Ein Einmaleffekt bei Pensionskosten beschert der Fluglinie im ersten Halbjahr schwarze Zahlen. Der Turnaround sei das aber noch nicht, sagt Airline-Boss Jaan Albrecht. Die Ticketpreise könnten steigen.
Wien/Eid. Der Griff in den Pensionstopf hat es gebracht: Ein Vorgriff auf künftig geringere Pensionsverpflichtungen infolge des Betriebsübergangs auf die Regionaltochter Tyrolean hat der AUA im ersten Halbjahr überraschend schwarze Zahlen beschert. Der Betriebsgewinn von 26,6 Mio. Euro schrumpft jedoch ohne dieses „Zuckerl“ von 81,8 Mio. Euro auf einen Verlust von 56 Mio. Euro. Im Vergleichszeitraum 2011 fiel das Minus mit 64 Mio. Euro höher aus.
„Wir sind noch nicht gesund und auch noch nicht immun, um aus eigener Kraft eine neue Krise meistern zu können“, ist AUA-Boss Jaan Albrecht realistisch. Auch Investionen, wie die nun gestartete Aufrüstung der Business Class in den Langstreckenjets mit Liegebetten um 80 Mio. Euro, könne die AUA noch nicht aus eigener Kraft stemmen. Dafür hat die Mutter Lufthansa die Hälfte der im Frühjahr zugesagten Geldspritze von in Summe 140 Mio. Euro überwiesen.
55 Millionen für Abfertigungen
Der bilanzielle Sondereffekt, der sich auch positiv bei der Mutter Lufthansa niederschlug, macht 135 Mio. Euro aus. Es ist ein Vorgriff auf künftig niedrigere Pensionszahlungen. Die AUA erspart sich infolge des mit 1. Juli erfolgten Betriebsübergangs des AUA-Flugbetriebs auf die Tyrolean durch die Umstellung ihres Betriebspensionssystems von einem leistungs- auf ein beitragsorientiertes Modell viel an Pensionskosten sowie anderen Zahlungen wie Abfertigungen und Jubiläumsgeldern. Die Gewerkschaft Vida tobte und sprach von „Bilanztrickserei“ und „Pensionsraub“.
„Wir haben nicht in den bestehenden Pensionstopf gegriffen, der ist mit 305 Mio. Euro prall gefüllt“, beruhigte Albrecht. 175 Mio. Euro entfielen auf das Bordpersonal.
Demgegenüber stehen Belastungen durch Abfertigungen in Höhe von 55 Mio. Euro für 110 Piloten und 214 Flugbegleiter, die im Juni die Fluglinie verlassen haben, weil sie mit dem Betriebsübergang nicht einverstanden waren.
Tickets könnten teurer werden
Der Einmaleffekt von netto 81,8 Mio. Euro wird die AUA auch im Gesamtjahr 2012 in die schwarzen Zahlen katapultieren. „Bereinigt werden wir aber ein negatives Betriebsergebnis haben“, sagte Albrecht, ohne eine Zahl zu nennen. Es werde aber geringer als im Vorjahr (minus 60 Mio. Euro) ausfallen. Denn beim Sparprogramm, das heuer 223 Mio. Euro bringen soll, sei man auf Plan. Erst 2013 rechnet Albrecht mir einem „nachhaltigen“ Betriebsgewinn. Nachsatz: „Wenn sich die Krise nicht noch verschärft.“
Die AUA leidet wie alle europäischen Airlines unter dem hohen Treibstoffpreis, Kosten durch den Emissionshandel und dem harten Wettbewerb. Dazu kommt die Ticketsteuer, die sich heuer mit 40 Mio. Euro negativ zu Buche schlagen wird. Die von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) in Aussicht gestellte Absenkung der Ticketsteuer betreffe nur Kurz- und Mittelstrecken und komme erst 2013. „Damit sind wir nicht zufrieden“, meinte Albrecht und verwies darauf, dass es angesichts der Konkurrenz kaum möglich sei, die Kosten über teurere Tickets auf die Passagiere abzuwälzen.
Vertriebsvorstand Karsten Benz ließ durchblicken, dass die Tickets auf der einen oder anderen Langstrecke teurer werden könnten. Die Swiss hat die Preise im Europa- und Interkontinentalverkehr schon erhöht.
Im ersten Halbjahr galt es laut Albrecht 69 Mio. Euro an Mehrbelastungen für Treibstoff, Gebühren und Personal zu schultern. Dass dies ohne Ergebnisabsturz gelungen sei, wertete er als Erfolg. Ein anderer Pluspunkt: Der vom Bordbetriebsrat und der Gewerkschaft bekämpfte Betriebsübergang, der die Personalkosten mittelfristig um 25 Prozent senken soll, gehe voran. Befürchtungen, dass es durch den Exodus von Piloten zu einem Chaos im traditionell starken Sommerflugverkehr kommen könnte, hätten sich nicht bestätigt. „Unser Flugbetrieb läuft wie ein Schweizer Uhrwerk“, sagte Albrecht. Im Juli habe man fünf Flugzeuge samt Crew aus dem Lufthansa-Konzern geleast, im August vier.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2012)