Polen will Reparationen von Berlin

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Parlamentsexperten sollen die rechtliche Durchsetzbarkeit von Reparationsforderungen prüfen.

Danzig. Die Ruhe täuschte. Und allen war klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis Polens rechtspopulistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) die Trumpfkarte der Reparationsforderungen für die polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs gegen Deutschland aus dem Ärmel zieht. Zuletzt hatte die PiS diese Forderung 2004 erhoben. Im Parlament fand die schon damals von Jarosław Kaczyński geführte Partei eine Mehrheit, die die damalige postkommunistische Regierung zu Reparationsverhandlungen mit Berlin bewegen wollte. Der damalige Premier, Marek Belka, lehnte dieses Ansinnen umgehend ab.

Nun ist das explosive Thema zurück auf der Tagesordnung. Der von der PiS dominierte Sejm, Polens große Kammer, hat die wissenschaftliche Abteilung des Parlaments beauftragt, bis zum 11. August abzuklären, ob Reparationsforderungen rechtlich durchsetzbar sind und wie hoch sie sein sollten. Dass Polen darauf nach wie vor ein Anrecht hat, gilt in PiS-Kreisen als unbestritten.

Ablenkung von Innenpolitik

Führende PiS-Politiker argumentieren, dass die von Polen unterzeichnete Verzichtserklärung gegenüber der DDR keine souveräne Handlung war, sondern unter sowjetischem Druck abgegeben wurde. Und: Die DDR sei etwas anderes als das 1989 wiedervereinigte Deutschland. Laut Berlin widerspricht dies dagegen dem Sinn des sogenannten Zwei-plus-vier-Vertrags zwischen der BRD und DDR sowie den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs, der die Wiedervereinigung möglich machte.

Dass die Reparationsforderungen ausgerechnet jetzt gestellt werden, lässt sich vor allem innenpolitisch erklären. Nach Massendemonstrationen gegen die antidemokratische Justizreform, die nicht zuletzt auch in den eigenen Reihen teilweise kritisch gesehen wird, versucht die PiS-Parteiführung, die Reihen nun mithilfe der antideutschen Karte wieder zu schließen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2017)

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