Peter Simonischek: "Die Aufführung muss mich packen"

Peter Simonischek
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Burgschauspieler Peter Simonischek über die imposante Wirkung des "Jedermann", originäre Arbeiten großer Regisseure, die Trends, die er am Theater in einer langen Karriere erlebt hat.

Als Darsteller des Jedermann bei den Salzburger Festspielen hält er den Rekord. Peter Simonischek hat die Rolle im Stück Hugo von Hofmannsthals 2002 bis 2009 an die hundert Mal gespielt. Zu diesem Stück meint Simonischek in Retrospektive: „Ich vermute, der Jedermann ist die Rolle mit dem größten PR-Effekt im deutschsprachigen Theater. Allerdings nicht der in Hamburg oder Berlin, in Faistenau oder Schwäbisch Hall, sondern nur der echte vom Domplatz in Salzburg.“ Vieles habe sich während der 93 Jahre seit der Premiere zur Eröffnung der Salzburger Festspiele 1920 verändert. Aber: „Ich will nur bemerken, dass die Aufführung in den Jahren bis 2002 im Wesentlichen die ursprüngliche Inszenierung Max Reinhardts war, zunächst verwaltet von dessen Assistenten Ernst Häussermann, dann 17 Jahre lang von dessen Assistenten Gernot Friedl. In dieser Inszenierung war ich von 1991 bis 1994 der Tod. Als ich meiner Mutter gesagt habe, dass ich in Salzburg mit Helmut Lohner als Jedermann spiele, erwiderte sie: ,Jetzt kann ich beruhigt sterben.‘“

Dieser Schauspieler bedeutet ihm viel: „Lohner als Hamlet, zur Wiedereröffnung des Grazer Schauspielhauses in den Sechzigerjahren war für mich als 16-Jähriger die Initialzündung für den Wunsch, Schauspieler zu werden. Nun stand ich mit meinem Idol aus Pubertätszeiten gemeinsam auf der Bühne und durfte ihn auch noch ins Jenseits abkommandieren.“

20 Jahre hat Simonischek an der Schaubühne in Berlin gewirkt, bei großen Regisseuren, so wie am Burgtheater, wo er seit 1999 ein Publikumsmagnet ist. Gibt es für ihn überhaupt unverzichtbares Erbe auf der Bühne? „Unverzichtbar ist im Theater nichts, außer mindestens einem Schauspieler und mindestens einem Zuschauer. Schade wäre es um manches.“ Er nennt die Wiener Festwochen, die Salzburger Festspiele. „Schade wäre es überhaupt um die kulturelle Vielfalt auf hohem Niveau und den Stellenwert, den Kultur im Bewusstsein der Bevölkerung hat. Wenn die etablierten Institutionen nicht in Tradition erstarren, sondern immer wieder aufgemischt werden, sind sie höchst erhaltenswert.“

Theatermoden. Was schöpft er aus mehr als vier Jahrzehnten Bühnenerfahrung? „Ich habe die Entwicklung vom gehorsam Ausführenden des Regietheaters über die Demokratisierung des Theaterbetriebes in den 1970er-Jahren bis zur Renaissance des Schauspielers als Individuum erlebt. Das Theater unterliegt auch Moden, die vom Feuilleton unterstützt werden, es gibt Trends. Meine Beobachtung ist: Wenn eine Aufführung mich packt und begeistert, ob auf der Bühne oder im Publikum, passt sie nicht in einen Trend, sondern ist originär und einzigartig. Das waren die letzten Arbeiten von Jürgen Gosch, das sind die Arbeiten von Johan Simons und Alvis Hermanis, vor allem Andrea Breth zähle ich dazu.“ Eine Frage, die er sich bei der Beurteilung immer stelle: „Wie viel emotionales, intellektuelles, dramatisches Potenzial steckt in einem Stück? Was davon ist auf der Bühne zu sehen beziehungsweise  zu erleben?“

Welche Rolle möchte er nicht missen? Überraschend eine im TV: „Den Lenz nach dem Roman Stefan Heyms. Ich habe mich bei den Dreharbeiten in eine schöne Kollegin verliebt. Allein das hätte schon gereicht, um es nicht missen zu wollen. Aber ich habe sie auch noch geheiratet und zwei fesche Söhne mit ihr. Das ist 27 Jahre her.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2013)


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