Diskussion um Lift-Bau in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen

Mauthausen commemoration ceremony
Mauthausen commemoration ceremonyREUTERS
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Der Bau eines Aufzugs im früheren NS-Vernichtungslager Mauthausen sorgt für Aufregung - auch, weil es im Vorfeld keine Debatte über die Errichtung gegeben habe. Mitten am Gelände steht nun ein Turm aus Sichtbeton.

Der Bau eines Aufzuges in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen ohne vorherige Debatte darüber sorgt nun erst recht für Diskussionen. Das Mauthausen Komitee bezeichnet das Vorhaben im jüngsten "Falter" als "einfach verrückt". Die Gedenkstätte verweist darauf, dass man den barrierefreien Zugang erleichtern wolle.

Für Aufregung sorgt ein vor allem der bereits errichtete Turm aus Sichtbeton mitten in der Gedenkstätte. Eine dort angebrachte Tafel für die amerikanischen Befreier des Lagers musste dafür abmontiert werden. Bald soll in dem Schacht ein Lift auf und ab fahren. Die Gedenkstätte Mauthausen kann zwar schon jetzt barrierefrei besucht werden, aber bisher mussten Menschen im Rollstuhl einen längeren Weg um das ehemalige Lager zurücklegen, der ohne Unterstützung schwer bewältigbar sei.

Keine Diskussion im Vorfeld

"Die haben uns einen Turm mitten ins Konzentrationslager gepflockt. Das gibt es auf der ganzen Welt nicht", wird der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich Willi Mernyi zitiert. Sein Urteil: "Einfach verrückt."

Guy Dockendorf, der langjährige Generaldirektor im Kulturministerium von Luxemburg und nunmehrige Präsident des Internationalen Mauthausen Komitees, das KZ-Überlebende aus 22 Nationen vertritt, forderte den Abriss des Turmes. Er begrüße zwar die Idee, Menschen mit Behinderung den Besuch der Gedenkstätte zu erleichtern - das hätte man aber auf eine sensiblere Art und Weise machen sollen.

Die Präsidenten des Internationalen Komitees der Nazi-Konzentrationslager protestieren ebenso gegen die "jüngsten Angriffe auf die historische Substanz in Mauthausen". Ähnlich äußert der Zeithistoriker Bertrand Perz, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der KZ-Gedenkstätte: "Wäre ich als Wissenschafter gefragt worden, hätte ich sicher Nein zu so einem Bau gesagt, weil es sich um eine unverhältnismäßige Intervention handelt." Alle Kritiker bemängeln, dass es über das Projekt keine Diskussion im Vorfeld gegeben habe.

Keine politische Intervention

Der kaufmännische Leiter der Gedenkstätte Jochen Wollner hält dem entgegen: "Der Lift wurde gebaut, nachdem wir über Jahre von Besuchern die Mitteilung erhalten hatten, dass der barrierefreie Umweg so weit ist." Es sei korrekt, dass es keine Information zu dem Bauvorhaben gegeben habe, aber dass der Lift kommen werde, sei im Grunde schon seit Jahren klar gewesen, weil notwendig. 2016 sei das Behindertengleichstellungesetzes gekommen und deshalb die Umsetzung beschlossen worden, erklärte er. Im Bereich der Gedenkstätte seien bereits mehrere Lifte und auch eine Rampe für Rollstuhlfahrer errichtet worden, was nicht für Aufregung gesorgt habe.

Wollner verwehrt sich dagegen, dass es bei dem Bau politische Intentionen gegeben - das Projekt laufe ja nicht seit dem vergangenen Jahr, sondern schon viel länger. Zur Gedenktafel für die amerikanischen Befreier hält er fest, dass man mit der US-Botschaft im Gespräch sei. Sie müsse restauriert werden und soll danach an einem adäquaten Platz angebracht werden.

Der Denkmalschutz hat den Liftbau im ehemaligen KZ jedenfalls bewilligt. "Es musste eine Lösung sein, die würdig ist für bewegungseingeschränkte Menschen, gerade an einem Ort der Massenvernichtung", sagt der zuständige Denkmalschützer Bernd Euler-Rolle, "und da die Gedenkstätte das Projekt als angemessen ansieht und an uns herangetragen hat, haben wir es bewilligt. Das sind ja schließlich Leute mit Expertise".

(APA)

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