Eine Begegnung zweier Tischtennisspieler 1971 begründete die modernen Beziehungen zwischen Peking und Washington.
Washington/Peking. Zu Beginn der modernen chinesisch-amerikanischen Beziehungen stand eine Busfahrt. Genauer gesagt, stieg der junge Tischtennisspieler Glenn Cowan, Mitglied des US-Nationalteams, während der Weltmeisterschaft 1971 im japanischen Nagoya in den falschen Bus, nämlich in jenen der chinesischen Mannschaft. Während der Fahrt freundete er sich mit dem chinesischen Spieler Zhuang Zedong an. Nach anfänglichem Zögern lud die kommunistische Volksrepublik das US-Tischtennisteam im April 1971 zu einem Freundschaftsspiel ein.
Der damalige Nationale Sicherheitsberater der USA, Henry Kissinger, sah darin eine Chance und reiste 1971 zwei Mal nach Peking. Washington hatte die Volksrepublik nach ihrer Gründung 1949 nicht anerkannt und sah die Republik China auf Taiwan als legitime Vertretung Chinas. Im Februar 1972 folgte der Besuch Richard Nixons in Peking, der erste eines US-Präsidenten – Startschuss für ein neues Verhältnis. 1979 nahmen die beiden Länder diplomatische Beziehungen auf. Bis heute steht der Begriff „Ping-Pong-Diplomatie“ für diese Annäherung.
Mit dem wirtschaftlichen Aufstieg der Volksrepublik intensivierten sich die Wirtschaftsbeziehungen. All jene in den USA, die hofften, mit der wirtschaftlichen Öffnung werde sich China auch politisch-ideologisch öffnen, wurden enttäuscht. Mit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 auf dem Tiananmen-Platz in Peking erreichten die diplomatischen Beziehungen einen Tiefpunkt: Washington legte die Kontakte zu Peking über Jahre auf Eis.
„Wenn es ein Muster gibt, dann ist es Hingerissenheit, gefolgt von Verzweiflung“, beschrieb der US-Journalist und China-Experte John Pomfret die Geschichte des ambivalenten Verhältnisses zwischen den beiden Ländern. Zuletzt haben sich die alte Supermacht USA und die aufstrebende (und selbstbewusst gewordene) Großmacht China zunehmend zu Konkurrenten entwickelt – wirtschaftlich, aber auch politisch und militärisch. Bei den Territorialkonflikten im Süd- und Ostchinesischen Meer stehen sie auf unterschiedlichen Seiten. Auch Hackerangriffe, Cyberspionage und das Thema Menschenrechte belasten das Verhältnis. (raa)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2017)