Thalia-Chef wehrt sich "gegen Vormarsch der funktionalen Analphabeten"

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Die Österreicher lesen immer weniger. Nun versucht die Buchhandelskette die heimischen Lesemuffel mit neuen Slogans zur Lektüre zu bringen.

"Um das Leseverhalten ist es im deutschsprachigen Raum schlecht bestellt." Mit diesen Worten leitete Thalia-Österreich-Chef Thomas Zehetner am Freitag die neue Kampagne der größten Buchhandelskette in Österreich ein. Nach Leserschwund und rückläufigen Umsätzen zieht die Kette die Reißleine. "Es ist Zeit, die Menschen wieder zum Lesen zu bringen", so Zehetner. Und in die Geschäfte.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Umsatz des österreichischen Buchhandels um neun Prozent verringert. 2017 waren die Umsätze der Branche um 1,5 Prozent rückläufig, die Zahl der verkauften Bücher reduzierte sich um 3,7 Prozent. Auch bei Thalia Österreich sind die Erlöse im Geschäftsjahr 2016/17 leicht von 128,8 auf 125,6 Mio. Euro zurückgegangen. Im noch laufenden Jahr 2017/18 seien die Umsätze zumindest stabil, sagte Zehetner auf Nachfrage.

Studien zeigen, dass die Österreicher immer weniger lesen. Zwar verbringen sie nicht insgesamt weniger Zeit mit Medien, allerdings konsumieren sie statt Büchern Musikvideos, Instagram und Netflix. "Die funktionalen Analphabeten sind am Vormarsch, die nicht mehr sinnerfassend lesen können", sagte Zehetner.

100 Mio. Euro für Filialumbau

Mit dem neuen Markenslogan "Welt, bleib wach" will die Buchhandelskette Aufmerksamkeit erregen und "wachrütteln". Ein provokanter Slogan lautet etwa "Donald Trump liest nicht gern". Ein anderer "Buch verschlingen statt Essen posten". Die Kampagne soll auf allen Kanälen laufen.

Die Filialen selbst sollen mit Cafés, Lesebereichen, Spielecken für Kinder und mehr Events einladender werden. Den Anfang machen drei Filialen in Deutschland, in drei Jahren sollen alle etwa 300 Standorte in Deutschland, Österreich und der Schweiz umgestellt sein. 100 Mio. Euro nimmt das deutsche Unternehmen dafür in die Hand. In Deutschland hat Thalia die Kampagne am Mittwoch vorgestellt.

Den Mittwoch ruft Thalia zum "Lesetag" aus, an dem die Kette mit mehr Aktionen und Veranstaltungen lockt. Auch die Zusammenarbeit mit Lesern, Autoren und Bloggern wird intensiviert. Ganz neu ist das alles nicht. Schon vor vielen Jahren konstatierte der frühere Thalia-Österreich-Chef Josef Pretzl: "Es reicht nicht mehr, einfach nur Bücher zu verkaufen. Das Einkaufserlebnis ist entscheidend."

Amazon ist größter Buchhändler

Die Buchbranche gehört zu jenen, die den Druck durch das Internetgeschäft als Erstes gespürt haben. Der größte Buchverkäufer in Österreich ist nicht etwa Thalia, wenngleich die Kette mit 35 Standorten am stärksten aufgestellt ist, sondern der Online-Händler Amazon. Der Onlineanteil im Buchhandel liegt bei etwa 25 Prozent. Der stationäre Handel selbst ist sehr fragmentiert, zahlreiche kleinere Läden mussten in den vergangenen Jahren zusperren.

Thalia war 2016 von einem Eigentümerkonsortium um die deutsche Verlegerfamilie Herder übernommen worden. Neben der Familie Herder gehören dazu auch der Digital-Unternehmer Leif Erik Göritz und der Thalia-Chef Michael Busch sowie die Unternehmerfamilie Kreke.

(APA)

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