Schlechtes Omen aus Amerika

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Nicht nur was den Gewinn angeht sind die goldgeränderten Bilanzen der Wall-Street-Häuser ein schlechtes Omen für die Deutsche Bank.

Die Katze aus dem Sack gelassen hat James von Moltke bereits Ende September. Auf einer Investorenkonferenz in London erklärte der Finanzchef der Deutschen Bank, er fühle sich mit den Schätzungen der Analysten für das dritte Quartal seines Instituts durchaus wohl. Zwar reagierte der Finanzmarkt damals nur mit einem leichten Minus, doch hinter von Moltkes dürren Worten verbirgt sich eine weitere Hiobsbotschaft für das durch zahlreiche Skandale, hohe Strafzahlungen und drei Verlustjahre in Folge gezeichnete größte deutsche Geldhaus.

Denn in den Prognosen der Experten für das Sommerquartal steckt ein Rückgang des Gewinns vor Steuern um satte zwei Drittel – von 933 Millionen Euro im Vorjahr auf nur noch 328 Millionen Euro. Unter dem Strich blieben dem Frankfurter Platzhirschen demnach sogar nur 153 Millionen Euro per Ende September übrig. Im Vergleich zu den großen US-Banken, die zuletzt mit Milliardengewinnen die Börse entzückten, ist das fast nichts. Die Zwischenbilanz des neuen Chefs Christian Sewing, der seit April versucht die Bank zu stabilisieren, fällt mau aus. Am Mittwoch (24. Oktober) gewährt er Investoren und Öffentlichkeit einen Blick in die Bücher seines Hauses.

Nicht nur was den Gewinn angeht sind die goldgeränderten Bilanzen der Wall-Street-Häuser ein schlechtes Omen für die Deutsche Bank. Auch der Ertragsmix von JP Morgan, Goldman Sachs, Morgan Stanley & Co. lässt wenig Gutes erahnen für die hiesige Konkurrenz. Vor allem der für die Deutsche Bank traditionell wichtige Handel mit Anleihen und Devisen lief nur mäßig bei den US-Dickschiffen. Den Deutschen dürfte es kaum besser ergangen sein. Im ersten Halbjahr stammten rund ein Viertel der Erträge der Frankfurter aus diesem Bereich. Im dritten Quartal werden es, glaubt man den Analysten, 1,37 Milliarden Euro sein – ein Minus von zwölf Prozent.

Baustellen überall

Damit nicht genug: während nämlich die Citigroup, Wells Fargo oder die Bank of America auf ihrem riesigen Heimatmarkt im Privatkundengeschäft punkten konnten und gutes Geld verdienten, dürften bei der Deutschen Bank hier nur magere 192 Millionen Euro übrig bleiben. Der Fondstochter DWS - durch Mittelabflüsse und den Abgang wichtiger Fondsmanager zuletzt belastet - geht es nicht wirklich besser. 134 Millionen Euro Gewinn trauen die Auguren DWS-Chef Nicolas Moreau im Sommerquartal zu. Ob sich der Franzose wie bei der Vorlage der Halbjahresbilanz im Juli erneut bei Sewing für den Gegenwind der Konzernmutter beschweren wird, bleibt abzuwarten. Schließlich wurde sein Ende kommenden Jahres auslaufender Vertrag bislang noch nicht verlängert.

Investmentbankchef Garth Ritchie hat der Aufsichtsrat hingegen im September für fünf weitere Jahre bestätigt. Ritchie, der die Sparte seit dem Abgang von Marcus Schenck im Frühjahr alleine führt, muss nun allerdings zeigen, was er und seine Mannschaft können. Das Dauerthema Kosten – Investmentbanker sind bekanntlich teuer und machen auch in puncto Spesenabrechnung nur selten Kompromisse – hat der Südafrikaner bislang noch nicht wirklich in den Griff bekommen. Anders lässt sich kaum erklären, dass von geschätzten 3,28 Milliarden Euro an Erträgen laut den Prognosen der Analysten lediglich 254 Millionen Euro Gewinn übrig bleiben dürften. Da hilft es wenig, dass die Deutsche Bank zuletzt bei prestigeträchtigen Börsengängen in der Heimat wie etwa dem von Knorr Bremse punkten konnte.

Auch für das gesamte Institut gilt: Unter dem Strich dürften die hohen Kosten wieder einmal kräftig an den Erträgen geknabbert haben. Analysten, deren Konsensschätzungen auf der Internetseite der Bank abrufbar sind, taxieren diese im dritten Quartal auf fast 5,5 Milliarden Euro. Finanzchef von Moltke hat bereits angedeutet, dass sie sogar einen Schnaps darüber liegen könnten – wie hoch genau, das ist eine der spannendsten Fragen, auf die es am Mittwoch eine Antwort geben wird. Schließlich ist es von Moltke höchstselbst, der von Sewing den Auftrag bekommen hat, jeden Euro zweimal umzudrehen und dafür zu sorgen, dass jeder in der Bank beim neuen Sparkurs auch mitzieht.

Dauerthema Fusion

Ob der Aufsichtsrat mit den Fortschritten Sewings zufrieden ist, wird der 48-jährige Manager ebenfalls am Mittwoch erfahren. Traditionell trifft sich nämlich das Kontrollgremium am Tag der Bilanzvorlage und lässt sich ausführlich über das Zahlenwerk informieren. Ob bei der Sitzung erneut das Reizthema "Fusion" auf den Tisch kommt, das die Bank im Sommer fast jeden Tag in die Schlagzeilen brachte, ist unklar. Bislang betont Sewing fast gebetsmühlenartig, dass er frühestens in 18 Monaten darüber nachdenken will - nach der Sanierung der Bank. Deren Fortschritt lässt sich unter anderem an der Zahl der Mitarbeiter ablesen. Zu Weihnachten 2019 sollen es "deutlich unter 90.000" sein. Ende des ersten Halbjahres gab es weltweit noch 95.429 Vollzeitstellen. 

(Reuters)

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