Powerfrau Maria Theresia, hoch zu Ross

Kaiser Franz Stephan und Maria Theresia. Um 1750, Martin v. Meytens d. J. zugeschrieben.
Kaiser Franz Stephan und Maria Theresia. Um 1750, Martin v. Meytens d. J. zugeschrieben. (c) Stiftung Theresianische Akademie
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Die Habsburger Herrscherin wird zum 300. Geburtstag an mehreren Orten gewürdigt: Auf Schloss Schönbrunn, im Hofmobiliendepot und auf Schlössern im Umland wird detailliert ihr mächtiger Mythos aufgearbeitet.

Wer hätte 1740 nach dem überraschend frühen Tod Kaiser Karls VI. daran gedacht, dass seine 23 Jahre alte Tochter Maria Theresia als Nachfolgerin in der Herrschaft über die Habsburger Lande dieses riesige, so divergente Reich würde zusammenhalten können? Zwar hatte Karl durch die Pragmatische Sanktion vier Jahre vor der Geburt der Tochter in Verträgen mit den Mächtigen seines Reiches dafür gesorgt, dass ihm eine Frau nachfolgen könne, doch Europas Großmächte ignorierten sie und machten sich sofort daran, die Erbschaft zu filetieren – allen voran Preußenkönig Friedrich II., der in Schlesien einfiel, das die Habsburgerin auch verlor. Mühevoll konnte Maria Theresia aber langfristig den Großteil ihrer Länder erhalten. Bis zu ihrem Tod 1780 gab es ungefähr so viele Kriegs- wie Friedensjahre – auch das zwang sie, wie ihren Sohn Joseph II., zu tief greifenden Reformen.

Ein Damenkarussell nach dem Sieg

Wer sinnlich erfahren will, was da alles von Maria Theresia zusammengehalten wurde, der hat dazu nun in Wien und auf Schlössern in Niederösterreich ausgiebig Gelegenheit. Die „Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft“ und das Kunsthistorische Museum haben erneut kooperiert, um zum 300. Geburtstag der Herrscherin in vier Ausstellungen das für Österreich identitätsstiftende Phänomen Maria Theresia facettenreich zu ergründen. Im Vorjahr hatte man in ähnlichem Rahmen vier Ausstellungen zum 100. Todesjahr Kaiser Franz Josephs gezeigt – das Abendrot des Hauses Habsburg-Lothringen. Nun geht es zurück zum Anfang: 1736 heiratete Maria Theresia den Lothringer Franz Stephan, der wesentlich zum Erfolg seiner Frau beitrug.

Die Wagenburg in Schönbrunn zeigt „Frauenpower und Lebensfreude“, das Hofmobiliendepot gibt durch „Familie und Vermächtnis“ Einblick auch in private Habsburger Lebensart, in den Schlössern Hof und Niederweiden widmet man sich vor allem der Politik und den Reformen (diese beiden Ausstellungen werden später besprochen.)

Am besten startet man die Tour für eine prägnante Einführung in Schönbrunn. Vor Maria Theresia war es ein nur noch wenig benutztes Jagdschloss, das sie dann zur fantastischen Sommerresidenz ausbaute. Dort wird nun in der Wagenburg anhand von Repräsentation und Vergnügen gezeigt, welche Energie die junge Regentin besaß. Sie war in jungen Jahren bekannt dafür, ausgiebig zu feiern, zu tanzen und auch zu singen. Und sie lernte – recht spät, als sie bereits wusste, dass es fürs Herrschen nützlich war – das Reiten. Für Damen war das noch recht ungewöhnlich. Aber nur so konnte sie die Zeremonie zur ungarischen Krönung traditionsgemäß vollziehen. Man sieht Maria Theresia hoch zu Ross im Damensattel. Solche Bilder wirkten überzeugend: Weiblicher Ungarnkönig streckt auf dem Erdhügel in Pressburg das Schwert in alle Himmelsrichtungen, um das Reich zu verteidigen. Eine erfolgreiche PR-Aktion – die Herrscherin ist wehrhaft wie ein Mann! In der Wagenburg gibt es neben Bildern Maria Theresias und ihrer wachsenden Familie vor allem auch Sänften und Prunkwagen zu sehen. Neben dieser höfischen Pracht sind die Wagen von Sisi und Franz Joseph nur Schatten. Aufschlussreich ist ein ebenfalls als Propaganda gedachtes „Damenkarussell“ von 1743. Frauen inszenierten in der Hofreitschule eine Art Turnier mit Pferden und Wagen. Gefeiert wurde dabei die Rückeroberung Böhmens.

Hier ist ein großes Reich zu bestaunen

Kommt man in der Wagenburg mittels eleganter Kutschen rasch zum Ziel, so ist der Aufwand im Hofmobilendepot ungleich größer: Exquisite Möbel, sündteurer Schmuck, (ein Blumenstrauß für Franz aus Tausenden Edelsteinen), Interieur unterschiedlichster Stile und zudem die Rezeptionsgeschichte demonstrieren: Hier ist ein großes Reich zu bestaunen. Die Fülle an Objekten, vor allem Porträts der Regentin, der Witwe, der ganzen Familie, dutzendfach bis zum letzten Kind, kann auch verwirren. Aber dieser Frau einer Brückenzeit kommt man wohl nur durch Übermaß näher. Ist das noch Barock, Rokoko oder gar Klassisches? War Maria Theresia offenherzig oder bigott, aufgeklärt oder absolutistisch? Es eröffnet sich ein außerordentlicher Mensch in seinem Widerspruch.

„Maria-Theresia“ – das Magazin

Zum 300. Geburtstag der Kaiserin hat ihr „Die Presse“ die sechste Ausgabe des „Geschichte“-Magazins gewidmet: Erhältlich im Einzelhandel bzw. online (diepresse.com/geschichte): 8,90 Euro, für „Presse“-Abonnenten nur 6,90 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2017)

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