Kika/Leiner: Die Krise ist zurück

PK KIKA/LEINER ZU GEPLANTEN RESTRUKTURIERUNGSMASSNAHMEN: GEORGE
PK KIKA/LEINER ZU GEPLANTEN RESTRUKTURIERUNGSMASSNAHMEN: GEORGEGEORG HOCHMUTH / APA / picturede
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Ein Kreditversicherer will Lieferungen an die Möbelkette nicht mehr absichern. Hersteller liefern nun auf eigene Gefahr. Kika/Leiner erbittet sich eine Woche Zeit, um eine Lösung zu finden.

Kika/Leiner hat sein Sicherheitsnetz eingebüßt. Am Sonntagabend wurde bekannt, dass zumindest ein internationaler Kreditversicherer nicht länger einspringen will, wenn die Möbelkette ihre Lieferanten nicht bezahlen kann. Die Frage, die sich am Montag alle – angefangen von den Lieferanten und Kreditschützern bis hin zu Kika/Leiner-Chef Gunnar George selbst – stellten, lautete: Wieso genau jetzt?

Vieles liegt noch im Unklaren. Gesichert ist lediglich, dass der deutsche Kreditversicherer Euler-Hermes keine Risken mehr übernimmt. „Ja, wir haben die Limits mit Freitag aufgehoben“, sagt Oliver Heieck, Kommunikationschef der Euler-Hermes-Zentrale in Hamburg zur „Presse“. Kika/Leiner-Chef George traf der Schritt unvorbereitet: „Das hat sich nicht angekündigt. Am Donnerstag hätte ich noch gesagt: Das ist nicht möglich.“ Den Ende Jänner gestarteten Restrukturierungsplan habe man übererfüllt.

George bittet seine Lieferanten bis Ende der Woche um Zeit. Bis dahin will er eine „tragfähige österreichische Lösung“ auf die Beine stellen. Gespräche mit verschiedenen Kreditversicherern auf nationaler Ebene würden bereits laufen, so der Kika/Leiner-Chef am Montag zur "Presse". Sollten seine Bemühungen allerdings keinen Erfolg haben, würde das bedeuten, das Möbelproduzenten das Risiko von Zahlungsausfällen künftig selbst tragen müssten.

Gläubigerschützer: „Es steht Spitz auf Knopf“

Diese würden dann wohl auf Vorkasse umsteigen. Ein Bedrohungsszenario, das bereits im Jänner im Raum stand. Damals konnte George die Situation mit einer mehrere Millionen schweren Geldspritze der angeschlagenen Mutter Steinhoff vorübergehend entschärfen. Allerdings war es auch erst der Bilanzskandal rund um die südafrikanisch-deutsche Mutter, die die Krise bei Kika/Leiner auslöste.

„Jetzt steht es Spitz auf Knopf“, sagt Gerhard Weinhofer von der Creditreform zu den aktuellen Vorgängen bei der Möbelkette. „Die Frage ist: Traue ich mich, nur auf Treu und Glauben hinaus Küchen für 100.000 Euro zu liefern?“ Schon im Jänner hatte er die aufgeregten Lieferanten zur Vorsicht gemahnt. „Leider“ seien seine Warnungen nun bestätigt worden, so der Gläubigerschützer heute - schließlich stünden gut 5000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Ob Kika/Leiner die Liquidität für die Sofortzahlung aufbringen könnte, sei ungewiss. Vor allem, da Ende des Monats auch die Urlaubsgehälter anstehen.

Positiver schätzt Hans-Georg Kantner vom KSV die Situation bei Kika/Leiner ein. „Ich bin einigermaßen zuversichtlich, weil die handelnden Personen die Lage schon im Jänner unter Dach und Fach gebracht haben.“ Was der Auslöser für den aktuellen Schritt des Kreditversicherers war, könne er auch nicht sagen. Kantner erwartet allerdings, dass bis Ende des Monats Klarheit über das weitere Vorgehen herrscht.

Wie unklar die Situation ist, zeigt, dass auch George laut eigenen Angaben nur aus „zweiter Hand“ von der Kündigung der Kreditversicherung erfahren hat. Dem Vernehmen nach sollen die Kreditversicherer die Absicherung von Warenlieferungen nicht mehr für den gesamten Steinhoff-Konzern, sondern nur mehr auf nationaler, operativer Ebene übernehmen wollen. Während das in anderen Ländern reibungslos zu verlaufen scheint, gibt es in Österreich Probleme. Bei Steinhoff heißt es dazu: „Wir haben von einem Versicherer eine Kündigung erhalten. Derzeit betrifft diese Kündigung nur Kika/Leiner und nicht den Rest der Steinhoff-Gruppe.“

Die Banken sind nicht überrascht

Mit Argusaugen werden die aktuellen Vorgänge bei Kika/Leiner und der Mutter Steinhoff auch von den heimischen Banken beobachtet. Noch im Jänner betrugen die Kreditlinien der österreichischen Institute – fast alle namhaften Banken haben mit Steinhoff eine Geschäftsbeziehung – rund eine Milliarde Euro. Diese Zahl ist inzwischen auf einen Bruchteil geschrumpft. Man wolle nur mehr raus, heißt es in der Branche. Der Vertrauensverlust zu Steinhoff sei einfach zu groß.

Für Bankvertreter kommt daher auch der Schritt der Kreditversicherer nicht sonderlich überraschend. Man habe schon früher damit gerechnet. Für Kika/Leiner werde es nun jedoch schwierig, einen Ersatz auf österreichischer Ebene zu bekommen, heißt es weiter. Denn auch bezüglich der operativen Performance der Möbelkette zeigt man sich bei den heimischen Finanzinstituten deutlich skeptischer als Kika/Leiner-Chef Gunnar George selbst.

Ob sich ein neuer Kreditversicherer findet, bleibt abzuwarten. Definitiv gestiegen ist jedoch „die Wahrscheinlichkeit, dass Kika/Leiner verkauft wird“, sagt Handelsexperte Andreas Kreutzer. Dieses Szenario existiert bereits seit vergangenem Sommer, als die Bilanzunregelmäßigkeiten bei Steinhoff das erste Mal ruchbar wurden. Laut Kreutzer gibt es zwei deutsche Möbelketten (Höffner und Tessner), für die der Kauf Sinn ergeben würde. Der Grund: Beide sind durch die expansive XXXLutz-Gruppe auf ihrem Heimmarkt unter Druck geraten. Sie könnten so eine Gegenoffensive starten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2018)

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