11./12. November 1918: Tod der Monarchie, Geburt der Republik

In der Sitzung der provisorischen Nationalversammlung am 12. November 1918 wurde die "Republik Deutsch-Österreich" ausgerufen.
In der Sitzung der provisorischen Nationalversammlung am 12. November 1918 wurde die "Republik Deutsch-Österreich" ausgerufen.(c) imago/United Archives International (imago stock&people)
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Erst verzichtete Kaiser Karl I. auf "jeden Anteil an den Staatsgeschäften", am Tag darauf wurde die "Republik Deutsch-Österreich" ausgerufen. Eine Chronologie der entscheidenden Stunden.

Die entscheidenden Tage im Übergang von der Donaumonarchie zur Ersten Republik waren der 11. und 12. November 1918. Während am Montag, dem 11. November, Kaiser Karl I. mit einem Manifest auf "jeden Anteil an den Staatsgeschäften" verzichtet hat, wurde am darauffolgenden Dienstag in der Sitzung der provisorischen Nationalversammlung die "Republik Deutsch-Österreich" ausgerufen.

11. November

10 Uhr: Im Herrenhaussaal des Parlaments tritt der Staatsrat unter dem Vorsitz des Christlichsozialen Prälaten Johann Hauser zusammen. Staatskanzler Dr. Karl Renner legt den Gesetzentwurf für die Ausrufung der Republik vor:

  • Artikel 1: Deutschösterreich ist eine demokratische Republik. Alle öffentlichen Gewalten werden vom Volk eingesetzt.
  • Artikel 2: Deutschösterreich ist ein Bestandteil der deutschen Republik. Gegen Artikel 2 stimmte nur der Christlichsoziale Wilhelm Miklas, der 20 Jahre später als Bundespräsident den letzten Widerstand gegen den "Anschluss" leistete.

Ca. 12 Uhr: Kaiser Karl I. erklärt sich im Schloss Schönbrunn mit der Veröffentlichung seines Verzicht-Manifestes einverstanden.

15 Uhr: Kaiser Karl I. unterzeichnet im Schloss Schönbrunn die Reinschrift seines Manifestes (in der Wiener Staatsdruckerei wird es bereits gedruckt): "... Das Volk hat durch meine Vertreter die Regierung übernommen. Ich verzichte auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. Gleichzeitig enthebe ich die österreichische Regierung ihres Amtes ..."

Abend: Kaiser Karl begibt sich mit seiner Familie von Schloss Schönbrunn nach Schloss Eckartsau im Marchfeld. Förmlicher Rücktritt der (letzten kaiserlichen) Regierung unter Heinrich Lammasch.

12. November

15 Uhr: Beginn der Sitzung der provisorischen Nationalversammlung im Wiener Parlamentsgebäude, dem ehemaligen Reichsratsgebäude. Abgeordneter Wilhelm Miklas erklärt für die Christlichsoziale Partei, man habe einer Volksabstimmung den Vorrang gegeben, wolle aber "die Einigkeit in diesem geschichtlichen Augenblick nicht stören". Die Nationalversammlung veröffentlicht einen von Staatskanzler Karl Renner verfassten Aufruf "An das Deutschösterreichische Volk".

15.55 Uhr: Der Präsident der provisorischen Nationalversammlung, der Deutschnationale Franz Dinghofer, gibt von der Rampe des Parlaments aus den Gesetzesbeschluss bekannt - Ausrufung der "Republik Deutschösterreich". Auf dem Ring hatten sich mehrere zehntausend Menschen versammelt. Den zu den Fahnenmasten eilenden Parlamentsdienern werden die rotweißroten Fahnen von Rotgardisten entrissen und nach Herausreißen des weißen Teiles als rote Fahne gehisst. Gleichzeitig fordern sie die Gründung einer "Sozialen Republik". Anschließende Tumulte mit Schießereien stellen sich als kommunistischer Putschversuch heraus. Doch die "Roten Garden", die auf eine Solidarisierung der Massen gehofft hatten, bleiben isoliert. Zwei Tote und 40 Verletzte überschatten die Geburtsstunde der Republik.

17.15 Uhr: Rotgardisten besetzen das Redaktionsgebäude der "Neuen Freien Presse" in der Fichtegasse in Wien-Innere Stadt.

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(APA)

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