Manuel Legris und Wiens Ballett-Phönix

Manuel Legris
Manuel LegrisMichela Bruckberger
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Der einstige Etoile der Pariser Oper zog 2010 an der Seite von Dominique Meyer als Ballettdirektor in die Wiener Oper ein. Und es gelang ihm, die Besucherzahlen in absolute Rekordhöhen zu schrauben. Ein Tanzmärchen.

Wien. Er kam, tanzte und siegte. Oder: Er ließ tanzen – und das Ballett siegte. Auf diesen einfachen Nenner kann man die Sache bringen: Manuel Legris brauchte freilich das Wiener Publikum nicht zu erobern, als er im Herbst 2010 an der Seite von Dominique Meyer und Musikchef Franz Welser-Möst in der Staatsoper Einzug hielt.
Bei Übernahme der Position des Direktors des Wiener Staatsballetts, das sowohl im Haus am Ring als auch in der Volksoper zu Hauses ist, war Legris bereits ein Publikumsliebling. Freilich nur bei jenen Wienern, die eine Affinität zur Tanzkunst haben. Das sind traditionsgemäß nicht annähernd so viele, wie sich für Oper interessieren und begeistern.

Allein: In den bisher drei Spielzeiten, die Legris der Wiener Tanz-Compagnie vorsteht, haben sich die Besucherzahlen potenziert. Während die Welt nicht schlecht staunte, dass es Dominique Meyer gelungen war, die erstaunlich hohen Auslastungszahlen seines Vorgängers auf noch erstaunlichere (mittlerweile 99) Prozentpunkte hochzuschrauben, blieb beinah unbemerkt, dass das Ballett in der Zwischenzeit aufholen konnte und in der Gunst der Kartenkäufer mit der Oper so gut wie aufgeschlossen hat!

Das ist eine Entwicklung, die noch vor fünf Jahren niemand für möglich gehalten hätte. Wien galt nie als Ballettstadt, ist aber dank Manuel Legris und seines offenkundig erfolgreichen Konzepts für die Wiener Truppe eine Ballettstadt geworden.

Der Stern strahlte in Paris


Der französische Meistertänzer, bis vor Kurzem noch Etoile des elitären Pariser Opernballetts, wusste freilich, auf welch fruchtbaren Boden seine Arbeit fallen würde. Denn als Solist war Legris bereits vor vielen Jahren erfolgreicher Gaststar in Wien. In seinem neuen Haus debütierte er bereits im Jänner 1985 als Béranger in Glasunows „Raymonda“. Dieses Werk stand damals in einer Choreografie Rudolf Nurejews im Wiener Repertoire.
Nurejew war – während seiner Amtszeit als Ballettchef in Paris – der Lehrmeister Legris und einer seiner favorisierten Solisten. In „Raymonda“ sah Wien Legris 1989 noch einmal – da tanzte er bereits die Nurejew-Partie des Jean de Brienne – und im selben Jahr auch den Prinzen Florimund in Tschaikowskys „Dornröschen“, dessen Premiere Nurejew selbst (in eigener Choreografie, versteht sich) getanzt hatte. Zehn Jahre später kehrte Legris, bereits hoch dekoriert als Pariser „Stern“, als Des Grieux in Kenneth MacMillans „Manon“-Ballett wieder, einem Werk, das auch in seiner Ära als Ballettchef den erreichten hohen Standard der Tänzer demonstriert.
Legris war aber auch im Rahmen von Gastspielen anderer Truppen in Wien zu erleben, etwa mit dem  Tokyo Ballet und wiederholt –  etwa 2000 im Rahmen des Festivals „ImPulsTanz“ – mit seiner Stamm-Compagnie, dem Ballett der Pariser Oper.

Sogar der Vorgänger als Wiener Ballettdirektor, Renato Zanella, holte den prominenten Solisten und schuf für ihn die Kreation „Solo Angel“, die 1999 an der Wiener Staatsoper ihre Uraufführung erlebte. In der ORF-Übertragung des Neujahrskonzerts 2001 kam Legris dann zu wienerisch-philharmonischen TV-Ehren und tanzte das Solo Kobold – wiederum in einer Choreografie Zanellas.

Nach der Übernahme der Direktionsgeschäfte war Legris dann nur in Ausnahmefällen – etwa bei der Eröffnung des Opernballs oder in der jeweiligen Saisonschlussgala – als Tänzer zu erleben.

Glänzender Wiederaufstieg


Als Impresario aber animierte er seine Truppe zu Höchstleistungen. Das Staatsballett tanzt an bis zu 85 Abenden pro Spielzeit in beiden Opernhäusern – und erstaunte bereits in der ersten Saison mit der enormen Zahl von acht Premieren. Darunter besonders bejubelt Rudolf Nurejews Version des „Don Quixote“ (Minkus), die Legris selbst nach den Vorstellungen seines Lehrmeisters einstudierte, oder die mit Elisabeth Platel erarbeitete Neueinstudierung von Pierre Lacottes romantischer „Sylphide“. Auch Klassiker wie „Der Nussknacker“ stehen nun wieder in adäquaten Choreografien zur Verfügung.


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