Siemens: Gewerkschaft will kämpfen

Siemens-Mitarbeiter protestierten gestern gemeinsam mit Berlins Bürgermeister gegen den geplanten Stellenabbau.
Siemens-Mitarbeiter protestierten gestern gemeinsam mit Berlins Bürgermeister gegen den geplanten Stellenabbau. (c) imago/Markus Heine
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Die IG-Metall empört nicht nur der geplante Jobabbau im Siemens-Konzern, sondern auch das Verhalten von Konzernchef Joe Kaeser.

Wien. 7000 Jobs will Siemens weltweit streichen, 200 davon in Österreich. Eine Nachricht, die für die Belegschaft schlechter gar nicht sein könnte. Doch nicht nur der baldige Jobverlust erzürnt die Siemens-Mitarbeiter, sondern zunehmend auch das Verhalten von Siemens-Chef Joe Kaeser. Er war es nämlich, der das Sparprogramm aus dem Boden gestampft hat, doch den Mut, vor seine Leute zu treten und ihnen die Details seines Plans mitzuteilen, hatte er nicht. Das überließ er lieber Janina Kugler, der Personalchefin des Konzerns. Die 47-Jährige war es, die am Donnerstag auch der Öffentlichkeit die schlechten Neuigkeiten mitteilen und sich den Fragen der Journalisten stellen musste.

astermind Kaeser ward nicht gesehen. Kritik an seinem Führungsstil in der Krise ließ deshalb nicht lange auf sich warten. Kaeser rede gerne mit der Queen und mit Wladimir Putin, nicht jedoch mit den eigenen Mitarbeitern, kritisierte Jürgen Kerner, Aufsichtsrat der IG Metall.

Keine Basis für Gespräche

Für die Gewerkschaft steht fest, dass sie den angekündigten Jobabbau nicht hinnehmen wird. Schon gestern Nachmittag bildeten Mitarbeiter gemeinsam mit Berlins Bürgermeister, Michael Müller (SPD), eine Menschenkette rund um ein Siemens-Gasturbinenwerk in Berlin. Dort sollen 300 Jobs gestrichen werden.

Sollte der Vorstand bei seinen Plänen bleiben, werde die Gewerkschaft mit allen Mitteln dagegen ankämpfen, stellte Kerner gestern klar. Auch Streiks schließe er nicht aus. Und wieder war es Kugler und nicht Kaeser, die auf die Ankündigungen reagierte: „Ich hoffe, dass die Gewerkschaft vom Protest zum Dialog finden wird und wir einen Interessenausgleich zustande bekommen“, sagte sie. Sie wolle mit „den üblichen Instrumenten“ zu einer Einigung mit den Arbeitnehmern kommen. Dazu zählten „Abfindungen, Beschäftigungsgesellschaften, Weiterqualifizierungen, Frühpensionierungen und Altersteilzeit“. Seien genug Mitarbeiter bereit, diesen freiwilligen Maßnahmen zuzustimmen, dann gebe es auch keinen Grund, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Kuglers Wortmeldungen sind weder für die Siemens-Betriebsratschefin Birgit Steinborn noch für Kerner Basis für Gespräche: „Wir werden mit der Siemens-Führung über Schließungspläne verhandeln, wenn diese zurückgenommen werden“, richtete Kerner Kugler aus.

Kurz nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen forderte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern von Siemens Fairness. Die Kanzlerin bedauere die Entscheidung des Konzerns, Werke in Görlitz und Leipzig zu schließen, sagte ihr Sprecher. Dies sei eine Unternehmensentscheidung, die nicht nur für die betroffenen Menschen und Regionen, sondern für den Industriestandort Deutschland von großer Tragweite sei. Die Regierung gehe davon aus, dass sich die Unternehmensführung in sehr enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretern um faire Regelungen kümmere.

In Österreich wird es übrigens erst 2020, 2021 zu Stellenreduktionen kommen, teilte gestern Siemens-Chef Wolfgang Hesoun mit. Man werde sich aber bemühen „die Freistellungen so gering wie möglich zu halten“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2017)

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