Erfried Malle, Gewinner in der Kategorie Humanitäres Engagement, über Gegenwart und Zukunft seiner NGO.
Herr Malle, Sie sind Österreicher des Jahres.
Ich fühle mich irrsinnig wohl. Ich hätte nicht damit gerechnet, weil die Konkurrenz einfach riesig war. Wir sind eine kleine und unbekannte Organisation. Die Roten Nasen und das Hilfswerk Austria (die weiteren Nominierten, Anm.) kennt natürlich jeder in Österreich.
Wie werden Sie die 10.000 Euro investieren?
Wir haben in Bangladesch ein Projekt mit 20 kleinen Dorfschulen. Die Lehrer verdienen alle so wenig, dass sie unter dem Existenzminimum leben – das sind weniger als 30Euro im Monat. Ich würde gerne die Gehälter erhöhen, damit die Lehrer besser über die Runden kommen. Es ist wichtig, dass das Personal zufrieden ist. Wir wollen sie nicht verlieren.
Was bedeutet die Auszeichnung für Ihre Organisation „Sonne International“?
Sie ist ein ganz wichtiger Meilenstein dafür, dass wir einen besseren Zugang zu möglichen Sponsoren bekommen. Ich hoffe, dass ich heute noch Kontakte zu Firmen knüpfen kann, die uns vielleicht in Zukunft unterstützen können. Wir sind klein und unbekannt, da hat man oft kein Vertrauen. Vielleicht hilft uns dieser Preis, bei verschiedenen möglichen Sponsoren Vertrauen zu erwecken.
Ohne Sponsoren geht es nicht.
Ja. Uns unterstützen zwar auch private Personen, aber es ist so schwierig, den Kontakt aufrechtzuerhalten. Allein um einen Brief aufgeben zu können, bedarf es an Geld, oder auch um die Webseite zu aktualisieren. Wenn man nicht eine kontinuierliche finanzielle Basis hat, dann kämpft man. Und das kostet viel Energie, die eigentlich in die Qualität der Projekte gesteckt werden könnte.
Wie hoch war das Gesamtvolumen Ihrer NGO im vergangenen Jahr?
Wir haben nicht ganz 200.000Euro umgesetzt. Wir hatten aber vor der Wirtschaftskrise fast das doppelte Volumen. Während der Krise sind die Spenden und staatlichen Förderungen zurückgegangen. Das war natürlich eine Katastrophe. Wenn es zu Kürzungen kommt, dann trifft das uns kleine Organisationen noch viel mehr als die großen. Wir verfügen nicht über ein großes Portfolio an Spendeneinnahmen.
Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer NGO? Oder anders gefragt: Was wäre Ihr Traum für „Sonne International“?
Der Traum wäre, dass wir es in den nächsten paar Jahren schaffen, in Österreich ein stabiles Team aufzubauen – damit wir mit gutem Personal gute Projekte abwickeln können. Wir haben zum Beispiel in Äthiopien bei unseren Projekten über 100Angestellte, in Österreich aber keine einzige Vollzeitkraft. Wenn wir gewisse Bereiche mit Personal abdecken, können wir die Qualität der Projekte halten und insgesamt besser wirtschaften. Dafür muss der Finanzfluss gesichert sein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2011)