Die Entfremdung an der ÖVP-Spitze

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Parteichef Michael Spindelegger pfeift via ORF-Fernseh-Interview Finanzministerin Maria Fekter bei Steuersenkungen zurück. Die Störung ist unerwünscht, weil gerade die Faymann-SPÖ in Problemen steckt.

Wien. Es ist schon die zweite Grundsatzrede des Vizekanzlers und ÖVP-Obmanns in diesem Jahr: Am Mittwoch wird Michael Spindelegger in einer Fabrikshalle in Wien-Donaustadt seine Sicht von „Wirtschaft, Wohlstand, Werten“ darlegen. Der ÖVP-Chef versucht damit einmal mehr, die Wirtschaftskompetenz der Volkspartei hervorzustreichen und auch einen Kontrapunkt zu Neo-Parteigründer Frank Stronach zu setzen.

„Nicht auf Pump machen“

Überschattet wird der Auftritt Spindeleggers jetzt von einem innerparteilichen Schachzug. Denn via ORF-Fernseh-Interview hat der Vizekanzler seine eigene Finanzministerin Maria Fekter öffentlich zurückgepfiffen. Fekter hat am Sonntag im „Kurier“ ihre Pläne für eine Steuersenkung kundgetan und auch angekündigt, sie wolle um einen Beschluss einer Steuerreform 2013 kämpfen. Nun winkt Spindelegger demonstrativ ab: Es sei nicht sinnvoll, „jetzt eine Steuerreform auf Pump zu machen“. Einen Beschluss vor der Nationalratswahl halte er nicht für realistisch. So deutlich hat noch selten zuvor ein Parteichef seiner ÖVP-Stellvertreterin und wichtigsten Ministerin eine Abfuhr erteilt – ein Beleg für die Entfremdung des schwarzen Duos.

Fekter hatte neben Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner im Frühjahr 2011 als Alternativkandidatin zu Spindelegger für die ÖVP-Obmannrolle gegolten. Mit Fekter, die meist forsch ans Werk geht und mehr Kanten zeigt als Spindelegger, haben sich manche Schwarze bessere Chancen gegenüber der SPÖ ausgerechnet. Gekürt wurde Spindelegger aber mit breiter Unterstützung.

Bei dem heuer im Februar geschnürten 27-Milliarden-Sparpaket wurden im Nachhinein Differenzen zwischen Spindelegger und der Finanzministerin kolportiert. Diese hätte sich, wie auch von Experten gefordert, für noch umfangreichere Einsparungen eingesetzt.

Der Tiefpunkt in den Beziehungen war dann Ende August erreicht. Spindelegger habe beim Wechsel im Außenamts-Staatssekretariat eine größere Regierungsumbildung überlegt, bei der er selbst statt Fekter Finanzminister werden sollte. Während von der ÖVP solche Pläne nach wie vor als „Gerüchte“ bezeichnet werden, wurde damals versichert, erst der Widerstand des ÖVP-Wirtschaftsbunds habe dem Plan ein Ende bereitet. Dort hatte man einfach das Gerücht in die Welt gesetzt, Spindelegger selbst werde gehen . . .

Auftraggeber überrumpelt

Trotz Spindeleggers Bremsmanövers bei dem Tempo der Steuerreform wird versichert: Es sei einfach nicht richtig, dass es Differenzen zwischen den beiden gebe. Erst am Sonntag haben beide gemeinsam EU-Kommissar Michel Barnier getroffen und via Aussendung versichert: „Wir unterstützen die Idee einer Bankenunion.“

Zugleich wird darauf verwiesen: „Fekter arbeitet im Auftrag von Spindelegger an einer Steuerentlastung.“ Selbstverständlich wolle der ÖVP-Chef eine Steuerreform. Auch über die Schwerpunkte Entlastung der Familien und des Mittelstandes seien beide einig. Gerade weil Fekter vom Obmann betraut wurde, wird ihr Solo beim Verkünden als Affront gegenüber dem „Auftraggeber“ gesehen.

Tatsache sei, dass Österreich trotz Sparmaßnahmen derzeit nur schwer den Budgetpfad halten könne. Auffallend am Vorpreschen Fekters ist nicht nur der Zeitpunkt, sondern dass sie zuvor mehrfach bekräftigt hat, es könne angesichts der angespannten Lage „kein Wünsch-Dir-was“ geben. Fekter hat nun aber das Streichen von Ausnahmen als Finanzierungsvariante genannt.

Mit dem Timing Fekters ist man in der ÖVP jedenfalls unglücklich. Der Grund dafür ist nicht nur Spindeleggers Rede: Man hofft, dass die ÖVP davon profitieren kann, dass Kanzler Werner Faymann und die SPÖ nach dem argen Dämpfer bei seiner Wiederwahl zum SPÖ-Chef angeschlagen sind. Freilich nehmen sich auch Spindeleggers Vorhaben für die Wirtschaft – Hilfen für Jungunternehmer, Erleichterungen bei Unternehmensgründungen und Bürokratieabbau – realistischer, aber bescheiden im Vergleichs zu Fekters Milliarden-Steuerplänen aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2012)

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