Spekulationen werden laut, wonach Investmentbanker Flöttl hinter einem Hedgefonds steckt. Das wird von dessen Anwalt, Herbert Eichenseder, als „Schwachsinn“ abgetan.
Wien/Newyork/M.s. Die intransparenten Eigentümerverhältnisse hinter dem neuen Bawag-Drittel-Miteigentümer Golden Tree, für den sich auch die Finanzmarktaufsicht interessiert, sorgen für Aufregung: Ist Investmentbanker Wolfgang Flöttl selbst im Hintergrund – über eine niederländische Offshore-Firma – an der Bawag beteiligt? Nahrung erhält diese Spekulation, da Bawag-Investoren ein undurchsichtiges, verschachteltes Geflecht bilden. Schon 1993 wollte sich Wolfgang Flöttl offenbar an der damals von seinem Vater Walter Flöttl geleiteten Bank beteiligen. Dies ergibt sich aus einem der „Presse“ vorliegenden Entwurf eines Optionskaufs.
Golden Tree Asset Management ist ein Hedgefonds mit Sitz in New York. Dass dahinter tatsächlich Flöttl steckt, wird von dessen Anwalt, Herbert Eichenseder, als „Schwachsinn“ abgetan.
Derzeit geht der Bawag-Prozess II über die Bühne. Ein Rückblick auf Helmut Elsners Werdegang. Elsner wuchs in Graz auf. Nach der Handelsakademie begann er seine berufliche Karriere bei der Gewerkschaftsbank Bawag. (c) Robert JAEGER Bereits elf Jahre nach seinem Einstieg bei der Bank wurde Helmut Elsner Filialleiter. 1978 wurde er vom damaligen Bawag-Chef Walter Flöttl in die Zentrale nach Wien geholt. Dort führte er anfangs das kommerzielle Großkundengeschäft. 1995 beerbte der gebürtiger Wiener Neustädter Elsner Walter Flöttl als Bawag-General. (c) Robert Jaeger Nach acht Jahren wurde Elsner seinerseits 2003 von Johann Zwettler abgelöst und ging in den - damals scheinbar verdienten - Ruhestand. (c) APA (TECHT Hans Klaus) Während seiner Dienstzeit an der Spitze der Bawag hatte er regelmäßigen Kontakt mit Ministern der Regierung. Pikanterweise traf er 2000 mit dem damaligen VP-Finanzminister Karl Heinz Grasser zum Thema "Sparbuchanonymität" zusammen. (c) APA (SCHNEIDER Harald) Den damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel traf Helmut Elsner 2002 anlässlich der Rückführung von Bösendorfer nach Österreich. Nach den Turbulenzen der Bawag und deren Übernahme durch den US-Fonds Cerberus wurde die traditionsreiche Klaviermanufaktur 2007 an den japanischen Musikinstrumentenerzeuger Yamaha verkauft. Auch mit anderen Unternehmen wie Stiefelkönig hatte die Bank wenig Erfolg. (c) APA (TECHT Hans Klaus) Im Jahr 2000 musste der ÖGB plötzlich mit seinem Gesamtvermögen für die Bawag haften, um die wegen exorbitanter Spekulationsverluste am Abgrund stehende Gewerkschaftsbank zu retten. Fritz Verzetnitsch verpfändete den Streikfonds des ÖGB ohne Einbindung des Präsidiums. (c) APA (Schneider Harald) Erst 2005, fünf Jahre nach Elsners Abgang als Bawag-General, flog das Karibik-Debakel auf. Helmut Elsner und dessen mutmaßliche Komplizen sollen laut Anklage ab Herbst 1998 unvertretbar riskante Geschäfte ohne annähernd ausreichende Sicherheiten und Abfederungsmaßnahmen eingegangen sein. (c) FABRY Clemens Zu Anhörungen in dieser Causa blieb der Ex-Bank-Chef aus gesundheitlichen Gründen fern. Das Foto, das Elsner jedoch in Südfrankreich in angeblich bester Gesundheit vor seinem schwarzen Porsche zeigte, brachte ihm eine Verhaftung wegen Fluchtgefahr ein. (c) APA (KURIER / MARTIN ULM) In dieser Villa in Südfrankreich wurde Elsner verhaftet und in das berüchtigte Les-Baumettes-Gefängnis in Marseille gebracht, wo er auf der Krankenstation verblieb. Aufgrund der Aussagen des Elsner-Anwalts zum Gesundheitszustand seines Mandanten war es lange Zeit nicht möglich eine Auslieferung zu erwirken. (c) APA (NORBERT JUVAN/OESTERREICH) Erst im Februar 2007 wurde Helmut Elsner ins Wiener Wilhelminenspital überstellt, wo die Notwendigkeit dreier Herz-Bypässe festgestellt wurde. Diese wurden ihm kurz darauf in einer Operation im Wiener AKH eingesetzt. Nach einem kurzen Kuraufenthalt im Rehabilitationszentrum Althofen in Kärnten wurde der U-Häftling im Mai 2007 in die Justizanstalt Josefstadt verlegt. (c) AP (GERT EGGENBERGER) Elsner musste sich ab Juli 2007 wegen Untreue und Betrug vor dem Wiener Landesgericht verantworten. Sein gesundheitlicher Zustand machte dem Angeklagten während des Bawag-Prozesses zunehmend zu schaffen. (c) Hans Klaus Techt An der Nebenfront wurde der Ex-Bawag-Chef 2008 zu zweieinhalb Jahren in erster Instanz wegen Veruntreuung verurteilt. Er hat dem ehemaligen Konsum-Mann Hermann Gerharter 550.000 Euro der Bawag in bar geschenkt. Dieser hat damit die Prozesskosten aus dem Konsum-Prozess gegen ihn gezahlt. (c) FABRY Clemens Die Richterin des Bawag-Prozesses hieß Claudia Bandion-Ortner. Ihr fiel der Vorsitz des Schöffensenats zu. Die 117 Verhandlungstage bescherten ihr eine mediale Dauerpräsenz. Das im Juli 2008 gefällte Urteil gegen Elsner lautet 9,5 Jahre Haft ohne Bewährung. (c) Dapd (Hans Punz) Im Dezember 2010 hebt der Oberste Gerichtshof (OGH) hebt große Teile des Bawag -Urteils von Richterin Claudia Bandion-Ortner wegen formaler Mängel auf. Die Verurteilung Elsners zur Höchststrafe von 10 Jahren wird rechtskräftig. Auch für Johann Zwettler wird die Verurteilung zu fünf Jahren Haft bestätigt. Für die anderen sieben Angeklagten, darunter Wolfgang Flöttl und Peter Nakowitz, heißt es zurück an den Start. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH Die starke Frau an Helmut Elsners Seite ist seine Gattin Ruth. Nach der Verhaftung von Marcel – so nennt die einstige Bawag-Schalterangestellte den Ex-Generaldirektor – im Februar 2007 sei sie gezwungen gewesen, ihr Leben "allein in die Hand zu nehmen". Sie schrieb ein Buch über diese Zeit des Alleinseins. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Zahlreiche Enthaftungsanträge der Anwälte Elsners wurden von den Gerichten abgelehnt. So kam es zu keiner Rückkehr von Elsner in sein Penthouse in der Wiener City. Auch der Antrag des Ex-Bawag-Generaldirektors mit einer elektronischen Fußfessel in den Hausarrest zu wechseln wurde von den Behörden abgelehnt. (c) APA (HERBERT PFARRHOFER) Im Juni 2011 wurde der Ex-Bawag-General in das Wilhelminen-Spital überstellt. "Seine Zunge ist geschwollen, er hat Lähmungen in den Beinen. Man konnte von Woche zu Woche sehen, wie sein Körper verfällt", sagte Ehefrau Ruth Elsner. (c) Harald Hofmeister Am 8. Juli 2011 wird Elsner nach viereinhalb Jahren im Gefängnis wegen Haftunfähigkeit aus medizinischen Gründen freigelassen. Sein Gesundheitszustand habe sich während der Haft verschlechtert, insbesondere seine Herzkrankheit, heißt es in der Begründung. Am Mittwoch, 13. Juli 2011, konnte er das Wilhelminenspital verlassen. APA-POOL/PRIVAT Der haftunfähige Elsner wird im März 2012 von Journalisten der "Oberösterreichischen Nachrichten" zu nächtlicher Stunde beim Tanzen in der Eden-Bar in Wien gesehen. Elsner bestätigt dies, ortet aber eine Intrige gegen ihn. Wenig später wurde bekannt, dass er Tuberkulose haben könnte. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER Am 25. April 2012 beginnt der zweite Bawag-Prozess am Wiener Landesgericht. Wolfgang Flöttl, die Ex-Bawag-Vorstände Peter Nakowitz, Christian Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker, Ex-Bawag-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger und Ex-Bawag-Wirtschaftsprüfer Robert Reiter sind angeklagt. Elsner ist aus gesundheitlichen Gründen niemals erschienen. Clemens Fabry ("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2012)
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