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Der rollende Zirkus und sein Mythos

Bergetappe bei der Tour de France
Bergetappe bei der Tour de FranceAlex Broadway/Getty Images
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Tour de France. Kaum ein Event in der Welt des Sports hat mehr Tradition, bringt mehr Prestige oder begeistert mehr Menschen. Die Mutter aller Radrundfahrten findet zum 110. Mal statt.

Es sind Zahlen, die schier unglaublich scheinen. 3404 Kilometer sowie 55.460 Höhenmeter legen die Fahrer der diesjährigen Tour de France in nur rund drei Wochen zurück. Mit vermeintlich reiner Muskelkraft über die Berge der Alpen und Pyrenäen, vom nordspanischen Bilbao bis zu den Champs Élysées, nach Paris. Die Tortur der Tour rollt seit Samstag, drei mickrige Ruhetage sind dem Peloton bis zur Zielankunft am 23. Juli vergönnt. Insgesamt warten 21 Etappen voll Qualen. „Rennen werden von dem gewonnen, der am meisten leiden kann“, wusste einst schon die belgische Radlegende Eddy Merckx, der die Mutter aller Rundfahrten in den 1960er- und 1970er-Jahren fünfmal gewinnen konnte. Womit er gemeinsam mit den Franzosen Jacques Anquetil und Bernard Hinault sowie dem Spanier Miguel Indurain auch den Rekord hält.

All die Leiden haben einen Grund: Kein anderes Rennen birgt so viel Prestige, kein anderes prägt die Karriere eines Radprofis nachhaltiger. Olympische Spiele, Weltmeisterschaften, Giro d‘Italia oder Vuelta a España – alle zweitrangig im Vergleich mit „Le Tour“. Dass hier sogar schon eine Top-Ten-Platzierung das weitere Leben eines Teilnehmers grundlegend verändern kann, spricht Bände.

Ein Geschäftsmodell

Auch finanziell lohnt es sich für die besten Fahrer. Insgesamt wird dieses Jahr ein Preisgeld von 2,3 Millionen Euro ausgeschüttet. Davon erhält der Gesamtsieger 500.000, der Zweite 200.000 und der Dritte 100.000 Euro. Auf die Sieger der einzelnen Etappen warten jeweils 11.000 Euro, sogar der Zwanzigste kassiert noch, immerhin 300 €. Auch das Tragen der verschiedenen Trikots lässt die Kasse klingeln. Der Träger des gelben Trikots, des „Maillot Jaune“, er ist Führender im Gesamtklassement, bekommt pro Tag 500 €.
Vergleicht man das Preisgeld mit anderen Sportklassikern, fällt sofort auf: Es gibt Luft nach oben. Beim Grand Slam in Wimbledon, der zurzeit ebenfalls stattfindet, werden für Männer und Frauen 52,3 Millionen Euro ausgeschüttet. Die jeweiligen Einzel-Sieger dürfen sich über rund 2,75 Mio. € freuen. Oder der Vergleich mit Golf-Majors, Fußballern, Formel-1-Piloten: Die „Helden der Landstraße“ leiden mehr, geben es aber für all ihre Qualen weitaus billiger. Die Tour-Veranstalter verweisen ja darauf, dass alle Starter ohnehin „Angestellte“ sind.

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