Steinway: Der gute Ton kämpft ums Überleben

Dem Vernehmen nach liegt das Angebot für Steinway bei einer Milliarde Dollar.
Dem Vernehmen nach liegt das Angebot für Steinway bei einer Milliarde Dollar.(c) Clemens Fabry
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Wir sind es gewohnt, dass Traditionsunternehmen von Hedgefonds gekauft werden. Aber Steinway an Chinesen? Das geht gar nicht! Über Miss- und Zwischentöne in einem einst so virtuosen Geschäft.

Als Henry Z. Steinway vor zehn Jahren im Alter von 93 Jahren starb, widmete ihm die „New York Times“ einen langen Nachruf. „Der letzte Steinway“, der auch an der Spitze des legendären Klavierbauunternehmens gestanden habe, sei in seinem Wohnsitz in Manhattan gestorben. Tatsächlich verkörperte der Urenkel des 1851 aus Deutschland nach Amerika ausgewanderten Firmengründers Heinrich Engelhard Steinweg noch den alten Glanz des Traditionshauses. Er wurde hofiert, von Präsident George Bush mit Orden für seine Verdienste um die amerikanische Kultur bedacht, dabei war Henry Z. Steinway längst eine Gestalt einer vergangenen Zeit. Der Sir im Anzug mit der antiquierten roten Fliege war ein gebrochener Mann. In einem seiner letzten Interviews sagte er: „Leute fragen: Und Sie sind im Klaviergeschäft? Das existiert doch gar nicht mehr!“

Natürlich existiert das Klaviergeschäft. Aber die Musik spielt nicht mehr in New York, Berlin oder Wien wie noch vor 100 Jahren, sondern in China, Japan und Südkorea. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der chinesische Mischkonzern Poly Group Steinway übernehmen möchte. Die Meldung schlug wie eine Bombe ein. Nicht etwa, weil Poly Group vorwiegend im Waffengeschäft tätig ist. Vielmehr weil Steinway mehr als ein Klavierbauer ist. Für nicht wenige stellt Steinway eine Art Weltkulturerbe dar.

Schon einmal streckten asiatische Konzerne ihre Finger nach der New Yorker Kultmarke aus. Nach einem langen Bieterkampf ging Steinway an den Milliardär John Paulsen. Der hatte bis dahin nicht als kunstsinniger Mäzen, sondern als beinharter Hedgefonds-Manager auf sich aufmerksam gemacht. 2013 bezahlte er umgerechnet 434 Millionen Euro für die angeschlagene Klaviermanufaktur. Gerne erzählte Paulsen den skeptischen Steinway-Mitarbeitern von seiner Schwester, die sich als Kind so sehr einen Steinway gewünscht hatte – am Ende aber bitter geweint habe, als sich nur ein billiger Flügel ausging.

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