger Kraftstoff verbraucht. Über 100.000 Fahrzeuge sollen damit ausgestattet worden sein. Audi und Carb wollten sich vorerst nicht zu dem Bericht äußern. Dobrindt hat deshalb das Kraftfahrt-Bundesamt angewiesen, dem Sachverhalt nachzugehen.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig geht inzwischen einem anderen Verdacht nach: VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, ein gebürtiger Österreicher, soll die Aktionäre zu spät über die finanziellen Folgen der Abgas-Affäre informiert haben – damals, im Spätsommer 2015, als er noch Finanzvorstand war. Pötsch bestreitet das.
Die Behörde ermittelt schon seit einigen Monaten wegen Marktmanipulation, allerdings nur gegen den früheren Konzernvorstand Martin Winterkorn und VW-Markenchef Herbert Diess. Vor Kurzem sei man auf Pötsch gestoßen, erklärte Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe am Montag. Worauf sich der Verdacht gründet, sagte er nicht.

Die Investoren haben Pötsch schon länger im Visier. Vielen hat nicht gefallen, dass ausgerechnet der Finanzchef im Oktober 2015 – einen Monat, nachdem der Skandal publik geworden war – an die Spitze des Aufsichtsrats berufen wurde. Doch der 65-Jährige gilt als Vertrauter der Familien Porsche und Piëch, die über die Familienholding Porsche SE 52,2 Prozent an VW hält. Finanzvorstand der Holding war lange Zeit: Hans Dieter Pötsch. Im Oktober 2015 stieg er zum Holding-Chef auf, parallel zu seinem neuen Job im Aufsichtsrat.

Wien gibt Ermittlungen ab

Die Klage der Aktionäre beläuft sich auf mehr als acht Milliarden Euro. In den USA musste VW bereits 16 Milliarden Dollar an Schadensersatz und Strafen zahlen. In Österreich haben sich rund 4000 Personen dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien gibt ihre Ermittlungen nun aber an die Kollegen in Braunschweig ab. Zentrale Ermittlungen seien sinnvoller, sagte eine Sprecherin dem ORF-Radio.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2016)

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