Sexuelle Übergriffe

Rammstein: Keine „Casting Direktorin“ und keine Extra-Partys mehr für Lindemann

Zu den Konzerten soll die Mitarbeiterin nun keinen Zugang mehr haben.
Zu den Konzerten soll die Mitarbeiterin nun keinen Zugang mehr haben.IMAGO/Gonzales Photo/Sebastian Dammark
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Nach Missbrauchsvorwürfem nimmt Rammstein Abstand von jener Frau, die Till Lindemann junge Konzertbesucherinnen zugeführt haben soll. Ihr soll der Zugang zu künftigen Konzerten untersagt worden sein. Die Band sei in „Schockstarre“, heißt es aus deren Umfeld.

Seit 2019 war die Russin Alena Makeeva mit der Band Rammstein unterwegs, nannte sich „Casting Direktorin“. Für Frontmann Till Lindemann soll sie junge Frauen rekrutiert haben, für Sex mit ihm. Dafür habe sie die Frauen gezielt angesprochen und zur Aftershowparty eingeladen haben, via Instagram oder direkt beim Konzert. Ihnen sei Alkohol verabreicht worden, manch eine habe man überredet zu Lindemann ins Hotel zu fahren. Aus Chatverläufen, die die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert, geht die Aufforderung zu einem bestimmten Dresscode hervor: „sexy-elegant, gothic rock, Cocktailkleider, alles gut, nur keine Rammstein-T-Shirts bitte“. Erst am Montag bekräftigte eine bekannte YouTuberin, Kayla Shyx, in einem über 30-minütigem Video die Vorwürfe gegen die Band.

Nachdem die Band erst einmal abwiegelte, als eine Irin via Twitter schwere Vorwürfe gegen Rammstein und ebendiese „Casting-Direktorin“ erhob, kommt es nach mehr und mehr Wortmeldungen und Missbrauchsvorwürfen diverser Frauen zu einer ersten Reaktion vonseiten der Band: Sie distanziert sich von Alena Makeeva, einer der Schlüsselfiguren des mutmaßlichen Systems. Ab sofort sei ihr der Zutritt zu Rammstein-Konzerten untersagt. Makeeva, die sich aktuell noch in München aufhalten soll, wo die Band ab Mittwoch vier Konzerte spielen wird - allerdings unter strengeren Vorlagen, geht es nach den Münchner Grünen - werde in Kürze ihrer Heimreise nach Russland antreten. So berichtet die „Welt“ aus dem Umfeld der Band.

Die anstehenden Konzerte in München soll ohne sogenannte „Row Zero“ stattfinden. Das Konzept für die Aftershowpartys sei ebenfalls geändert, heißt es im Umfeld der Band. Es solle nicht mehr zwei Partys geben - eine große für Fans und Band, eine kleine für Lindemann und Frauen. Künftig, wenn überhaupt, nur noch eine Feier nach den Konzerten. Für München gibt es noch unterschiedliche Angaben. Das neue Konzept werde auch Auswirkungen haben auf die Einladung für Rammstein-Fans, die bei solchen Gelegenheiten gern Selfies mit den Musikern schießen. Das sei nun „blöd für alle“, wird Lindemann dazu zitiert.

Rammstein in „Schockstarre“, Anwaltskanzlei eingeschalten

Das Management der Band soll außerdem ein Awareness-Konzept planen, Details dazu gab es allerdings noch keine. Der „Welt“ und dem WDR zufolge hat die Band außerdem eine Anwaltskanzlei eingeschaltet, um die Vorwürfe zu überprüfen. Aus dem Umfeld der Band wird von gedrückter Stimmung, Nachdenklichkeit, ja „Schockstarre“ berichtet. 

Manche Fans wenden sich bereits enttäuscht von der international gefeierten Band ab. Im Internet sind entsprechende Postings zu finden. Zudem werden Karten der eigentlich ausverkauften Konzerte über Wiederverkaufsplattformen angeboten. Unklar ist allerdings, ob dies im Umfang ungewöhnlich ist.

Änderungen in Kulturbranche gefordert

Ob die Vorwürfe der zahlreichen Frauen nun zu Änderungen in der gesamten Kulturbranche führen ist fraglich, gefordert werden sie allemal. Die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth verurteilte Übergriffe in der Kultur am Dienstag scharf. „Patriarchales Mackertum und sexuelle Übergriffe haben in der Musikbranche, wie überhaupt in Kunst und Kultur und auch überall sonst, nichts mehr zu suchen“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Sie begrüße den Mut vieler junger Frauen, offen über ihre teilweise traumatischen Erlebnisse zu sprechen.

Auch deutsche Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) plädiert für Maßnahmen innerhalb der Branche. „Sexuelle Übergriffe kommen in allen Lebenslagen vor. Auch auf Festivals oder Konzerten treffen sehr viele Menschen an einem Ort aufeinander, dazu kommen oft Alkohol und Drogen, was die Hemmschwelle bei Tätern senkt und die Opfer orientierungslos machen kann.“ Das sei nicht neu, aber es müsse darüber geredet werden, wie gerade junge Menschen besser geschützt werden könnten.

Sie lade die Musikbranche ein, dem Bündnis „Gemeinsam gegen Sexismus“ beizutreten. Das Bündnis sei ein breiter Zusammenschluss aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Medien, Kultur und Zivilgesellschaft, sagte Paus. Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) zeigte sich dazu offen. Der Verband sei mit dem Ministerium ins Gespräch gegangen, „um diesen wichtigen Prozess gemeinsam voranzubringen“, sagte ein Sprecher. (APA/evdin)

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