Die Überprüfung des Entführungsfalls „Kampusch“, an der auch das FBI beteiligt ist, gestaltet sich zäher als erwartet. Notizen des verstorbenen Chefermittlers Franz Kröll sorgen für Unruhe.
Wien. Seit Oktober 2012 kämpft sich ein internationales Expertenteam durch den Entführungsfall „Kampusch“. Dabei wird die bisherige – keineswegs fehlerfreie – Arbeit der österreichischen Behörden analysiert. Für die Zukunft sollen effektivere Ermittlungsmethoden dargelegt werden. Doch der Abschluss der Prüfung verzögert sich erheblich. Dieser war vom Innenministerium für Ende 2012 angekündigt worden. Mittlerweile ist vage von „Februar, März“ die Rede. „Unser ambitioniertes Zeitziel war nicht zu halten“, formuliert der Sprecher des Ressorts Karl-Heinz Grundböck elegant.
„Skeptiker“ befassen BKA und FBI
Ein Grund für den Verzug könnte der unermüdliche – und von der Polizei mit Argusaugen verfolgte – Einsatz eines gewissen Karl Kröll sein. Er ist der Bruder des Mitte 2010 im Alter von 59 Jahren aus dem Leben geschiedenen Kampusch-Chefermittlers Franz Kröll. Und er bezweifelt nach wie vor die offizielle „Ein-Täter-Theorie“. Diese besagt, dass der Nachrichtentechniker Wolfgang Priklopil allein für die Entführung und achteinhalbjährige Gefangenschaft von Natascha Kampusch (März 1998 bis August 2006) verantwortlich ist. Unmittelbar nachdem das Opfer aus dem Haus seines Entführers in Strasshof, Niederösterreich, geflohen war, stürzte sich Priklopil vor einen Zug.
Somit existiert nur eine Aussage zum Verlauf der Entführung, eben jene der nunmehr 24 Jahre alten Natascha Kampusch. Sie sprach bisher immer nur von einem Täter.
Doch wie bewertet das Expertenteam, das auf Wunsch des österreichischen Parlaments ans Werk gegangen ist, die Angaben jener Zeugin, die als Zwölfjährige die Entführung beobachtet und mehrmals gleichlautend ausgesagt hatte, zwei Männer im Entführungsfahrzeug (weißer Mercedes-Kastenwagen) gesehen zu haben.
Auf die Angaben dieser Zeugin, I. A., wird in einem Papier mit dem Titel „Offene Ermittlungsansätze“ hingewiesen. In dem – in gehobener Sprache abgefassten – Schreiben werden insgesamt acht Punkte aufgelistet. Die Angaben der Zeugin I. A. finden sich gleich in Punkt 1. In Umlauf gebracht wurde das Papier von „Skeptikern“ rund um Karl Kröll – von Personen, die sich ebenfalls mit der Ein-Täter-Version nicht abfinden wollen. Zu diesem Kreis sollen auch privat „aushelfende“ Polizeibeamte zählen.
Mittlerweile hat das Papier auch seinen Weg in die USA und nach Deutschland gefunden: Wie berichtet besteht jenes internationale Expertenteam, das derzeit die 270.000 Seiten umfassende Akte „Kampusch“ durchforstet, auch aus Beamten der US-Bundesermittlungsbehörde FBI (Federal Bureau of Investigation) und aus Beamten des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA). Der „Kreis der Skeptiker“ hat bereits dafür gesorgt, dass die Auflistung „offener Ermittlungsansätze“ sowohl direkt der US-Botschaft in Wien als auch (per Post) dem BKA zugeht. Man traue nämlich den österreichischen Behörden nicht, lässt Kröll wissen.
Die Flucht von Natascha Kampusch aus ihrer achteinhalb Jahre dauernden Gefangenschaft in einem Haus in Strasshof in Niederösterreich hat sich im vergangenen August zum siebenten Mal gejährt. Als Zehnjährige wurde die junge Frau im März 1998 von dem Nachrichtentechniker Wolfgang Priklopil auf dem Weg zu ihrer Schule in Wien entführt. Der Mann, der sich nach der Flucht seines Opfers das Leben nahm, sperrte die heute 24-Jährige jahrelang in ein winziges Kellerverlies. Der spektakuläre Kriminalfall sorgt nach wie vor für Schlagzeilen. Im Folgenden eine Chronologie der Ereignisse. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Natascha Kampusch verschwindet auf dem Weg zur Schule. In der Früh verlässt sie die elterliche Wohnung am Rennbahnweg, um die Volksschule am Brioschiweg zu besuchen. Dort kommt sie jedoch nie an. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Eine groß angelegte Suchaktion bleibt ohne Erfolg. (c) AP
Eine Schülerin erzählt der Polizei, dass sie beobachtet hat, dass Kampusch in einen weißen Bus mit Gänserndorfer Kennzeichen gezerrt worden ist. (c) EPA / Bundeskriminalamt
Die Polizei gibt bekannt, 700 weiße Kleinbusse aus Wien und Umgebung zu überprüfen. (c) APA / Bundeskriminalamt
Neuerlich sucht ein Großaufgebot der Polizei nach dem Mädchen: Zu Lande, in der Luft und unter Wasser fahnden die Beamten nach Kampusch. (c) AP
Wolfgang Priklopil wird in Strasshof von Beamten des Sicherheitsbüros aufgesucht. Er hat einen weißen Lieferwagen, den er laut eigener Aussage für Bauarbeiten benutzt. Alibi für die Tatzeit habe er keines. Die Ermittler machen Fotos und fahren wieder nach Wien. (c) APA / Bundeskriminalamt
Ein Hundeführer der Wiener Polizei macht das Sicherheitsbüro erneut auf den Entführer in Strasshof aufmerksam. Der "Eigenbrötler" habe Kontaktprobleme und habe eventuell Waffen. Außerdem solle er sexuell einen "Hang zu Kindern" haben, warnt der Beamte. Er will aber nicht namentlich auftauchen und wird in den Akten anonym geführt. Der Kriminalbeamte bringt den Hinweis zu Papier und gibt ihn seinem Vorgesetzten weiter. (c) APA (Repro/Hans Klaus Techt)
Der Fall wird einer neuen "SOKO Kampusch", geleitet von der burgenländischen Kriminalabteilung, übergeben. "Manchmal befindet man sich in einer festgefahrenen Situation, eine Sichtweise von Außen kann da durchaus weiterhelfen", heißt es aus dem Innenministerium (c) AP (Ronald Zak)
Das Bundeskriminalamt lässt auf dem Amtshilfeweg überprüfen, ob es beim Verschwinden Nataschas einen Zusammenhang mit den Taten des französischen Serienmörders Michel Fourniret gibt. (c) APA (Hans Klaus Techt)
In Strasshof taucht eine Frau auf, die behauptet, Natascha Kampusch zu sein. Sie sei jahrelang von einem Mann gefangen gehalten worden und habe nun die Flucht gewagt. In einem Garten unweit ihres Gefängnisses bittet sie eine Frau um Hilfe, die daraufhin die Polizei verständigt.
Die Eltern von Kampusch werden verständigt, die die junge Frau eindeutig als ihr Kind identifizieren. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Als ihr Entführer, Wolfgang Priklopil, entdeckt, dass Kampusch die Flucht gelungen ist, steigt er in seinen roten BMW und rast davon. In Wien wirft sich der 44-Jährige vor einen Zug. (c) APA
Priklopil ist sofort tot. (c) APA
Die Ermittler geben bekannt, dass es sich bei der jungen Frau tatsächlich um Natascha Kampusch handelt. Die damals 18-Jährige hat an derselben Stelle eine Narbe wie das damals zehnjährige Mädchen. (c) EPA
Außerdem ist bei der Tatortbegehung in Strasshof in dem Verlies Nataschas Reisepass gefunden worden.
Dass Kampusch ihrem Peiniger entkommen konnte, liegt an dem lockeren Umgang, den Priklopil zum Schluss an den Tag gelegt hat. Er hat das Mädchen auch zu Einkäufen und Ausflügen mitgenommen, sagen die Ermittler. (c) Die Presse (Fabry)
Am Tag der Flucht sollte Kampusch das Auto Priklopils reinigen. Wegen des Lärms hat er sich einige Meter entfernt, um ein Telefongespräch zu führen. Diesen Moment nützte Kampusch für ihre Flucht. (c) APA
Es wird außerdem bekannt, dass die Behörden seit 1999 mehrmals in das Haus des Entführers kamen, Kampusch wurde dabei aber nicht entdeckt. Das Mädchen war in einer Montagegrube unter der Garage versteckt. Das Verlies war durch eine Tresortür gesichert.
Ministerin Prokop und der Ermittlungsleiter Nikolaus Koch dementieren Ermittlungsfehler. Priklopil habe bei einer Überprüfung ein stichhaltiges Alibi vorweisen können. Im Akt vom 6. 4. 1998 steht das Gegenteil. (c) APA (Roland Schlager)
Natascha Kampusch stellt sich erstmals seit ihrem Entkommen den Medien. In Interviews mit "News", "Kronen Zeitung" und dem ORF sagt sie unter anderem: "Ich dachte nur an Flucht." (c) AP (RONALD ZAK)
Der ehemalige Bundeskriminalamts-Chef Herwig Haidinger sorgt im Innenausschuss des Parlaments für einen Eklat. Dabei spricht er auch von Hinweisen, die zu einer früheren Aufdeckung des Falls Kampusch geführt hätten, aber vertuscht worden seien. (c) AP (Ronald Zak)
Tags darauf setzt Innenminister Günther Platter (ÖVP) eine Evaluierungskommission in der Causa fest, der letztendlich der ehemalige Verfassungsgerichtshof-Präsident Ludwig Adamovich vorsteht. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Nachdem in Medien geheime Akten des Falls Kampusch aufgetaucht sind, entbrennt ein heftiger politischer Schlagabtausch um undichte Stellen im Innenministeriums-Untersuchungsausschuss. Kampusch selbst übt heftige Kritik an der Weitergabe und der Veröffentlichung der Akten. (c) Hans Klaus Techt
Die Evaluierungskommission übergibt ihren Bericht zum Fall Kampusch dem Innenminister. Im Kern steht darin, "dass die sachdienlichen Ermittlungsansätze bisher nicht vollständig ausgeschöpft wurden". Im deutschen Magazin "stern" wird berichtet, dass die Polizei in der Causa die Ermittlungen wieder aufnimmt. Das wird dementiert. (c) Roland Schlager
Der Prozess Brigitta Sirnys gegen den pensionierten Richter Martin Wabl wird abgeschlossen. Wabl behauptet fortgesetzt, Sirny wäre an der Entführung ihrer Tochter beteiligt gewesen. (c) EPA (Markus Leodolter)
Der Fall Kampusch wird neu aufgerollt. Das Innenministerium setzt eine Kommission ein, die sich mit den ungeklärten Fragen aus dem Bericht der Evaluierungskommission auseinandersetzen soll. Beispielsweise geht es um die Aussage einer bei der Entführung Zwölfjährigen, die von zwei Tätern berichtete. (c) EPA (Markus Leodolter)
Das Landesgericht in Graz hat in zweiter Instanz das Urteil in der Causa Brigitta Sirny - Martin Wabl bestätigt. Damit ist laut dem Gericht keine ordentliche Revision mehr zugelassen. Wabl war zur Unterlassung der Behauptung verurteilt worden, Brigitta Sirny, sei an einem möglichen sexuellen Missbrauch sowie an der Entführung ihrer Tochter beteiligt gewesen.
Es gab in der achteinhalb Jahre andauernden Entführung von Natascha Kampusch auf jeden Fall "Mitwisser". "Ganz sicher", sagt einer, der sich in den vergangenen Monaten fast ausschließlich damit beschäftigte, im Gespräch mit der "Presse". Ob es sich auch um Mittäter handle, müsste nach Abschluss der neuerlichen Polizeiarbeit das Gericht klären, heißt es.
Die Soko Kampusch darf die Akten - auf die Anregung des neu eingesetzten Grazer Oberstaatsanwalts Thomas Mühlbacher - unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen einsehen. Bisher wurde das aus Angst vor der Veröffentlichung intimer Details nicht erlaubt. Die Oberstaatsanwaltschaft erteilte eine entsprechende Weisung.Im August zieht die Oberstaatsanwaltschaft Wien das Verfahren an sich und setzt Mühlbacher dauerhaft als Leiter der Ermittlungen ein. (c) APA (MARKUS LEODOLTER)
Gegen Priklopils Freund Ernst H. wird wegen Beteiligung ermittelt. Er wird auch der Freiheitsentziehung verdächtigt. Die beiden Männer trafen sich kurz nach Kampuschs Flucht ein letztes Mal. Weiters wird ein Ersuchen an die deutsche Staatsanwaltschaft gestellt, bei zwei Personen Beweismittel sicherzustellen. (c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
Kampusch wird mehrere Stunden von der Staatsanwaltschaft befragt. Gleichzeitig wird Ernst H. von 15 Uhr bis Mitternacht in Wien einvernommen. Beim Verhör ändert H. seine bisherigen Aussagen und gibt an, doch von Kampuschs Entführung gewusst zu haben. Priklopil soll ihm die Tat unmittelbar vor seinem Ableben gestanden haben. Auch punkto einer Geldüberweisung von 500.000 Schilling (rund 36.300 Euro) an den Täter macht er andere Angaben und rückte von der ursprünglichen Version, er habe seinem Freund Geld für ein Auto geliehen, ab. (c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
Adamovich wird im Wiener Straflandesgericht wegen übler Nachrede zu einer Entschädigung von 10.000 Euro verurteilt. Die Mutter von Kampusch, Brigitta Sirny, hatte den Juristen verklagt, nachdem dieser in mehreren Interviews behauptet hatte, es wäre denkbar, dass für Kampusch die Zeit ihrer Gefangenschaft "allemal besser war als das, was sie davor erlebt hat". Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (c) AP (Hans Punz)
Wolfgang Priklopil hat bei der Entführung offenbar keine Komplizen bzw. Mitwisser gehabt. Die Mehrtäter-Theorie ist auszuschließen, so der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA), Werner Pleischl. Auch die Verdachtslage gegen den in dem Verfahren als Beschuldigten geführten Freund von Wolfgang Priklopil, Ernst H., hat sich nicht erhärtet. (c) Www.momentfang.com
Der Privatsender ATV strahlt die NDR-Dokumentation "Natascha Kampusch – 3096 Tage Gefangenschaft" von Peter Reichard aus. Das Team durfte erstmals im Tathaus drehen. (c) EPA (MARCUS BRANDT)
Ernst H. wird vom Straflandesgericht Wien vom Verdacht der "Begünstigung" (§ 299 Strafgesetzbuch) freigesprochen. Die Anklage hat ihm vorgeworfen, er habe Wolfgang Priklopil "der Verfolgung (...) entzogen" haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (c) AP (Ronald Zak)
Der ehemalige Leiter der Kampusch-Kommission wird in zweiter Instanz vom Vorwurf der üblen Nachrede freigesprochen. Er hatte behauptet, dass für Kampusch die Zeit ihrer Gefangenschaft "allemal besser war als das, was sie davor erlebt hat". (c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
22. Februar 2011Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat sich zu einem unerwarteten Schritt entschlossen: Erstmals soll ein unabhängiger Ermittlungsrichter prüfen, ob es bei den in Wien geführten Ermittlungen zur Entführung Schlampereien oder Versäumnisse gab. Innsbruck ist für diese heikle Causa – fünf teils hochrangige Staatsanwälte sind beschuldigt – seit Oktober 2010 zuständig. (c) APA/ROBERT PARIGGER (ROBERT PARIGGER)
Die Republik Österreich lehnt eine Entschädigungszahlung an Kampusch für ihr jahrelanges Martyrium ab. Das entscheidet die Finanzprokuratur im Namen des Innenministeriums, da kein "begründeter" Verdacht gegen den Kidnapper vor der Selbstbefreiung der 23-Jährigen weitere Ermittlungen notwendig gemacht hätte.24. November 2011Das gegen fünf Staatsanwälte geführte Amtsmissbrauchs-Verfahren wird eingestellt. (c) EPA (PACO CAMPOS)
Ein Parlamentsausschuss empfiehlt, die Ermittlungen durch Cold Case-Spezialisten neuerlich evaluieren zu lassen. Auch Mitglieder des amerikanischen FBI wurden in diese Untersuchung eingebunden. Die Ergebnisse sollen nun präsentiert werden (Mehr ...). Im Bild: Die Ausschussmitglieder Werner Amon (OeVP, v. l.), Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ), Peter Westenthaler (BZÖ) und Peter Pilz (Grüne) (c) Dapd (Hans Punz)
Ein Entführungsfall, der nicht zur Ruhe kommt
Als ein weiterer „offener Ermittlungsansatz“ (das entsprechende Papier liegt der „Presse“ vor) wird etwa auch die ergänzende Zeugenvernehmung eines Bundesheer-Milizoffiziers angeregt. Die Mobiltelefonnummer des Mannes hatte sich im Telefonspeicher des Priklopil-Vertrauten Ernst H. gefunden. Die beiden gaben bisher aber an, einander nicht zu kennen. Ganz andere Kontakte des Offiziers scheinen unzweifelhaft: Ein (der „Presse“ vorliegendes) Foto zeigt ihn mit einem hohen Wiener Polizeibeamten, der bei den Kampusch-Ermittlungen aktiv war.
Zudem existieren Aufzeichnungen des verstorbenen Chefermittlers, über die das Expertenteam (es untersteht einem siebenköpfigen, ebenso international besetzten Lenkungsausschuss) noch nicht verfügen dürfte. Dazu zählt ein ab September 2009 verfasstes Notizbuch mit handschriftlichen Einträgen (siehe Abbildung). Der Grazer Polizeioberst hielt den erwähnten Priklopil-Freund Ernst H. für verdächtig (Ermittlungen gegen diesen Mann sind, wie berichtet, vor Längerem eingestellt worden).
Die Tatsache, dass Priklopil kurz vor seinem Suizid mit H. stundenlang im Auto herumfuhr, kam Oberst Kröll seltsam vor. Er notierte, dass für Priklopil damals, als er nach der Flucht von Natascha Kampusch in selbstmörderischer Absicht durch Wien irrte, eigentlich „kein Grund“ bestanden habe, „den H. anzurufen“. Dennoch traf er sich mit diesem kurz vor seinem Tod. Warum? Musste er H. noch Anweisungen geben?
Aufschlussreiches Vermächtnis?
An anderer Stelle schrieb der Polizeioberst: „N. K. (Kampusch, Anm.) zu E. H. (Ernst H., Anm.) offensichtlich mehr Kontakt als zur eigenen Mutter!!“ Damit spielte Franz Kröll wohl auf die Tatsache an, dass das Opfer nach seiner Flucht viele, teils lange Telefonate mit Ernst H. führte.
Ob nun das Vermächtnis des toten Chefermittlers den Entführungsfall doch noch in ein neues Licht rückt, wird der Abschlussbericht des Expertenteams zeigen.
Auf einen Blick
Aus den Aufzeichnungen des verstorbenen früheren Chefermittlers Franz Kröll geht hervor, dass Kröll Priklopil-Freund Ernst H. klar für einen Verdächtigen hielt. Auch, weil H. und Natascha Kampusch intensiven Telefonkontakt hatten. Krölls Aufzeichnungen liegen der „Presse“ vor, das internationale Expertenteam dürfte darüber noch nicht verfügen.