Der Aufsichtsrat macht Tabula Rasa: ein neuer Chef, Rochaden, geänderte Strukturen und die Basis für den Börsegang der Lkw-Sparte.
Wien/Wolfsburg. Dem VW-Konzern steht der größte Umbau seiner Geschichte ins Haus. Am gestrigen Mittwoch tagte deshalb der Aufsichtsrat. Auf der Agenda stand auch eine wichtige Personalrochade: Matthias Müller, der vor nicht einmal drei Jahren als Retter in der Not nach Wolfsburg geholt wurde, wurde abgelöst. Sein Nachfolger ist wie allgemein erwartet der bisherige VW-Markenmanager und frühere BMW-Vorstand Herbert Diess.
Der Konzern sortiert zudem seine zwölf Fahrzeug-Marken in drei Gruppen um: „Volumen“, „Premium“ und „Super Premium“. Herr über den umsatzstärksten Bereich – die Volumenmarken VW, Skoda und Seat – wird der neue Mann an der Konzernspitze. Er verantwortet außerdem Forschung und Entwicklung. Audi-Chef Rupert Stadler übernimmt den Vertrieb und Porsche-Chef Oliver Blume die Produktion.
Durch die Gliederung in sechs Geschäftsfelder und die Region China soll Volkswagen übersichtlicher und besser steuerbar werden. Mit dem größten Umbau in der Unternehmensgeschichte geht ein Sesselrücken im Vorstand einher. Neben Einkaufschef Francisco Garcia Sanz muss Personalvorstand Karlheinz Blessing seinen Hut nehmen. Für ihn rückt der bisherige Generalsekretär und Vertraute von Betriebsratschef Bernd Osterloh, Gunnar Kilian, in den Vorstand. Für die Nutzfahrzeugeinheit Truck & Bus sollen die Voraussetzung geschaffen werden, diese an die Börse zu bringen. Zur Sparte gehören die schwedische Marke Scania, der Lkw- und Busbauer MAN und dessen Brasilien-Tochter.
Verärgerte Betriebsräte
Der Chefwechsel sorgte für Ärger im Konzern. Vor allem die Betriebsräte sind irritiert. Es heißt, die Arbeitnehmerseite sei weitgehend nicht eingebunden gewesen. „Keiner wusste was. Das ist der helle Wahnsinn, was sich da abspielt“, sagte ein Insider. Laut „Handelsblatt“ fühlten sich auch einige Konzernvorstände vor den Kopf gestoßen. „Die Art und Weise, wie der Wechsel verkündet wurde, ist unsäglich“, zitierte die Zeitung einen Manager.
Der abgelöste Chef Müller bleibt VW bis Ende 2020 erhalten. So lange läuft nämlich sein Vertrag. Die Abfindung wäre so hoch, dass eine vorzeitige Auflösung Insidern zufolge keinen Sinn machen würde. Im Vorjahr verdiente Müller gut zehn Mio. Euro.
Die Volkswagen-Aktie lag am Donnerstagnachmittag mit rund zwei Prozent im Plus. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2018)