Angelika Kirchschlager, der uneitle Weltstar

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Dass eine Künstlerin, die in allen bedeutenden Opern- und Konzerthäusern zu Hause ist, auch pädagogische Aufgaben zu erfüllen hat, versteht sich für die Salzburgerin von selbst. Sie bringt Klassik sogar in entlegene Gebirgsdörfer.

Die Stimme, ja – und ein Sprung auf die Bühne; manchmal sind auch Gesten und Gebärden unvergesslich: Anfang der Neunzigerjahre gewann eine junge Salzburgerin gleich drei Preise beim Belvedere-Gesangswettbewerb und damit auch ein Engagement. Genau genommen waren es gleich einmal drei Engagements, aber das ius primae noctis gebührte dem Initiator des Wettbewerbs, Hans Gabor. Er holte die Künstlerin zunächst einmal an sein Haus, die Kammeroper.
Dort eben erschien Angelika Kirchschlager dann mit einem quietschfidelen Sprung auf den Brettern, die ab sofort ihre Welt bedeuten sollten, als Cherubin, und zwar in der gleichnamigen Oper von Jules Massenet.
Das Debüt samt dem temperamentvollen Auftritt werden alle, die dabei waren, nicht vergessen. Zu diesem Zeitpunkt wusste man schon: Die Grazer Oper hatte zugegriffen, aber auch die neue Führung der Staatsoper war bereits hellhörig.
Also ging es nach einem viel beachteten „Rosenkavalier“ in Graz schon 1993 wieder zurück nach Wien. Die Kirchschlager war Ensemblemitglied über viele Jahre hin, sang den „echten“, den Mozart'schen Cherubin in „Figaros Hochzeit“, 45 Mal, bis sie nach einem anderen kühnen Bühnensprung, in dessen Folge das Bett im Gemach der Gräfin nachzugeben drohte, befand, es sei an der Zeit, sich von der Rolle des pubertierenden Buben zu verabschieden.
Derlei Anekdoten erzählt Angelika Kirchschläger ohne Vorbehalt. Eitel ist sie nie geworden, obwohl man ihr bald weltweit Lorbeeren gestreut hat. Selbst als sie ihre Heimatstadt Salzburg zur Idealbesetzung des Rosenkavaliers kürte: Im Festspielhaus, dem Olymp des klassischen Musikbetriebs, angelangt, blieb sie besonnen und vermochte es vor allem stets, ihre Dankbarkeit zu zeigen; gegenüber dem Schicksal, ihren Lehrmeistern.

Legendäre „Liederreise“

Es ist typisch für Kirchschlager, dass sie mit ihrem Gesangsprofessor, Gerhard Kahry, heute gemeinsam Meisterklassen abhält. Weiterzugeben, was sie selbst erfahren und gelernt hat, scheint ihr in ihrem Selbstverständnis das Natürlichste. Nicht nur an die nächste Generation von Sängern, sondern auch an das Publikum, ein Publikum, das nie im Leben daran denken würde, in ein klassisches Konzert zu gehen.
Die „Liederreise“, die Kirchschlager mit dem Pianisten Robert Lehrbaumer absolviert hat, die sie in Dörfer und Kleinstädte geführt hat, die von Hugo Wolf noch nichts gehört haben, wurde zu einem legendären Erfolg – der jetzt gerade mit Orgelbegleitung prolongiert wird. Wenn der Weltstar zu seinem Auditorium kommt, dann nimmt das die letzte Schau vor Mozart, Brahms und Co., da öffnen sich Ohren und Herzen – und die Kulturmissionarin, die sich nie so bezeichnen würde, weil ihr das viel zu prätentiös schiene, diese wahrhaftige Kulturmissionarin also denkt gar nicht daran, für solche Taten eine Gage zu nehmen.

Eine Schubertiade auf Reisen

Man musiziert gegen Kost und Quartier, wie die fahrenden Sänger in den Anfängen einer europäischen Musikkultur, deren späte Früchte da geerntet werden.
Zwischendrin gibt es für Kirchschlager dann doch auch wieder Opernpremieren, zuletzt etwa bei den Bregenzer Festspielen eine Uraufführung der „Geschichten aus dem Wienerwald“, die Nali Gruber nach Ödön von Horváth komponiert hat. Es bleiben – wie denn auch anders? – die besonderen Aufgaben, die diese besondere Künstlerin locken.


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