Kategorie Export

FML Logistics: Die Freude an selbst und ständig

Nicole Lurger hat in ihrem ersten Geschäftsjahr als von zu Hause aus tätige, selbstständige Logistikerin die eigenen Pläne und Erwartungen übertroffen. Umsatztechnisch schlägt sich das im Startjahr mit rund einer Million Euro nieder.
Nicole Lurger hat in ihrem ersten Geschäftsjahr als von zu Hause aus tätige, selbstständige Logistikerin die eigenen Pläne und Erwartungen übertroffen. Umsatztechnisch schlägt sich das im Startjahr mit rund einer Million Euro nieder.Günther Peroutka
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FML Logistics steht Buchstabe für Buchstabe für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – und für den Mut einer Frau in einer Männerbranche.

Wer das Kürzel von Nicole Lurgers Firma entschlüsselt, hat viel über die Motivation der Jungunternehmerin verstanden. „FML steht für Felix Maximilian Lurger. Ohne meine beiden Söhne, Felix, vier Jahre alt, und Maximilian, zweieinhalb, wäre es wahrscheinlich nie zur Gründung gekommen“, sagt die gebürtige Linzerin. Seit zwei Jahren ist sie alleinerziehende Mutter, Mitte 2017 wurden die Gedanken, dass sich etwas ändern muss, um Beruf und Kinder unter einen Hut zu bringen, unüberhörbar laut. Die Arbeit in einem Speditionsunternehmen erlaubte ihr nicht die notwendige Flexibilität, die Idee eines eigenen Unternehmens im Home-Office verschaffte sich zunehmend Raum.

„Ich wusste, dass es in einer von Männern dominierten Welt wie der Speditionsbranche nicht einfach wird, als Frau allein Fuß zu fassen. Aber ich dachte: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ Gedacht, getan. Punkt für Punkt arbeitete Lurger die Checkliste auf dem Weg zur Selbstständigkeit ab. Gewerbeschein, Logo und Homepage, Wahl eines Steuerberaters und der richtigen Versicherung, Überlegungen zur Kundenakquisition und Gestaltung der Buchhaltung etc. Das Gründerservice der WKO half als Anlaufstelle, die Behördengänge wurden Schritt für Schritt erledigt–bis zum 1. März 2018. Nach knapp 20 Jahren des Angestelltendaseins war Nicole Lurger erstmals selbstständig.

Kompetenz und Vertrauen

„Mein Anfangskapital betrug 15.000 Euro plus Kontokorrentkredit der Bank. Nicht viel, wenn man bedenkt, dass Neugründer einiges vorfinanzieren müssen. Gerade im Schwergut und Projekttransport steigen die Kosten schnell auf beachtliche Summen“, erinnert sich Lurger an die bewegten ersten Monate. Was half, waren das über zwei Jahrzehnte angesammelte Know-how in verschiedensten Bereichen der Branche, die Klarheit über die Art und Weise, wie sie arbeiten möchte, und das Wissen, was Kunden wünschen. „Im Projektgeschäft mit hohen Warenwerten geht es um Werte wie Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Was ich anbiete, muss ich einhalten.“ Als hilfreich erwiesen sich zudem die neu gewonnenen kurzen Entscheidungswege, die sich in einem unübersichtlichen Instanzengewirr größerer Unternehmen nur schwer beschreiten lassen. Dank eines Partners in Hamburg, der der Jungunternehmerin von Anfang an ein gutes Zahlungsziel einräumte, konnte Lurger rasch ihre damaligen Kunden von FML Logistics überzeugen. „Er ist bis heute eine wertvolle Unterstützung, auch wenn die Hilfeleistungen mittlerweile schon stärker auf Gegenseitigkeit beruhen“.

Rund zehn Monate nach dem Neustart kann die Jungunternehmerin eine erste hoch erfreuliche Zwischenbilanz ziehen. In ihrem Feld des Maschinentransports zeichnet sie für die Versendung von bislang 3300 Tonnen Fracht verantwortlich, auf der Straße per Lkw sowie auf dem Seeweg. Die Liste der angesteuerten Länder reicht beispielhaft von Costa Rica in Zentralamerika über Südafrika bis zu China oder Taiwan im Fernen Osten und zeugt von einem weltumspannenden Netzwerk.

In puncto Umsatz hat Lurger die eigenen Erwartungen bereits bei Weitem übertroffen. 400.000 Euro sollten es bis Ende 2018 laut Businessplan sein, rund eine Million ist es geworden. Für 2019 sind neben der kontinuierlichen Umsatzsteigerung neue Ziele anvisiert: „Der nächste Schritt für FML Logistics ist die ISO-9001-Zertifizierung, geplant für Mitte bis Ende des Jahres.“ Die Akquisition neuer Kunden dürfe natürlich auch nicht vernachlässigt werden. Und das Unternehmen soll zur Marke im Projektbereich weiter aufgebaut werden.

Ganz allein wird die Arbeit dann nicht mehr zu bewerkstelligen sein. Einen Angestellten ins Boot zu holen ist allerdings nicht der bevorzugte Plan: „Ich will keinen Befehlsempfänger. Ich suche einen Partner auf Augenhöhe, der ähnlich wie ich denkt und handelt, um das Wachstum gemeinsam voranzutreiben.“ Das Dirigieren als Chefin war und ist ohnehin nicht Lurgers Sache. Was für sie zählt, ist nicht die Selbstdarstellung, sondern die Freude an der Arbeit an sich sowie die Freiheit, mutige Entscheidungen zu treffen und danach zu handeln – Entscheidungen wie jene für ein Home-Office, um in jeder freien Minute in der Nähe der Kinder zu sein: „Es ist anstrengend, aber ich habe noch keinen einzigen Tag bereut.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2019)

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