1938: Österreichs Abwehrschlacht gegen Hitler, die nie stattfand

Bundesheer (diesfalls während der Februarunruhen 1934)
Bundesheer (diesfalls während der Februarunruhen 1934)AKG-Images/picturedesk.com
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Das Bundesheer hatte ab 1935 gegen einen deutschen Angriff den "Jansa-Plan" entwickelt. Dass man dennoch verlieren würde, nahm man an, hoffte aber auf Hilfe Italiens. Letztlich behinderten weder der Duce noch Österreichs Militär den Einmarsch am 12. März 1938.

Österreich, Februar 1938. Die politische Lage hinsichtlich Deutschlands und der Umtriebe illegaler Nationalsozialisten spitzt sich gefährlich zu. Adolf Hitler zwingt Bundeskanzler Kurt Schuschnigg zum Unterschreiben des Berchtesgadner Abkommens, das Maßnahmen zur Begünstigung der Nazis inklusive Regierungsbeteiligung in Österreich festschrieb.

Als aber Schuschnigg im März eine Volksabstimmung darüber ansetzt, ziehen die Deutschen eine Invasionsarmee an Österreichs Grenze zusammen. Darauf war das Bundesheer an sich seit Jahren vorbereitet, es gab einen Verteidigungsplan. Aber nichts geschah. Hätte sich das Heer zumindest zeitweise Zeit halten können? Dazu ist ein Zeitsprung in die Vergangenheit nötig.

Der "Verein für Paraden"

"Das Bundesheer war kein militärischer Körper mehr, sondern ein reiner Verwaltungskörper (...), ein sich für Paraden vorbereitender Verein, der sich Luftschlössern hingibt", meinte der 1924 pensionierte General und spätere Bundespräsident (1951-1957) Theodor Körner über das Bundesheer der 1920er-Jahre.

Kein Wunder: Die Sieger von 1918 hatten im Vertrag von Saint-Germain die einst riesige k.u.k.-Armee zu einem Gnom gestutzt: Nur noch mickrige 30.000 Mann in sechs Brigaden durfte das Heer haben, die den ersten internen Weisungen zufolge geografisch verteilt im Land so zu werben waren: Wien 9000 Mann, NÖ 6500 Mann, OÖ 4000, Steiermark 4000, Tirol 1700, Kärnten 1700, Burgenland 1500, Salzburg 1000, Vorarlberg 600 Mann.

Selbst dieser Aktivstand wurde nicht zuletzt aus Finanzgründen nur selten erreicht, in vielen Jahren waren es weniger als 25.000 Mann.

Die durften nur 450 Maschinengewehre haben, 90 leichte bis mittlere Geschütze, maximal vom Kaliber 105 Millimeter. Und sonst fast nichts: keine Panzer, keine Kampfflugzeuge, keine Fliegerabwehrwaffen, keine Flammenwerfer. Und keine Wehrpflicht. Die Erste Republik war militärisch weit schwächer als alle Nachbarn (außer Liechtenstein).

Wien, Parade des Bundesheeres anno 1930
Wien, Parade des Bundesheeres anno 1930Bundesarchiv

Die Tatsache, dass man bei historischen Aufnahmen zur Zeit des Bürgerkriegs 1934 seltsam rundliche Panzerwagen sieht, hat indes mit dem Bundesheer nichts zu tun: Das waren Radpanzerautos vom tschechischen Typ Škoda P.A.2, auch "Schildkröte" genannt, die mit vier Maschinengewehren auffallend feuerstark waren und schon durch ihr Erscheinen für Furcht sorgten. Sie waren aber extrem dünn gepanzert (drei bis 5,5 Millimeter), nur wenig geländegängig und taugten keinesfalls für ein kriegsmäßiges Umfeld, abgesehen von der Sicherung des Hinterlandes. Und so waren diese Wagen auch nicht für die Armee, sondern für die Wiener Polizei beschafft worden - insgesamt drei Stück.

Škoda-"Schildkröte" in Floridsdorf, Februar 1934
Škoda-"Schildkröte" in Floridsdorf, Februar 1934Archiv

Anfang 1938 war vieles anders: Im Laufe der Jahre, durchaus schon ab Ende der 1920er, hatte Österreich zunächst heimlich, später mit Duldung der passiven Großmächte, ganz unverblümt und in großer Zahl jedenfalls ab 1935 neue Waffen gekauft, die Wehrpflicht eingeführt, das Friedensheer auf 60.000 Mann verstärkt; es bestand nun aus sieben Infanteriedivisionen, einer Brigade und der „Schnellen Division" aus motorisierter Infanterie und leichten Panzern.

Die wunderbare Vermehrung der Kanonen

Es gab jetzt mehr als 80 leichte Panzer und Radpanzer, ebenfalls mehr als 80 Kampfflugzeuge - insgesamt waren es im März 1938 samt Transportern, Schulflugzeugen, Aufklärern, Verbindungsflugzeugen und Altmaterial exakt 243 Motorflugzeuge, die Hälfte davon allerdings "undienstbar", wie es in einer deutschen Bestandsaufnahme hieß. Man hatte plötzlich 905 Geschütze aller Kaliber (darunter zwei schwere 30,5 cm Škoda-Mörser), das war also eine Verzehnfachung gegenüber früher - wie aber dieses Kunststück zustandegekommen war, dazu später.

Man hatte nun auch eine nennenswerte Anzahl Fliegerabwehrwaffen, ausreichend Lkw und Zugmaschinen und allerhand anderes, für diese Zeit im Weltschnitt noch durchaus taugliche Gerät, das man gern auch herzeigte, siehe diesen Film von 1935:

Dazu kamen noch 67.000 Reservisten und 100.000 Mann „Frontmiliz" – eine leicht bewaffnete Truppe, gebildet aus aufgelösten Wehrverbänden für den Grenz- und Objektschutz.

Offizier und Bauarbeiter

Und es gab Feldmarschall-Leutnant Alfred Jansa, Edler von Tannenau. Der 1884 in Galizien geborene Offizier wurde 1935 Generalstabschef und sollte allerhand ins Rollen bringen.

Den Beginn des Ersten Weltkriegs hatte Alfred Jansa 1914 als Hauptmann just in der 9. Gebirgsbrigade in Sarajevo erlebt, als dort der weltgeschichteverändernde Mord am österreichischen Thronfolgerpaar stattfand. In der Folge kam er als Stabsoffizier in die Kommandostäbe verschiedener k.u.k.-Armeen, in den Verbindungsstab zu den bulgarischen und deutschen Streitkräften. Zuletzt war er Generalstabschef einer Kavalleriedivision in Südtirol.

Nach der Auflösung der Monarchie blieb Jansa zunächst der neu aufgestellten, bis 1920 so heißenden "Volkswehr" fern, weil sie ihm "halbkommunistisch" vorkam. Stattdessen schlug er sich als Mitarbeiter in der Briefzensur-Stelle des Finanzministeriums in Salzburg durch, als Beamter in einer ebenfalls dortigen Betreuungs- und "Verteilungs"-Behörde für aus der Gefangenschaft Heimkehrende, und, notgedrungen in dieser sehr harten Zeit, sogar als Bauarbeiter. Es kam so weit, dass Jansa sich überlegte, eine eigene Baufirma zu gründen.

Alfred Jansa
Alfred JansaArchiv

Schon im Sommer 1920 wurde er wieder ins Militär aufgenommen. Zunächst war er Stabschef, dann, als Generalmajor, Kommandant der 3. Brigade in St. Pölten, wo er bis 1932 blieb. Dann wechselte er in die I. Abteilung des Heeresministeriums - das war in Wahrheit der getarnte Generalstab, den es aufgrund der von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs oktroyierten Regeln des Vertrags von Saint-Germain eigentlich gar nicht geben durfte.

Er roch die Absichten Nazideutschlands

1933 vertrat Jansa Österreich bei der letztlich gescheiterten Genfer Abrüstungskonferenz der Jahre 1932-1934 (Verhandlungen hinter den Kulissen gab es bis 1937), wo er viele Offiziere kennenlernte, gerade auch solche, die in Deutschland bald noch hoch aufsteigen würden.

Damals spürte er, wie er später berichtete, den aggressiven Hauch der nationalsozialistischen Politik, während er gleichzeitig die großen Westmächte und andere europäische Staaten in einer zusehends gefährdeten Position sah: Sie unterschätzten nämlich die deutschen Kriegsabsichten, wurden vielfach, vor allem in Frankreich und Großbritannien, den Niederlanden und Norwegen, von defensiven und pazifistischen Strömungen unterminiert, und blieben in ihrem militärisch-technologischen Denken in der Tradition des Ersten Weltkriegs verhaftet, während die Deutschen (und Sowjets!) schon am modernen schnellen Panzerkrieg samt motorisierter Infanterievorstöße und taktischer Luftunterstützung feilten.

Comic über das Ende der Genfer Abrüstungskonferenz 1937
Comic über das Ende der Genfer Abrüstungskonferenz 1937David Low/gemeinfrei

In seinen in den 1950ern und bis Anfang der 60er geschriebenen Memoiren "Aus meinem Leben" (hier der Link zu einem Auszug) heißt es auch etwa: "Da ich nun reichlich Zeit hatte, nahm ich mir auch Hitlers Buch «Mein Kampf» vor, das ich schon in St. Pölten in der Hand gehabt hatte. Ich war neuerdings entsetzt über dessen Hass gegen unser Kaiserhaus, die Einschätzung Wiens und der österreichischen Bevölkerung. Die Lektüre dieses Buches vertiefte meine scharfe Ablehnung des Nazitums zu dessen schärfster Verurteilung."

"Der deutsche Militärattaché widert mich an"

Jansa ging als Militärattaché zur österreichischen Botschaft in Berlin, wo ihm die Lage und Stimmung zusehends unheimlich schienen und er zum Schluss kam, man müsse sich gegen das erstarkende Deutschland wappnen, so gut es eben mit den begrenzten Möglichkeiten des armen Österreichs gehen würde. Tatsächlich rechnete er für die Zeit ab 1939 mit Versuchen der Deutschen, Österreich ins Reich zu holen.

Dem Österreich-treuen Jansa war das zuwider: „Es durfte in Deutschland keinen Zweifel an unserer unbeugsamen Entschlossenheit (zum Kampf, Anm.) geben", schrieb er in seinen Memoiren. Die Nazis hasste er: Den deutschen Militärattaché in Wien, Generalleutnant Muff, habe er „ablehnend behandelt, weil mich seine den gebotenen Takt eines Militärattachés verletzende Agitation für den Nationalsozialismus anwiderte."

Als er 1935 de facto, formell und auch dem Wortlaut nach im April 1936 Generalstabschef wurde, kurbelte Jansa einen Aufrüstungsplan an, von dem er zwar wusste, dass Österreich sich auch dadurch gegenüber Deutschland auf Dauer nicht halten können würde - er setzte allerdings auf andere helfende Mächte, vor allem auf Italien, von dem er sich eine Intervention im Falle einer deutschen Invasion versprach. Dabei verkalkulierte er sich leider kräftig, weil sich Hitler und Mussolini einander bald amikal annäherten.

Die vier Divisionen der West-Armee

Also entstand der als „Jansa-Plan" bekannte Kriegsplan „DR", für "Deutsches Reich". Seine Grundidee: Für die Deutschen wäre Wien das eigentliche strategische Ziel. Das hügelige, stark zerklüftete, von Flüssen und Bächen zerschnittene Gebiet in Oberösterreich nördlich der Donau wäre freilich deren Vormarsch hinderlich - also müsste man vorrangig den flacheren Raum südlich der Donau sperren: Und zwar günstigenfalls entlang der Flüsse Traun und Enns, da dort die Entfernung zwischen der Donau und dem Aufschwung der Alpen am geringsten ist.

Also sollte dort die Masse der Truppe als „Westarmee" aufmarschieren: nämlich die 1., 2., 3. und 5. Division sowie ein Artillerieregiment (siehe Karte unten). Die 4. (Linzer) Division und Teile der Schnellen Division sollten die Deutschen im Vorfeld (Inn- und Hausruckviertel, Flachgau) bremsen, würden dabei aber wohl weitgehend zerschlagen. Die aus Kärnten heranrückende 7. Division und die 8. Brigade in Salzburg sollten die Salzach sperren und Stöße nach Süden ins Ennstal stoppen, die 6. Division würde Tirol schützen.

Abgeschnitten vom Westen durch Aufgabe Vorarlbergs 

Vorarlberg würde man eher schnell räumen und den Arlberg sperren. Das Vorarlberger Jägerbataillon sollte in Tirol weiterfechten - auch wenn so der Kontakt zum möglicherweise rettenden, menschlich ohnehin lockenden Westen via bzw. inklusive der Schweiz dadurch verloren ginge. Es war eben aus Gründen der militärischen Kapazitäten und nachvollziehbarer Prioritäten strategisch nicht anders möglich.

Die leicht bewaffnete Miliz sollte derweil den Abwehrschirm an den übrigen Staatsgrenzen stellen, vor dem Angriff an der deutschen Grenze aufklären und sichern und bisweilen lokal im Haupteinsatzraum agieren, etwa durch Hinterhalte und Sabotage. Im Kampfbereich würden vorbereitete Bunker und Feldstellungen bemannt, Minenfelder und Panzersperren aktiviert; einige Gebiete wollte man sogar mit Senfgas vergiften.

Die Defensivaufstellung des Bundesheeres laut Jansa-Plan
Die Defensivaufstellung des Bundesheeres laut Jansa-PlanHildegunde Rieger

Könnte die Westarmee die Traun-Linie nicht halten, sollte sie hinter die Enns gehen; müsste sie auch dort weichen, waren Rückfallspositionen entlang weiterer Flüsse denkbar, etwa an der Ybbs, ansonsten müssten sich die Reste in Alpentäler retten und von dort heraus Störangriffe in die deutsche Flanke führen. Eine nachhaltige Verteidigung Wiens wurde offenbar nicht angestrebt, jedenfalls lässt sich Jansa in seinen Memoiren dazu nicht aus.

Hätte sich das Bundesheer halten können? Nun, Österreichs Infanterie war sehr gut trainiert und (weltweite Seltenheit) sehr stark mit Maschinenpistolen, also Schnellfeuerwaffen, bewaffnet, hatte also ungewöhnlich hohe Feuerkraft. Die motorisierte Infanterie war sehr modern.

Die neuen 47-mm-Panzerabwehrkanonen Modell 35/41 von Böhler waren die stärksten panzerbrechenden Waffen der Welt damals, konnten jeden deutschen Panzer zu der Zeit mühelos knacken, waren leicht zu transportieren, hatten eine geringe Silhouette und konnten mit einer gut trainierten Mannschaft durchaus bis zu 15 Schuss pro Minute verfeuern. In Lizenz gebaut oder exportiert wurden sie unter anderem nach Finnland, Rumänien, in die Niederlande und sogar nach China.

Die Niederländer, die im Mai 1940 im Zuge des deutschen Westfeldzugs nach vier Tagen aufgaben, schossen mit Böhlerkanonen immerhin mindestens 25 deutsche Panzer bei den Kämpfen um Dordrecht und Rotterdam ab, dazu eine unbekannte Zahl gepanzerter Fahrzeuge.

Mit der stark ausgebauten artilleristischen Ausstattung ließ sich defensiv in begrenzten Räumen außerdem schon einiges anfangen.

Niederländer mit Lizenzbau der 47-mm-Kanone von Böhler
Niederländer mit Lizenzbau der 47-mm-Kanone von Böhlerwww.mei1940.nl

Die spielzeughaft anmutenden, nur mit einem MG bewaffneten CV-33 und CV-35-Tanketten von Fiat-Ansaldo aus Italien (das CV stand für Carro Veloce, also schneller Wagen) waren nicht bedeutend schwächer als die meisten damaligen deutschen Panzer, welche zumeist auch nur mit MG und/oder 20-mm-Kanonen bestückt waren, allerdings drehbare Türme und eine etwas stärkere Panzerung hatten. Weder diese leichten deutschen Panzer (Typ I und II) noch die italienischen Minipanzer waren allerdings gegen andere Panzer wirklich brauchbar, wie bereits der Spanische Bürgerkrieg gezeigt hatte; es ging bei diesen Fahrzeugen doch noch vor allem um die Bekämpfung weicher Ziele wie Infanterie, Artillerie und von Versorgungseinheiten im Hinterland.

Fiat-Ansaldo CV-35 Tanketten in Wien 1935
Fiat-Ansaldo CV-35 Tanketten in Wien 1935Archiv

Siehe diese Kleinpanzer bei einem Manöver in Oberösterreich 1936:

Hochinteressant waren indes die vierachsigen Aufklärungs-Panzerwagen "ADGZ" (Austro-Daimler Gelände-Zugwagen) von Steyr-Daimler-Puch, die schnell (70 km/h) und gut geländegängig waren, kaum schlechter gepanzert als die Tanketten, mit einer 20-mm-Kanone und zwei bis drei Maschinengewehren aber weitaus stärker bewaffnet. Das Heer hatte davon allerdings nur zwölf Stück in der Schnellen Division. Weitere 14 standen bei Polizei und Gendarmerie.

Steyr ADGZ 1937, Bild datiert auf April 1937
Steyr ADGZ 1937, Bild datiert auf April 1937histclo.com

Die Deutschen übernahmen diese Wagen nach dem Einmarsch sofort und brachten sie schon bei der Besetzung des Sudetenlandes im Herbst 1938 und beim Krieg gegen Polen 1939 zum Einsatz - man sieht solche ADGZ-Wagen (es waren drei) auf den bekannten Bildern vom Sturmangriff von SS-Einheiten und Polizei auf das polnische Postamt in Danzig am 1. September 1939. Siehe diesen Film:

Später baute Steyr noch zwei Dutzend ADGZ, die bei der Partisanenbekämpfung am Balkan und in der UdSSR zum Einsatz kamen. Das Fahrzeug hatte übrigens die ganz seltene Eigenschaft, dass es eigentlich weder Vorder- noch Rückseite hatte: Es gab zwei Fahrerstände, also eine Doppellenkung, der Wagen konnte in beide Richtungen mit derselben Motor- und Getriebeleistung fahren.

CV-Tanketten und AGDZ-Radpanzer
CV-Tanketten und AGDZ-Radpanzerarmorama.com

Zumindest die 36 Jagd-Doppeldecker CR.32 (strenggenommen Anderthalbdecker, ebenfalls von Fiat; nach anderen Quellen waren es im März 1938 41 Stück) waren im Globalstandard noch nicht veraltet (die etwa 35 älteren CR.20 allerdings schon), standen aber sehr kurz davor und würden gegen die schnittigen, robusteren, schnelleren und stärker bewaffneten deutschen Tiefdecker-Jagdflugzeuge Messerschmitt Bf 109 doch meist schlechter abschneiden. (Doppeldecker gab es bei den Deutschen allerdings auch noch.)

Fiat CR.32 anno 1937 auf dem Flugfeld Wien-Aspern
Fiat CR.32 anno 1937 auf dem Flugfeld Wien-AspernPinterest/Alexander Hohl

Die mit zwei bis vier MG bewaffneten CR.32 waren erst Ende 1936 zu 45 Stück geliefert worden und damals noch die Standardjagdflugzeuge der Italiener. Man pries allgemein ihre Flugeigenschaften, sie waren auch etwa nach Spanien, Ungarn, China und Venezuela verkauft worden. Hier ein Link zu einer kurzen, gut bebilderten Geschichte über dieses Flugzeug im Bundesheer.*

Die wenigen, etwa ein Dutzend leichten Bomber deutscher und italienischer Provenienz (etwa die vier Caproni Ca.133, vier MG, 500 Kilogramm Bombenlast, mit max. 280 km/h auch äußerst langsam) konnten in der Kalkulation des Bundesheeres indes keine nennenswerte Rolle spielen.

Fiat CR.20, damals schon obsolet
Fiat CR.20, damals schon obsolethttp://planetoplano.blogspot.co.at
Einer von vier Bombern Caproni Ca.133, auch als Transporter genutzt
Einer von vier Bombern Caproni Ca.133, auch als Transporter genutzt http://planetoplano.blogspot.co.at

Beschämend wenig Munition, schäbige Kasernen

Es gab aber vor allem doch zu wenige Panzerabwehrwaffen, zu wenig Fliegerabwehr und trotz allem immer noch zu wenig Artillerie. Der Munitionsbestand war überdies beschämend niedrig: Die Artillerie etwa hatte nur für drei (!) Tage Regelausstattung an Munition, auch die Infanterie konnte einen unter Umständen doch wochenlangen Kampf nicht durchhalten.

Überhaupt war der Allgemeinzustand des österreichischen Heeres schlecht: „Der Bekleidungszustand ist dürftig", meinte ein deutscher Offizier nach einem Besuch der Kaserne in Bregenz. „Die Offiziersmesse der Kaserne Klosterneuburg ist geradezu ärmlich", schrieb ein anderer Deutscher, wie generell das Gerät des Bundesheers „auf billigste Ausstattung abgestellt" sei.

In Österreich entstanden in der Zwischenkriegszeit allerhand interessante bis schräge Fahrzeuge, etwa die "ADMK" (Austro-Daimler Motorkarretten), das waren offene Fahrzeuge bzw. Zugmaschinen, die sowohl mit Ketten als auch Rädern fahren konnten, hier Versionen als MG-Träger.
In Österreich entstanden in der Zwischenkriegszeit allerhand interessante bis schräge Fahrzeuge, etwa die "ADMK" (Austro-Daimler Motorkarretten), das waren offene Fahrzeuge bzw. Zugmaschinen, die sowohl mit Ketten als auch Rädern fahren konnten, hier Versionen als MG-Träger.Bundesheer/aviarmor.net

Doch wie auch immer: Selbst bei bester Ausstattung des Bundesheeres waren die deutsche Wehrmacht und Luftwaffe insgesamt zahlenmäßig einfach zu überlegen - und entschlossener. Zum Vergleich: Die deutschen Streitkräfte zählten zu jener Zeit mehr als drei Millionen Mann, zu Lande mindestens 72 Infanterie- und Gebirgsdivisionen, 21 Landwehrdivisionen (leichte Infanterie für vor allem defensive Zwecke) und drei Panzerdivisionen, zahlreiche Sonderformationen, und an Material unter anderem mehr als 1500 Panzer, über 1500 Jagdflugzeuge und 2000 Bomber aller Art.

Da halfen also insgesamt auch keine Manöver, von denen noch 1937 von ausländischen Medien filmisch groß berichtet wurde (man sieht hier in diesem Video besonders viel Gerät, etwa Tanketten, Radpanzer, Böhler-Kanonen, Granatwerfer, Flugzeuge):

Feldmarschall-Leutnant Jansa machte sich also keine Illusionen. Man wolle aber so zäh kämpfen, dass, hoffte er, angesichts dessen das Ausland eingreifen werde (das Urkonzept sah ja die Hilfe vor allem Italiens vor). Zu all dem kam es aber nicht: Anfang 1938 waren viele Einheiten wegen nationalsozialistischer Unruhen in der Steiermark, die Westarmee war nur teilweise formbar.

Und dann wurde Jansa Mitte Februar auf ausdrücklichen Wunsch Hitlers, der als Punkt 8 Teil des Berchtesgadener Abkommens mit Bundeskanzler Kurt Schuschnigg wurde, pensioniert.

Im übrigen wurde das Bundesheer von der Invasion letztlich überrumpelt: Man hatte die Lage zwar genau beobachtet, aber Hitler hatte die Weisung für den Einmarsch am 11. März mit Wirkung schon für den nächsten Tag herausgegeben. Diese blitzartige Reaktion überrumpelte übrigens die Wehrmacht und war Schuschnigg geschuldet: Der hatte die eingangs erwähnte Volksabstimmung am 9. März verkündet, und dass sie schon am 13. März stattfinden solle. Also wollte bzw.musste Hitler dem zuvorkommen. In so schneller Zeit aber hätte das Bundesheer, das, wie erwähnt, in Teilen in der Steiermark gebunden war, die Westarmee ohnehin nur teilweise formen können. Und dann, am 11. März, als Schuschnigg zurücktrat, wies er das Heer auch noch an, in den Kasernen zu bleiben. Und das war es dann endgültig mit dem Jansa-Plan.

Mussolini als Schutzengel

Nach dem Anschluss wurde Jansa überraschenderweise von den neuen Mächtigen nicht sonderlich verfolgt, obwohl ihm durchaus eine Einweisung in ein KZ gedroht hatte. In seinen Memoiren schrieb er, das sei an der Fürsprache Benito Mussolinis gelegen, mit dem er sich 1936 beim Frühjahrsmanöver der Italiener in Südtirol in einer überaus freundschaftlichen, Champagner-benetzten Atmosphäre getroffen hatte. Es war dieser Anlass sowie ein späterer Besuch bei Mussolini in Rom, was Jansa durchaus zu Recht annehmen ließ, dass der Duce Österreich militärisch beistehen würde. Jansa schildert das in Kapitel X seiner erwähnten Memoiren sehr ausführlich.

In diesen Tagen in Südtirol wurzelt auch ganz wesentlich das Wunder der wundersamen Kanonenvermehrung: "Deshalb versuchte ich", schrieb Jansa, "die gute Gelegenheit zu nützen, und sprach ihn (Mussolini, Anm.) am Nachmittag auf das noch immer rund 1000 österreichische Geschütze mit Munition umfassende Beutegut aus dem Ersten Weltkrieg an, ob es nicht Österreich zur Verfügung gestellt werden könnte; in groben Umrissen erläuterte ich meine Abwehrabsicht und wies darauf hin, wie bittere Not wir an Artillerie leiden, während diese Geschütze nur italienische Depots belasten. Darauf erwiderte er: ,Wenn wir diese Geschütze wirklich nicht brauchen, bekommen Sie sie.'"

Und so kam es dann auch. Ein beträchtlicher Teil dieser Waffen war dem artilleristischen Standard der späten 1930er entsprechend, was in den meisten Armeen der Welt auch nicht viel anders war, selbst, als schon der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war.

Gezogene Feldkanone bei einer Parade in Wien
Gezogene Feldkanone bei einer Parade in WienArchiv/Bundesheer

Doch zurück zur Fürsprache Mussolinis: Demnach soll der Italiener in einem Telegramm Adolf Hitler persönlich aufgefordert haben, Jansa "kein Haar zu krümmen". Weil aber Hitler Mussolini für sein Stillhalten während des Einmarschs in Österreich unendlich dankbar war und ihm jede künftig nötige Hilfe versprach, wurde Jansa nur gezwungen, von Österreich ins "Altreich" zu übersiedeln. (Diese Hilfszusage Hitlers trug später - siehe den Balkanfeldzug sowie Nordafrika 1941, wo die Italiener jeweils vor krachenden Niederlagen gegen die Griechen bzw. Briten standen und in der Tat durch deutsche Interventionen "gerettet" werden mussten - massiv zur deutschen Niederlage bei).

Jansa musste sich also in Erfurt ansiedeln, stand unter Beobachtung, bekam eine gekürzte Offizierspension, arbeitete als Versicherungsmakler und in einer Firma, die mit Kfz-Teilen handelte.

Panzergrenadierkaserne in NÖ trägt Jansas Namen

1946, da wurde er 62, kehrte Alfred Jansa nach Österreich zurück. Er war an Diskussionen über die Neugründung des Bundesheeres beteiligt und arbeitete noch bis Mitte der 1950er für die Wiener Zweigstelle der Erfurter Kfz-Teile-Firma. Kurz vor Weihnachten 1963 starb er in Wien.

Eine Kaserne des Bundesheeres, jene des Panzergrenadierbataillons 35 in Großmittel nahe Wiener Neustadt, wurde in seinem Gedenken "Jansa-Kaserne" getauft - siehe hier eine schöne Diashow.

>>> Literaturtipps zu Feldmarschall-Leutnant Alfred Jansa:hier und hier

* Mit Dank an Georg Mader (Jane's Defence Weekly) für die Bereitstellung von Material über die Luftstreitkräfte der Ersten Republik.

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