Unter Protesten öffnete die von Saudiarabien finanzierte interreligiöse Organisation ihre Pforten. Geführt wird die neue Organisation von einem neunköpfigen Direktorium. Darin sind alle Weltreligionen vertreten.
Wien/Cu. Um halb fünf am Nachmittag durchschnitten drei Außenminister im ersten Stock des Wiener Ringstraßenpalais Sturany ein rotes Band. Damit eröffneten sie, symbolisch zumindest, das „König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog“.
Außer Gastgeber Michael Spindelegger („Keine Alternative zu Dialog“) führten die Außenminister Spaniens und Saudiarabiens, José Manuel Garcia Margallo und Saud al-Faisal bin Abdulaziz al-Saud, die Schere. Sie vertreten die Gründungsstaaten der neuen Organisation. Kurienkardinal Jean-Louis Tauran wohnte dem Akt auch bei; der Vatikan hat Beobachterstatus.
Das Dialogzentrum trägt den Namen des saudiarabischen Königs, weil er es angeregt hat und auch alles zahlt. Zehn bis 15 Millionen Euro wird er in den ersten drei Jahren zuschießen. Als Generalsekretär fungiert ein Vertrauensmann des Monarchen, der ehemalige Vize-Bildungsminister Faisal bin Abdulrahman bin Muammar. Ihm zur Seite steht als Stellvertreterin die frühere österreichische Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Geführt wird die neue Organisation von einem neunköpfigen Direktorium. Darin sind alle Weltreligionen vertreten, Christentum und Islam ebenso wie der Hinduismus, der Buddhismus und das Judentum.
Ein Platz ist auch für einen wahhabitischen Gelehrten reserviert. Der in Saudiarabien praktizierte Wahhabismus folgt einer fundamentalistischen Islam-Auslegung. In Saudiarabien ist Christen jegliche religiöse Betätigung untersagt. Sie dürfen keine Kirchen bauen, auch Messen in Privatwohnungen werden immer wieder unterbunden. Wer vom Islam abfällt, dem droht die Todesstrafe.
Unterstützer des Projekts argumentieren, dass es positiv auf Saudiarabien zurückwirken könnte. Kritiker wie die grüne Abgeordnete Alev Korun, sehen jedoch im Dialogzentrum ein Feigenblatt, das die Intoleranz in Saudiarabien verdecken soll. Sie und andere hielten am Montag eine Mahnwache ab. Die Initiative „Liberaler Muslime Österreich“ organisierte einen „symbolischen Hungerstreik“. Und die „Homosexuelle Initiative Wien“ sowie die laizistische Gruppe „Religion ist Privatsache“ erstatteten Strafanzeige: Saudiarabien habe beim Erwerb des Palais Sturany zu Unrecht Steuervorteile erhalten.
Die Proteste hielten die politischen und religiösen Würdenträger abends nicht von der Eröffnungsfeier in der Hofburg ab. Stargast: UN-Generalsekretär Ban Ki-moon.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2012)