Die Klubchefs von SPÖ und ÖVP gehen davon aus, dass der Austrokanadier die Erlaubnis bekommen wird, einen Parlamentsklub zu gründen. Die Staatsanwaltschaft Wien prüft indes die BZÖ-Anzeige gegen Stronach.
Die Klubobleute von SPÖ und ÖVP, Josef Cap und Karlheinz Kopf, gehen von einer Anerkennung des Team Stronach als Klub im Nationalrat aus. Beide glauben, dass sich SP-Nationalratspräsidentin Barbara Prammer an das einst von Heinz Fischer geschaffene Präjudiz im Zusammenhang mit dem Liberalen Forum (LIF) orientieren wird. Am kommenden Dienstag wird es zu der Debatte jedenfalls eine Präsidialkonferenz des Nationalrats geben. Zuvor ist auch ein Treffen von Prammer und dem Team angesetzt.
Die Nationalratspräsidentin habe angekündigt, im Fall des Team Stronach Rechtsauskünfte einzuholen, so Cap. Er geht davon aus, dass sie sich an den gesetzlichen Bestimmungen orientieren wird. Da seinerseits das Liberale Forum als Klub anerkannt wurde, dürfte sich die Entscheidung aber wohl an diesen Präzedenzfall halten. Die Geschäftsordnung müsse daher in Zukunft "präziser formuliert" werden.
Kopf: Fischers "Fehlentscheidung"
In der Ankündigung Stronachs, sich auch Abgeordnete der Koalitionsparteien zu angeln, sieht der SP-Klubchef allerdings "Theaterdonner". Das Team Stronach solle sich derzeit lieber um sich selbst kümmern.
Kopf sprach mit Blick auf das LIF am Dienstag von einer "Fehlentscheidung" des nunmehrigen Bundespräsidenten. "Dieses Präjudiz wiegt natürlich schwer." Nach der Entscheidung Prammers müsse die Geschäftsordnung für die Zukunft geändert werden. Auch in seinen Reihen glaubt Kopf nicht an potenzielle Abtrünnige. "Ich bin mir weiterhin sicher, dass er (Stronach, Anm.) bei der ÖVP nicht fündig werden wird."
Er ist der sechste Abgeordnete im Bunde: Stefan Markowitz wechselt zum "Team Stronach". Der 35-jährige Klagenfurter ist bereits der fünfte Überläufer aus dem BZÖ, Stronachs sechster Abgeordneter ist ein "wilder". Ein Überblick über jene, die bereits zu Stronach wechselten - und jene, die ihm einen Korb gaben.
Der Vorarlberger Christoph Hagen hat dem BZÖ im Oktober 2012 Adieu gesagt und bei Stronach angeheuert. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Elisabeth Kaufmann-Bruckberger saß erst seit Dezember 2011 für das BZÖ im Nationalrat, im vergangenen Sommer entschied sich die Niederösterreicherin für einen Wechsel zum Austro-Kanadier. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
Der Kärntner SPÖ-Nationalratsabgeordnete und Bürgermeister von Spittal an der Drau, Gerhard Köfer, und sein Vize und Parteikollege, Hartmut Prasch, sind als erste zu Frank Stronach übergelaufen. Als Motiv für seinen Wechsel nannte Köfer die Herausforderung, bei einer neuen Bewegung dabei zu sein, und die Möglichkeit, ganz vorne mitzuarbeiten und das Programm mit zu entwickeln.
Erich Tadler, "wilder" Ex-BZÖ-Abgeordneter, steht ebenfalls auf der Liste des Milliardärs. Tadler hatte 2010 im Zuge der Abspaltung der Kärntner Freiheitlichen den BZÖ-Klub verlassen müssen. BZÖ-Chef Josef Bucher behauptete damals, Tadler habe seinen Verbleib bei den Orangen an finanzielle Bedingungen geknüpft, was dieser bestritt. (c) APA/HELMUT FOHRINGER, GEORG HOCH (HELMUT FOHRINGER, GEORG HOCHMUTH)
Der ehemalige BZÖ-Mandatar und derzeit "wilde" Abgeordnete Robert Lugar meldete sich am 23. August als offizieller Mitstreiter Stronachs. Er werde eine "tragende Rolle spielen". Er war der dritte übergelaufene Abgeordnete und stellte sicher, dass Stronach keine Unterstützungserklärungen aus der Bevölkerung für die Kandidatur bei der Nationalratswahl braucht.
Eine Rolle in der neuen Partei soll auch Karin Prokop, die Tochter der früheren ÖVP-Innenministerin Liese Prokop, spielen. Am Bild: Stronach, Köfer, die Ex-FPÖ-Politikerin aus der Steiermark, Waltraud Dietrich und Karin Prokop (c) APA/GERT EGGENBERGER
Stronach fischt für seine Parteigründung offenbar auch in den Reihen der Grünen nach Personal: Kein Erfolg beschieden war den Rekrutierungsversuchen bei dem Wiener Gemeinderat Christoph Chorherr. "Ja, man hat versucht, mich ins Boot zu holen", bestätigte dieser. Seine Antwort sei aber eindeutig gewesen, er gab dem Industriellen einen Korb. (c) APA/HELMUT FOHRINGER
Auch der grüne Ex-EU-Abgeordnete Johannes Voggenuber ließ den austro-kanadischen Milliardär abblitzen, berichtet der "Kurier". Er habe Stronach demnach zwei Mal auf der Mailbox gehabt, sah aber "keinen Grund, zurückzurufen". (c) APA/GEORG HOCHMUTH
Immer wieder fiel im Zusammenhang mit der Stronach-Partei der Name des ehemaligen Bauernbund-Obmanns Fritz Grillitsch (ÖVP). Er sprach allerdings von einem "Sommertheater". Seine politische Heimat sei nach wie vor die steirische Volkspartei.
Auch bei dem früheren ÖVP-Landesrat Herbert Paierl soll Stronach angefragt haben. Er hüllt sich aber in Schweigen. Gegenüber dem ORF Steiermark reagierte er mit "no comment".
Hoch im Kurs stand auch der stellvertretende BZÖ-Klubobmann Peter Westenthaler. Immerhin war er schon einmal für Stronachs Magna-Konzern tätig. Westenthaler machte den Spekulationen aber ein Ende: Er habe an einem Parteiwechsel kein Interesse.
Berichtet wurde auch über einen Einstieg von Waltraud Klasnic (ÖVP) bei dem Austrokanadier. Sie war von Jänner 1996 bis Oktober 2005 Landeschefin der Steiermark.Klasnic ließ über einen Sprecher ausrichten, sie stehe nicht zur Debatte.
Ein weiterer prominenter Name in der Gerüchteküche war die frühere VP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky.Die Spekulationen ebbten aber bald wieder ab. In einer Aussendung stellte sie klar: "Ich habe beim Ausscheiden aus meinem politischen Amt deutlich festgehalten, dass dieses Kapitel für mich abgeschlossen ist - daran hat sich nichts geändert." (c) APA
Die Mitstreiter des Milliardärs
Die Regierungsspitze blieb im Falle Stronach eher wortkarg. SP-Bundeskanzler Werner Faymann verwies auf die "Zuständigkeit des Parlaments". VP-Vizekanzler Michael Spindelegger sieht darin eine Aufgabe Prammers, das zu entscheiden.
Staatsanwaltschaft prüft Anzeige
Neben der Frage nach dem Klubstatus beschäftigt das "Team Stronach" aber noch eine ganz andere Sache: eine vom BZÖ eingebrachte Anzeige wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Diese ist am Dienstag bei der Staatsanwaltschaft Wien eingelangt, wie Behördensprecher Thomas Vecsey mitteilte. Die Anzeige werde nun geprüft, so Vecsey, und zwar sowohl auf die Frage der Zuständigkeit hin als auch auf die inhaltliche Substanz.
Das BZÖ wirft dem Austrokanadier Frank Stronach und dem ehemaligen orangen Abgeordneten Robert Lugar Bestechung vor. Bucher und anderen BZÖ-Mandataren sollen für einen Wechsel zur Partei Stronachs hohe Geldsummen geboten worden seien. Bucher sprach in seinem Fall konkret von 500.000 Euro. Das Team Stronach weist alle Vorwürfe zurück und kündigte an, eventuell selbst wegen Verleumdung gerichtlich gegen das Bündnis vorzugehen.
Der Bündnischef wettert erneut gegen die vom BZÖ zu Stronach übergelaufenen "Söldner". Dem Austrokanadier warf er vor, nicht verkraften zu können, dass er "auf sein Geld verzichtet" habe.
Mit dem fünften BZÖ-Neuzugang hat das Team Stronach am Montag einen Antrag auf Klubgründung gestellt. Parlamentspräsidentin Barbara Prammer ist skeptisch - aber machtlos, sagen namhafte Juristen und die ÖVP.
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