Herta Steinkellner: Wirkstoff gegen Ebola aus Tabakpflanzen

(c) Böhm
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Herta Steinkellner ist stolz darauf, dass sie im kleinen Land Österreich mitgeholfen hat, die großen Probleme der Welt zu lösen: In ihrem Laura-Bassi-Zentrum wachsen Tabakpflanzen, die menschliche Proteine herstellen.

Andere Menschen jammern, dass sie montags ins Büro gehen müssen. Ich freue mich jeden Tag auf meine Arbeit“, sagt Herta Steinkellner, die als Österreicherin des Jahres nominiert ist. Eine ihrer Arbeiten ist derzeit stark in den Medien: Von ihrem Team entwickelte Tabakpflanzen produzieren Proteine, die als Wirkstoff gegen das Ebola-Virus eingesetzt werden können.
Ursprünglich zog Steinkellner aus einem kleinen Kärntner Dorf Ende der 1970er-Jahre nach Wien, um Biologielehrerin zu werden. „Von meinem ersten Schultag an war mir klar, dass ich studieren möchte. Meine Mutter legte viel Wert auf die Bildung ihrer vier Kinder“, sagt Steinkellner. Inzwischen ist ihre eigene Tochter (14) schuld, dass die Forscherin jeden Tag ab 7.30 Uhr im Labor der Boku Wien sitzt: Die Schulpflicht ruft und hetzt alle Familienmitglieder „viel zu früh“ aus dem Haus.
Steinkellner leitet seit 2010 ein hoch dotiertes Laura-Bassi-Zentrum („Plant Produced Biopharmaceuticals“). Hier wachsen spezielle Tabakpflanzen, nahe verwandt mit jenen, die zu Zigaretten verarbeitet werden: Nicotiana benthamiana wird genetisch so verändert, dass sie nicht nur ihre eigenen Proteine herstellt, sondern auch solche, die sonst nur in Menschen vorkommen, etwa Antikörper-Proteine, die als Medikamente verwendet werden können. Die Kunst, aus Pflanzen Stoffe zu gewinnen, die heilen, ist so alt wie die Menschheit selbst. Die Technik, in Pflanzen menschliche Gene einzubringen, damit sie menschliche Proteine erzeugen, ist 20 Jahre jung. „Der erste künstliche Wirkstoff in diesem Zusammenhang war ein Antikörper gegen Karies. Ich weiß gar nicht, warum daraus nie eine kommerzielle Zahnpasta wurde. Jedenfalls lernte ich 1992 den englischen Forscher, der das geschafft hatte, bei meinem USA-Aufenthalt kennen. Zahlreiche internationale Projekte, die bis heute andauern, waren eine Folge dieses schicksalhaften Treffens.“
Steinkellner erhielt bald eine Professur am Institut für Angewandte Genetik der Boku Wien, wo sie sich auf die Modulation von Proteinen konzentrierte: Verändert man die chemischen Anhängsel der Proteine (Zuckerreste oder Glykane), so verändert man ihre Wirkung. „Es stellte sich bald heraus, dass die von uns entwickelten Antikörper gegen HIV um vieles wirksamer sind als die aus tierischen Zellkulturen.“ Genauso war es mit den Antikörper gegen das Ebola-Virus. Die hohe Wirksamkeit war schnell erkannt, doch lange Zeit interessierte sich die Welt nicht für Forschung zu Ebola.
Seit 2008 kooperiert Steinkellner mit einem kleinen Forschungsunternehmen, das das Ebola-Präparat an Tieren testen ließ. „Heuer war ich wieder in den USA: Als ich bei der Heimreise in das Flugzeug stieg, erfuhr ich gerade mal, dass die Genehmigung erteilt wurde, mit den klinischen Tests bei Menschen zu beginnen. Als ich in Wien ausstieg, war alles anders: Tausende infizierte Menschen hätten ein fertiges Medikament gebraucht.“

Freiheit der Forschung!

Es macht sie stolz, als Forscherin eines kleinen Landes an der Lösung eines Problems mitzuarbeiten, das die Welt in Bann hält: „Ohne Freiheit der Forschung gäbe es all diese Anwendungen nicht: Mit der Grundlagenforschung legen wir die Basis, woraus hoffentlich neue Produkte entstehen.“ Ihre Forschung war in Österreich meist gut gefördert. „In Wien ist viel passiert in den vergangenen Jahren, etwa durch den Wiener-, den Wissenschafts-, den Forschungs- und Technologiefonds WWFT und andere Fördergeber.“


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