Airbus-Chef Enders will nicht mehr

Tom Enders macht die Korruptionsaffäre schwer zu schaffen.
Tom Enders macht die Korruptionsaffäre schwer zu schaffen.(c) APA/AFP/GUENTER SCHIFFMANN
  • Drucken

Europas Luftfahrt- und Rüstungskonzern hat zur Korruptionsaffäre auch eine Führungskrise zu bewältigen. Der Aktie tut das bisher kaum weh.

Toulouse. Wochenlang wurde intrigiert, interveniert und heftig dementiert. Jetzt ist es doch fix: Der europäische Flugzeugbauer Airbus braucht eine neue Crew für die Chefetage. Zuerst verlässt der Franzose Fabrice Brégier, der als Chief Operating Officer auch für das zivile Flugzeuggeschäft zuständig ist, im Februar 2018 das Unternehmen. Dann folgt Konzernchef Tom Enders – nach Ablauf seines Vertrags im April 2019.

Das Unternehmen wolle sicherstellen, dass die Übergabe geordnet ablaufe, ein Nachfolger für Enders solle im kommenden Jahr gesucht werden, verlautete Airbus nach der Aufsichtsratssitzung. Für Brégier gibt es schon einen Nachfolger: Guillaume Faury, der derzeit die Hubschraubersparte leitet.

Der 56-jährige Brégier galt lange als Kronprinz. Zu seinen Verdiensten gehört die Lösung operativer Probleme beim größten Rivalen von Boeing. Doch seine Hoffnungen, Enders an der Spitze nachzufolgen, waren zuletzt gesunken. Nun erklärte Brégier, er wolle sich nicht für den Spitzenposten bei Airbus bewerben und verlasse deswegen das Unternehmen. Seine Hoffnung, dass sich die französische Regierung hinter ihn stelle, so wie das die deutsche Regierung mit Enders gemacht hatte, hat sich offenbar nicht erfüllt.

Neben den schweren Korruptionsvorwürfen, die auch den Führungswechsel ausgelöst haben, ist Airbus nun auch mit einer Führungskrise konfrontiert. Politische Kreise halten es für möglich, dass die deutsch-französische Doppelachse in Zukunft umgedreht wird. Derzeit ist der Franzose Denis Ranque Verwaltungsratsvorsitzender, während der Deutsche Enders die operative Führung innehat. Und der Franzose Brégier leitet wiederum eine Schlüsselposition. Im Mai 2019 könnten die Nationalitäten wieder tauschen.

Seit Wochen steht Airbus im Schussfeld wegen massiven Korruptionsverdachts im Zusammenhang mit dem Verkauf von Flugzeugen. Die französische Justiz ermittelt in einer Causa, die in Frankreich als „Kasachgate“ bekannt ist. Im Mittelpunkt steht ein von Frankreich und Kasachstan angekündigtes Geschäft im Umfang von zwei Mrd. Euro. Bei dem Deal im Jahr 2010 ging es unter anderem um die Lieferung von Hubschraubern und Lokomotiven an Kasachstan. Die Justiz untersucht, ob dafür Schmiergelder an Mittelsleute flossen. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt wiederum gegen Airbus wegen möglicher Zahlungen an die Londoner Firma Vector. Sie soll als eine Art schwarze Kasse für Airbus fungiert haben. Airbus hatte sich 2016 bei der britischen Antikorruptionsbehörde SFO selbst angezeigt.

Zu harte Vorgangsweise?

Enders, der Airbus seit 2012 führt, wird intern vorgeworfen, er gehe zu aggressiv bei der Aufarbeitung der Vorwürfe vor. Dem Manager, der nächstes Jahr 60 wird und eine Bilderbuchkarriere beim Militär (Major), in Politik und Wirtschaft hingelegt hat, setzen die Verdächtigungen offenbar mehr zu als er eingestehen will. Obwohl „Major Tom“ (so sein Spitzname aus der Bundeswehrzeit) bei Airbus schon viele Turbulenzen durchgestanden hat, etwa die Probleme beim A380 und dem Militärtransporter A400M.

Jetzt hat er sich vorgenommen, den Konzern ordentlich zu übergeben. Er greift hart durch und lässt amerikanische Anwaltskanzleien interne Untersuchungen durchführen. Brégier soll sich dieser harten Vorgangsweise nur zögerlich angeschlossen haben.

Immerhin: Den Großauftrag der US-Fluglinie Delta im Wert von elf Mrd. Euro, der am Donnerstag fixiert worden ist, kann Enders auf die Habenseite verbuchen. Ebenso die Entwicklung der Airbus-Aktie, die binnen Jahresfrist um 33 Prozent zugelegt hat. (eid/ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Airbus Chief Executive Tom Enders attends a ceremony during the delivery of the new Airbus A380 aircraft to Singapore Airlines at the French headquarters of aircraft company Airbus in Colomiers
Unternehmen

Airbus-Chef Tom Enders tritt 2019 ab

Auch die Nummer zwei des Unternehmens zieht sich zurück. Der Konzern ist derzeit von Korruptionsermittlungen erschüttert.
Airbus A320
Österreich

Airbus will 2017 mehr als 700 Maschinen ausliefern

Die Probleme rund um den neuen A320 seien gelöst worden, betont Airbus-Manager Fabrice Bregier. Ende November seien knapp 600 Flugzeuge ausgeliefert worden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.