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Eine Geschichte von Armut und Reichtum

Die Generation, die nun ins mittlere Alter kommt, ist alles andere als arm. Vielmehr startet sie wirtschaftlich durch. 
Die Generation, die nun ins mittlere Alter kommt, ist alles andere als arm. Vielmehr startet sie wirtschaftlich durch. DPA/Alfred Hennig
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Das Narrativ, dass es nicht primär um das Schaffen, sondern um das Verteilen von Wohlstand geht, erlebt eine neue Blüte. Aber erst Marktwirtschaft und Freihandel befreiten Menschen aus der Armut.

Den größten Teil ihrer Geschichte war die Menschheit bitterarm. Ein paar alte Kleider, ein Stuhl, ein Tisch, eine Bank, ein Sack Stroh – für mehr reichten die Besitztümer der meisten Menschen im vorindustriellen Zeitalter nicht. „Nichts . . . nichts . . . nichts . . . bumm!“ So beschreibt der Harvard-Professor und Autor Steven Pinker die Wohlstandsentwicklung der Menschheit.

Armut und Elend waren die längste Zeit der Normalzustand. Es gab keine nachhaltigen Wohlstandszuwächse. Bis es ab dem 19. Jahrhundert zu sprunghaften Anstiegen des weltweiten Wohlstands kam. Zwischen 1820 und 1900 verdreifachte sich das weltweite Einkommen, binnen weniger als 50 Jahren verdreifachte es sich noch einmal. „Heute beträgt das Weltbruttosozialprodukt fast das Hundertfache des Wertes im Jahr 1820, als die industrielle Revolution erfolgt war, und nahezu das Zweihundertfache des Wertes zu Beginn der Aufklärung im 18. Jahrhundert“, schreibt Pinker in seinem populärwissenschaftlichen Buch „Aufklärung jetzt“. 2018 erschienen, wurde es zum Bestseller und hat nichts an Aktualität verloren.

Der Narrativ von einer immer schlechter werdenden Welt

Denn Aufklärung tut not. Das Narrativ, dass die Armut steigt, die Katastrophen zunehmen, die Welt immer schlechter wird, ist weit verbreitet. Und es lebt in Österreich gerade wieder neu auf, seit sich politische Strömungen am linken Rand des politischen Spektrums der Neuverteilung des Wohlstands verschrieben haben. Dabei insinuieren Protagonisten wie der neue SPÖ-Chef Andreas Babler, dass dieser Wohlstand schon immer da gewesen sei und es primär darum gehe, wie der Kuchen aufzuteilen ist. Sie ignorieren dabei geflissentlich die Gründe, die dazu führten, dass immer mehr Menschen auch in vormals unterentwickelten Ländern der Armut entkommen konnten.

Dabei reicht ein kurzer Blick auf die Fakten, um diese Sichtweise zu widerlegen: Bis ins frühe 19. Jahrhundert erlebte die Menschheit praktisch kein nennenswertes Wirtschaftswachstum. Und auch wenn es Europa etwas besser ging, lag das Pro-Kopf-Einkommen in den reichsten Ländern Westeuropas noch im Jahr 1820 auf einem so niedrigen Niveau, dass in den USA, Großbritannien und Frankreich 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung in Verhältnissen lebten, „die wir heute als extreme Armut bezeichnen“, schreibt der schwedische Autor Johan Norberg in seinem Buch „Fortschritt“.

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