Durchschnittsverschuldung bei Privatinsolvenzen auf 100.000 Euro angestiegen

(c) Bruckberger
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Die Zahl der Privatinsolvenzen könnte 2018 erstmals über 10.000 steigen. Die Novelle des Insolvenzrechtsänderungsgesetz sorgt für Welle an neuen Privatinsolvenzen.

Die Zahl der Privatinsolvenzen in Österreich könnte im Jahr 2018 erstmals die Marke von 10.000 überschreiten, prognostiziert der Gläubigerschutzverband Creditreform am Mittwoch. Im Vorjahr lag die Zahl noch bei 8176 und damit auf dem tiefsten Stand seit 2006. Bei den Firmeninsolvenzen rechnet der Verband dagegen dank der nach wie vor niedrigen Zinsen und der guten konjunkturellen Entwicklung nur mit einem leichten Anstieg und erwartet bis Jahresende rund 5400 Anträge, nach 5318 Anträgen 2017.

Der Grund für die heurige Welle an neuen Privatinsolvenzen liegt laut Creditreform-Geschäftsführer Gerhard Weinhofer vor allem in dem im November 2017 in Kraft getretenen Insolvenzrechtsänderungsgesetz (IRÄG 2017). Diese ermöglicht Privatpersonen eine schnellere und leichtere Entschuldung, da die verpflichtende Mindestquote von zehn Prozent sowie die Entschuldungsdauer von sieben Jahren gekippt wurden.

Mangelnde Finanzbildung als Mitursache

Aus Gläubigersicht ist die Gesetzesnovelle ein zweischneidiges Schwert. Für die Unternehmen ist es einerseits natürlich wünschenswert, dass Privatpersonen nicht zu lange zahlungsunfähig sind und bald wieder als Konsumenten zur Verfügung stehen, erklärt Weinhofer auf APA-Anfrage. Insofern sei es auch vernünftig, die Menschen durch ein rascheres Konkursverfahren rasch wieder in den Wirtschaftskreislauf zu integrieren. Auf der anderen Seite sei jedoch auch zu berücksichtigen, dass Unternehmen immer öfter auf 100 Prozent ihrer Gläubigeransprüche verzichten müssten. Dadurch drohen Firmen in eine Schieflage zu geraten und laufen Gefahr, selbst in die Insolvenz zu rutschen, führt Weinhofer aus.

Vor allem ehemalige Selbstständige mit hohen Verbindlichkeiten hätten der Untersuchung der Creditreform zufolge auf die Gesetzesnovelle gewartet und würden nun die neuen Bedingungen in Anspruch nehmen um sich zu entschulden. Daher sei auch in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres die Durchschnittsverschuldung von rund 70.000 Euro im Vorjahreszeitraum auf 100.000 Euro angestiegen.

In Privatkonkurs seien aber auch viele Privatpersonen, "die über kein Erwerbseinkommen oder lediglich über einen nicht-pfändbaren Sozialbezug verfügen", heißt es in der Aussendung. Für diese stellt sich für Weinhofer die Frage, ob hier nicht zu wenig präventive Maßnahmen ergriffen wurden um diese Personengruppe vor der Insolvenz zu bewahren. Er plädiert in diesem Zusammenhang vor allem für verstärkte Finanzbildung. Damit sich Unternehmen besser vor zahlungsunfähigen Kunden schützen können, wäre es aus Weinhofers Sicht außerdem sinnvoll, das Exekutionsregister für Unternehmen zu öffnen. In diesem kann nachgeschlagen werden, ob und wie viele Insolvenzverfahren eine Person bereits offen hat.

Rückgang erwartet

Für die kommenden Jahre rechnet Weinhofer damit, dass die Welle bei den Privatinsolvenzen wieder etwas abebbt, geht aber weiterhin von Zuwächsen im zweistelligen Prozentbereich aus. Auch bei den Firmeninsolvenzen geht Weinhofer kurz- bis mittelfristig von einem weiteren Anstieg aus und verweist hier vor allem auf makroökonomische Faktoren. Der Verband rechnet in den kommenden zwei bis drei Jahren mit einem Anstieg der europäischen Leitzinsen gepaart mit einer leichten Eintrübung der Konjunktur.

Bisher fiel der Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen jedoch moderat aus. In den ersten drei Quartalen 2018 stieg die Zahl der Firmeninsolvenzen um 25 oder 0,6 Prozent im Vergleich zu den ersten neun Monaten des Vorjahres. Die Zahl der Privatinsolvenzen stieg dagegen in den ersten drei Quartalen 2018 um deutliche 55,4 Prozent zur Vorjahresperiode auf 8.783 an.

(APA)


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