20.000 Notrufe sind am Montag eingegangen. Die große Frage sei, wie lange das NYPD die ganze Last tragen kann, sagt ein Polizeirechts-Professor.
"Sandy" zwingt das New York Police Department (NYPD), wie die Behörde mit ihren 50.000 Mitarbeitern offiziell heißt, zum Dauerspagat: Sie setzt Boote und Hubschrauber in überschwemmten Gegenden ein, besetzt Kontrollpunkte, zeigt Präsenz in Stadtteilen ohne Strom, regelt den Verkehr, sammelt und verteilt Lebensmittel, betreibt Notrufzentralen, bewacht gefährdete Objekte und stiftet Frieden unter Autofahrern, die sich wegen der Benzinknappheit in den langen Schlangen vor den Tankstellen in die Haare geraten. "Die große Frage ist, wie lange das NYPD die ganze Last tragen kann", sieht der Polizeirechts-Professor Gene O'Donnell das Ende der Fahnenstange. Die Beamten leisteten Außerordentliches, sagte der frühere Polizist.
Auf dem Höhepunkt des Sturms seien am Montag 20.000 Notrufe eingegangen, verdeutlicht Polizeisprecher Paul Browne die Belastungen für die Beamten. Doch die befürchtete Explosion der Kriminalität ist ausgeblieben. Seit "Sandy" sei kein einziger Mord gemeldet worden. Normal sei in diesem Jahr ein Tötungsdelikt pro Tag.
Angst vor Straftaten wächst
Doch in den Stadtteilen ohne Strom wächst die Angst vor Straftaten. Gerüchte über Plünderungen und Einbrüchen machen die Runde. Und im Stadtteils Queens sollen Diebe ihr Unwesen treiben, die sich als Bundesbeamte ausgeben. Die Polizei hat reagiert und die uniformierte Präsenz erhöht. Sie hat Beamte aus Einheiten abgezogen, die das organisierte Verbrechen bekämpfen. Normalerweise in Zivil arbeitende Kripo-Ermittler laufen in Uniform Streife. Und Notunterkünfte werden von Objektschützern bewacht, die sonst an Schulen aufpassen.
Die Bürger wüssten gar nicht, wie umfangreich die Aufgaben der Polizei seien, konstatierte der Strafrechtsprofessor Joseph King. "Es ist unglaublich. Sie muss überall Flagge zeigen." Das tut sie mit Erfolg, wie die Festnahmen zahlreicher Tatverdächtiger zeigen. Psychisch besonders belastend für die Polizisten ist der Umgang mit toten Kindern. "Niemand geht so weit zu sagen, dass es schlimmer ist als die Anschläge von 2001, aber vergleichbar ist es schon", zieht ein Polizist Bilanz nach dem Wirbelsturm "Sandy".
Bittere Wettervorhersage
Nach Wirbelsturm "Sandy" droht den betroffenen Regionen an der US-Ostküste zusätzlich zu Stromausfällen und Benzinknappheit auch noch eine Kältewelle. Bis Mitte kommender Woche soll es empfindlich kalt bleiben mit Temperaturen von um die sechs Grad, berichteten US-Medien am Samstag. Danach könnte es noch schlimmer kommen: Ein Kältesturm entwickele sich derzeit über dem Atlantik, der Regen und Wind im Gepäck habe.
Die Zahl der Toten nach dem Wirbelsturm stieg derweil nach Angaben des US-Senders CNN auf 106. Dazu kommen 2 Tote in Kanada und 67 in der Karibik. Und die Suche nach Vermissten geht vielerorts weiter.
(APA/Reuters)