Cecily Corti: Dach für Gäste vom Rand der Gesellschaft

Cecily Corti Dach fuer
Cecily Corti Dach fuer(c) Mirjam Reither
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Humanitäres Engagement: Die 73-Jährige wurde von Pfarrer Pucher inspiriert – und gründete mehrere Vinzenz-Initiativen in Wien.

Manchmal kann eine einzige Begegnung ein Leben verändern. So wie jene von Cecily Corti mit dem Grazer Pfarrer Wolfgang Pucher, der sich von der St.-Vinzenz-Kirche aus um die Obdachlosenhilfe mehr als verdient gemacht hat. Es war das Jahr 2002 und die Witwe des 1993 verstorbenen Regisseurs Axel Corti fühlte sich angesichts der Situation in der Welt – „mit Bush und seinen Bomben“ – geradezu gelähmt.
„Ich hatte den Wunsch, etwas dafür zu tun, dass die Welt ein wenig mehr so wird, wie ich sie mir vorstelle“, erinnert sich Corti. Was das sein könnte, wurde ihr klar, als sie Pucher bei einem Vortrag in der Wiener Pfarre St. Stephan sprechen hörte – zwei Tage später besuchte sie sein „Vinzidorf“, jene Containersiedlung, in der Pucher Obdachlosen und Alkoholkranken eine neue Heimat bietet.
„Das hat mich beeindruckt“, sagt die heute 73-Jährige. Dann habe sie begonnen, ein ähnliches Projekt in Wien ins Leben zu rufen – und gründete die Vinzenzgemeinschaft St. Stephan. „Meine drei Kinder waren erwachsen, und ich wollte etwas zurückgeben.“

Niedere Schwelle für Obdachlose

Corti schrieb „mehr als 800 Briefe“, um Sponsoren aufzutreiben, suchte unter alten Bekannten nach Verbündeten für ihre Idee – 2004 konnte die Vinzenzgemeinschaft schließlich die „VinziRast“, eine niederschwellige Notschlafstelle für Obdachlose in Wien-Meidling eröffnen. Die „Gäste“, wie Corti sie nennt, sollen dort einen würdigen Platz zum Schlafen erhalten.
„Zu uns kommt, wer Kriterien anderer Häuser nicht erfüllen kann“, sagt Corti – im Gegensatz zu anderen Schlafstellen ist der Alkoholkonsum hier (in Maßen) erlaubt, Paare dürfen ein Bett teilen und auch ausländische Obdachlose werden anstandslos untergebracht.

Im Lauf der folgenden Jahre entstand – auch dank finanzieller Unterstützung von Spendern wie Ex-Strabag-Chef Hans-Peter Haselsteiner – in Meidling zusätzlich noch das CortiHaus, in dem bis zu 29 Obdachlose Wohn- und Betreuungsplätze finden können.
Heute sind unter Cortis Führung knapp 70 ehrenamtliche Mitarbeiter für die verschiedenen Vinzi-Initiativen in Wien tätig: Auch sie selbst verbringt regelmäßig meist zwei Nachtdienste pro Woche in der VinziRast.
Und das, obwohl ihr neues Projekt gerade einmal einige Monate alt ist: Ende Mai wurde in der Währinger Straße die „VinziRast mittendrin“ eröffnet – letztlich ein Ausfluss der „Unibrennt“-Proteste, bei denen sich Obdachlose unter die demonstrierenden Audimax-Besetzer gemischt hatten.

Studenten mit Heimatlosen

Die „VinziRast mittendrin“ ist als Studenten-WG mit sozialer Komponente konzipiert: 27 Menschen leben hier, die Hälfte Studenten, die Hälfte zuvor Obdachlose. Sie leben gemeinsam in Dreier-WG. Dazu betreibt die Vinzenzgemeinschaft St. Stephan das Lokal Mittendrin im Erdgeschoß. „Gemeinsam wohnen, leben, lernen, das birgt viele Möglichkeiten“, hat Corti der „Presse“ zum Start des Projekts erklärt. „Und es entspricht unserer Idee, Menschen vom Rand der Gesellschaft in die Mitte zu holen und die Qualität der Beziehung ins Zentrum zu rücken.“
„Wir begnügen uns zu schnell“, findet Corti – aus Bequemlichkeit würden viele Menschen jenen am Rand der Gesellschaft aus dem Weg gehen. Dabei wären das eine Begegnungen, bei der man „enorm viel über sich selbst erfährt“.
„Seit ich das mache, habe ich eine Fülle von Überraschungen erlebt“, sagt Corti, „eine Bereicherung für mein Leben.“

Spendenkonto der Vinzenzgemeinschaft St. Stephan:
KN 51413 533 033, BLZ 12000

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2013)


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