Sabine Ladstätter - Antike Ruinen virtuell begehbar machen

Sabine Ladstaetter
Sabine Ladstaetter(c) Foto Wilke
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Sabine Ladstätter leitet als erste Frau überhaupt das altehrwürdige Österreichische Archäologische Institut: Forschung über die Geschichte unserer Gegenwart.

Meine Mutter erzählt, dass ich aus dem Kindergarten heimgekommen bin und gesagt habe, dass ich Archäologin werden will“, erinnert sich Sabine Ladstätter. Von ihren Eltern wurde sie in diesem festen Willen unterstützt. „Sie haben gesagt: Wenn man etwas wirklich will, dann schafft man es auch.“ Nun, Ladstätter hat es geschafft. Nicht nur, dass sie seit nunmehr 18 Jahren den Beruf einer Archäologin ausübt. Seit genau einem Jahr leitet sie (als erste Frau überhaupt) das altehrwürdige Österreichische Archäologische Institut (ÖAI), seit April zudem die österreichischen Ausgrabungen in Ephesos.

Jetzt ist sie auch Kandidatin für die „Presse“-Kür der „Österreicher des Jahres“. Die Faszination für Ephesos hat sie schon als Studentin befallen: Ab 1996 war sie für die Ausgrabung des „Hanghauses 2“ zuständig. Dabei machte sie eine wichtige Entdeckung: Die Region wurde um das Jahr 270 von einer Serie schwerer Erdbeben großteils zerstört. Die Stadt hat 80 bis 100 Jahre gebraucht, um sich davon zu erholen. Solche Entdeckungen machen die Archäologie in Ladstätters Augen besonders spannend: „Handbuchwissen kann durch einen einzigen Fund ins Wanken geraten, und Kulturgeschichte muss revidiert oder sogar umgeschrieben werden.“

Bei der Rekonstruktion der Trümmer helfen heute moderne Technologien, erläutert Ladstätter: vor allem das 3-D-Laserscannen, mit dem der Bestand aufgenommen wird, und die nachfolgende Rekonstruktion im Computer. „Damit werden antike Städte virtuell begehbar“, schwärmt sie. Eine archäologische Stätte wird dadurch für jedermann verständlich, ohne dass man sie eins zu eins aus Stein wieder aufbauen muss. Mit der Computer-Technologie können auch Monumente wieder errichtet werden, die schlecht erhalten sind. Diese Arbeitsweise bringt nicht nur schöne Bilder für Ausstellungen oder Präsentationen, sondern auch Erkenntnisgewinn: „Wir sind es gewohnt, in Grundrissen zu denken. Aber die Techniker, die die virtuellen Rekonstruktionen machen, fragen uns: Wie hat das Dach ausgesehen?“ Man muss daher viel genauer überlegen als bisher.

Derzeit arbeitet ihr Team – „Archäologie ist immer Teamarbeit“, betont sie – an einem virtuellen Rundgang durch die Prachtstraßen des römischen Ephesos. Gegraben wird trotz aller Technologie auch heute noch. In Ephesos leitet Ladstätter in den vier Sommermonaten eine Gruppe von mehr als 180 internationalen Wissenschaftlern und 60 bis 80 lokalen Arbeitern. In den übrigen acht Monaten kümmert sie sich um die anderen Arbeitsgebiete des ÖAI. Als wichtigstes Projekt sieht sie die Erforschung des Kulturraums zwischen Ostösterreich und der Adria entlang der Bernsteinstraße – und zwar grenzüberschreitend.

Chefin in Türkei? Kein Problem

„Kulturräume halten sich nicht an nationale Grenzen“, lautet ihr Credo. Daher hat sie eine Reihe von Partnerschaftsabkommen mit Nachbarländern abgeschlossen.

Wie geht es ihr als Frau in einer von Männern dominierten Wissenschaft? Noch dazu in der Türkei? „Das wird in Österreich dramatischer gesehen als es ist: In der Türkei hat es eine lange Tradition, dass Frauen in Führungspositionen sind“, erzählt Ladstätter. Mit den lokalen Arbeitern gebe es überhaupt keine Probleme – sie spricht fließend türkisch. Und bei den Kontakten mit den türkischen Behörden ständen prinzipielle Fragen im Vordergrund. „Das ist nicht anders als in Österreich.“

Dass sie nun in relativ jungen Jahren die Spitze ihrer Zunft erklommen hat, empfindet sie nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Verantwortung. „Viele ehemalige Studienkollegen arbeiten noch immer in prekären Dienstverhältnissen. Denen will ich zeigen: Die ist eine von uns.“

ZUR PERSON

Sabine Ladstätter, geboren 1968 in Klagenfurt, studierte Archäologie und Geschichte. Noch als Studentin leitete sie ihre ersten Grabungen. Nach ihrer Habilitation 2007 ging sie an das Österreichi-
sche Archäologische Institut, das sie seit genau einem Jahr leitet.


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