Ernst Hilger

Ein Galerist mit großer Mission und Unruhe

Ernst Hilger, getrieben von „großer Unruhe“.
Ernst Hilger, getrieben von „großer Unruhe“.(c) Michele Pauty
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Kulturerbe. Der Galerist Ernst Hilger ist ein Pionier des Wiener Kunstbetriebs. Was ihn antreibt? „Menschen für Kunst zu begeistern und junge Künstler zu entdecken.“

Paris/Wien. Man erreicht ihn meist irgendwo auf der Welt, in New York, Basel, auf Krk oder wie jetzt in Paris. Wer heute im Kunstbetrieb Erfolg haben will, muss eine gute Konstitution haben, viele Galeristen sitzen mehr im Flugzeug als in den Ateliers ihrer Künstler. Und Erfolg wollte Ernst Hilger immer haben. Aber auch in Ateliers sitzen, als seinen „Ziehvater“ bezeichnet er immerhin den verstorbenen Bildhauer Alfred Hrdlicka.

Aber neben modernen Klassikern wie Picasso, Keith Haring oder Hans Staudacher zogen ihn vor allem unbekannte Gebiete an – ob das jetzt junge Künstler sind oder die Kunstszene fremder Länder, die er in großen Ausstellungen über den arabischen, asiatischen, russischen oder südosteuropäischen Raum in Wien teils erstmals vorstellte.
Das geschieht mittlerweile an zwei Standorten, in der Innenstadt, wo der 1950 geborene Wiener mit 25 Jahren seine erste eigene Galerie eröffnete. Und seit 2009 in einer großen Halle in der Ankerbrotfabrik in Favoriten. Hilger bespielt Kunstmessen rund um die Welt, ist ein Meister in Kooperationen mit der Wirtschaft. Er ist eine Größe im Wiener Kunstbetrieb. Und einer seiner Pionier: im Vermitteln zeitgenössischer Kunst, im Aufbau der in Österreich nach der Nazi-Zeit völlig zerstörten Sammlerschaft.

Begonnen hat Hilger schon mit Nachwuchsarbeit. Der Wirtschaftsstudent war Kulturreferent der Hochschülerschaft, als er auf die Idee kam, Kunst-Editionen für Studierende herauszugeben. Nur für Studierende, die sich dann mit ihrem Ausweis bis auf die Straße hinaus anstellten, um einen der Kunst-Drucke von Arnulf Rainer oder eben Hrdlicka zu erwerben, erinnert sich Hilger. Um 360 Schilling (ca. 26 Euro; Anm.). Man stelle sich das heute vor. Nebenbei organisierte er Konzerte, betrieb mit dem „Atlantis“ einen der ersten Folk-Clubs Wiens. „Ich dachte eher, ich werde Musikmanager, nicht Kunsthändler“, erzählt er. Doch bald war die Richtung klar, er eröffnete mit anderen die Galerie Spectrum in der Mahlerstraße, die Galerie Academia in Salzburg, gab die erste Kunstzeitschrift des Landes heraus. 1975 landete er dann in der Dorotheergasse.

Die Schwelle liegt hier niedrig

„Mir war immer wichtig, dass sich möglichst viele für Kunst interessieren. Ich wollte nie elitär sein“, erklärt er seine Maxime. Die Schwelle „beim Hilger“ fühlte sich nie so hoch an, wie bei anderen Galerien. Dabei halfen Kooperationen mit Firmen wie Austrian Airlines oder Siemens. In den vergangenen Jahren habe sich aber vieles verändert im Kunstbetrieb, vor allem das Klima der Galerien untereinander, stellt Hilger, zwölf Jahre Präsident des Galerienverbands, fest. Spaß mache ihm die Arbeit trotzdem noch, „große Unruhe“ treibe ihn immer noch an. Aber die Lockerheit untereinander vermisst er. „Es ist ganz anders geworden. Heute interessieren sich viele Menschen für Kunst. Aber nur wenige Leute haben auch das nötige Kleingeld, sie zu kaufen.“ Manchmal, gibt er zu, sei er schon ein wenig müde vom ganzen Betrieb. Hier und da. Aber immer überwiegt die „große Unruhe“, die ihn antreibe. „Und Aufgeben liegt wirklich nicht in meinem Charakter.“ (sp)


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