Amazon-Geschäfte? "Keine Frage des Ob, sondern des Wann"

Ralf Kleber
Ralf Kleber(c) imago/argum
  • Drucken

Menschen kaufen on- und offline. Also will Amazon-Deutschland-Chef Ralf Kleber zu ihnen - in die Innenstädte, die bisherige Domäne der klassischen Händler.

Die Angst der europäischen Händler scheint berechtigt. Als der US-Onlineriese Amazon im Sommer auf einen Streich für 13,7 Mrd. Dollar die noble Supermarktkette Whole Foods auf seinem amerikanischen Heimatmarkt übernahm, mehrten sich besorgte Stimmen: Amazon könnte ähnliches in Europa planen.

Ralf Kleber zerstreut diese Sorgen in einem vorweihnachtlichen Interview mit der deutschen Funke Mediengruppe jedenfalls nicht. Der Mann, der mit dem deutschsprachigen Raum den zweitwichtigsten Markt des Onlinehändlers überwacht, ist so etwas wie Jeff Bezos' Statthalter in der alten Welt. Und wie sein Chef gibt er sich zugeknöpft in allem, was zukünftige Expansionen oder Übernahmen betrifft.

Bücher und Eier kaufen bei Amazon

Gefragt, wann Amazon traditionelle Geschäfte aus Stein und Beton aufsperren oder zukaufen will - wie in Seattle mit seinen Buchgeschäften, seinem vollautomatischen Supermarkt Amazon Go oder eben der Whole Foods Kette vorexerziert - antwortete Kleber nüchtern: "Das ist keine Frage des Ob, sondern des Wann." Wie schon beim Streaming, beim Cloud-Angebot, bei Technologien wie Alexa oder auch dem Modehandel, den der Konzern zurzeit stark in Angriff nimmt, gilt: Der Kunde will etwas, also soll er es bekommen. Kleber: "Kunden lieben Vielfalt online und im klassischen Handel. Letzterer steht in Deutschland immer noch für 90 bis 95 Prozent des Handelsumsatzes. Und wir werden uns nie dem verschließen, was der Kunde will."

Mit seinem Gang in die Innenstädte schlägt Amazon nicht aus der Norm. Mitbewerber wie der deutsche Onlinemodehändler Zalando oder der chinesische Internetriese eröffnen Flagshipstores, Supermärkte und planen ganze Einkaufszentren, um den Kunden on- und offline zu erreichen.

Privatpersonen als Zusteller

Im Gespräch mit der Funke Gruppe ließ Kleber auch durchschimmern, wohin die Reise noch geht: Amazon will bald auch Privatpersonen als Zusteller auf die Straßen schicken. Das sei nicht als Vollzeitberuf gedacht, sondern als Nebenverdienst für ein paar Stunden am Stück, und man halte sich natürlich an die Arbeitsschutzbestimmungen.

Außerdem werde Amazon weiter mit Zustellmöglichkeiten experimentieren - das Paket muss zum Kunden, nicht der Kunde zum Paket, laute das Motto. Packstationen kämen genauso in Frage wie die Zustellung hinter die Haustür (wie bereits in den USA erprobt), in den Kofferraum oder per Drohne (wie zurzeit in Großbritannien im Test). Auch spreche nichts gegen eine Expansion mit Amazon Fresh, dem Zustelldienst für frische Lebensmittel, in Deutschland. Wann die Kunden in weiteren Großstädten, unter anderem in Wien, ihre frischen Lebensmittel geliefert bekommen, gibt Kleber nicht preis. Knappe Antwort: "Die Tatsache, dass wir relativ schnell nach Berlin in Hamburg und München gestartet sind, sendet ja auch ein Signal.

>>> Interview in der "Berliner Morgenpost"

(loan)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tech-News

Zustellung von Online-Einkauf per App in den Kofferraum

Seat testet in zwei Parkhäusern in Barcelona eine App, mit der die Lieferung direkt in den Kofferraum erfolgt. Im nächsten Schritt soll dann der Zugriff automatisiert werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.